Mark Rutte – Idealkandidat mit 3 Herausforderungen
Den Niederländer erwarten drei grosse Aufgaben, wenn er als Generalsekretär der Allianz anfängt. Immerhin: Donald Trump mag ihn.
Der designierte Nato-Generalsekretär mit dem ehemaligen und vielleicht künftigen US-Präsidenten: Mark Rutte und Donald Trump, als der noch US-Präsident war, bei einem Treffen im Weissen Haus.
Der Nato-Generalsekretär, so heisst es gelegentlich in Brüssel, sei eher ein Sekretär als ein General. Also eher einer, der für andere Leute leidige Dinge erledigt, als einer, der Befehle gibt. Ganz falsch ist diese Jobbeschreibung nicht. In der Nato haben die Regierungen der Mitgliedsländer das Sagen, viel mehr als zum Beispiel in der EU. In der Nato muss zudem immer einstimmig entschieden werden, alle 32 Mitglieder sind gleich, wobei die Führungsmacht USA in der Praxis natürlich einen ganzen Zacken gleicher ist. Die Aufgabe des Generalsekretärs der Nordatlantischen Allianz ist daher tatsächlich eher eine organisierende als eine anweisende. Militärisch hat er ohnehin nichts zu melden.
Trotzdem, auch das hört man in Brüssel, ist für den designierten Nato-Generalsekretär Mark Rutte das künftige Amt ein Traumjob. Da Rutte in den vergangenen 14 Jahren Regierungschef der Niederlande war, darf man annehmen, dass er damit nicht meint, er freue sich darauf, seinen früheren Kollegen bald die Taschen nachtragen zu dürfen. Wie schon sein Vorgänger, der Norweger Jens Stoltenberg, dürfte Rutte ein dezidiert politisches Verständnis von seiner Rolle in der Allianz haben.
Aus Nato-Sicht ist der 57 Jahre alte Rutte so etwas wie eine Idealbesetzung. Zum einen ist er ein ausgewiesener Transatlantiker, aber keiner, der nach Washingtons Pfeife tanzt. Zum anderen ist er ein erklärter und überzeugter Unterstützer der Ukraine, aber kein wilder Russland-Fresser. Eineinhalb Jahrzehnte an der Spitze niederländischer Regierungskoalitionen und eine ebenso lange Zeit im Europäischen Rat haben Rutte zudem gelehrt, wie man durch Verhandeln und Kompromisse zum Erfolg gelangt. In einer Organisation, die nach dem Konsensprinzip arbeitet, ist das von grossem Wert. Das werden seine drei grössten Herausforderungen:
Hilfe für die Ukraine sicherstellen
Das Bündnis kann sich im Moment niemanden an der Spitze leisten, der erst lernen muss. Die Nato befindet sich – nicht völkerrechtlich, aber doch, was alle praktischen Massstäbe angeht – in einer Art Stellvertreterkrieg mit Russland. Ohne die massive militärische Hilfe der Nato-Länder gäbe es die Ukraine als souveränen Staat jedenfalls nicht mehr. Die Allianz weiterhin zusammenzuhalten, damit diese das überfallene Land weiter unterstützt, wird Ruttes erste grosse Aufgabe sein. Die zweite dräut schon am Horizont.
Trump managen
Im Januar 2025 könnte Donald Trump wieder als US-Präsident vereidigt werden, der weder von den Europäern noch von der Nato noch von der Ukraine besonders viel hält. Trump zu managen und davon abzuhalten, etwas Dummes zu tun – etwa aus einer Laune heraus Amerikas Nato-Mitgliedschaft zu kündigen –, wird deswegen eine weitere Herausforderung für Rutte sein. Insofern wird in Brüssel mit einer gewissen Erleichterung darauf verwiesen, dass erstens Rutte keine Angst vor Trump hat und Trump einmal nach einem Treffen wissen liess, dass er Rutte möge.
Geld eintreiben
Ruttes dritte grosse Herausforderung lässt sich in Euro- und Dollar-Beträgen ausdrücken: Er muss, soweit möglich, dafür sorgen, dass die Nato-Länder ihre Verteidigungsausgaben weiter erhöhen. Mindestens 2 Prozent der Wirtschaftsleistung sollen die Staaten in der Allianz fürs Militär ausgeben, gut zwei Drittel tun das inzwischen – in diesem Jahr erstmals auch die Niederlande. Aber ohne einen Antreiber in Brüssel wird es politisch für die Nato-Regierungen immer verlockender sein, das Geld in andere Projekte zu stecken.
Immerhin bekommt Rutte zum Amtsantritt ein grosses Fest: Offiziell vorgestellt wird er im Juli auf dem Nato-Gipfeltreffen in Washington. Dort wird auch der 75. Gründungstag der Allianz gefeiert.
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