Zwei Hallen, eine Wiese und fast 30 Millionen Franken: Das ist Zürichs Plan für den ESC
Zürich hat Grosses vor. Die Stadt hofft auf eine Begeisterungswelle, und auch der Kanton will Millionen investieren. Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Kandidatur.
Nemo holte im Mai am Eurovision Song Contest im schwedischen Malmö den 1. Platz für die Schweiz.
Zürich will. Die Stadt bewirbt sich offiziell um die Austragung des Eurovision Song Contest 2025, wie die Stadtregierung am Donnerstag mitteilte. Der ESC findet Mitte Mai des kommenden Jahres in der Schweiz statt, nachdem Nemo aus Biel die diesjährige Ausgabe gewonnen hat. Erhält Zürich den Zuschlag, würde ganz Europa nach Zürich schauen. Die ESC‑Shows erreichen jedes Jahr mehr als 180 Millionen Zuschauende. Fans aus aller Welt werden den ESC besuchen.
Warum will Zürich den ESC?
Der ESC biete der Stadt Zürich die Gelegenheit, sich als weltoffene Kulturstadt und attraktive Reisedestination zu präsentieren, schreibt der Stadtrat. Zürich und der ESC: Das passe perfekt zusammen. «Zürich ist genauso bunt, genauso lebendig, genauso vielfältig. Wir können und wollen dieses Grossprojekt stemmen», wird Stadtpräsidentin Corine Mauch in der Mitteilung zitiert. Mit dem Flughafen Zürich und dem Zürcher Hauptbahnhof sei die Stadt sowohl für internationale Gäste als auch für Besuchende aus allen Schweizer Landesteilen bestens erschlossen.
Wer bezahlt das?
Der Stadtrat beantragt dem Stadtparlament für die Planung und Durchführung des ESC in Zürich einen Rahmenkredit von 20 Millionen Franken. Auch die Kantonsregierung unterstützt die Kandidatur: Der Regierungsrat beantragt dazu 5 Millionen Franken aus dem Gemeinnützigen Fonds, wie er mitteilt. Er rechnet weiter mit zusätzlichem Aufwand für die Kantonspolizei und einem erhöhten Verkehrsaufkommen am Flughafen und am Zürcher Hauptbahnhof. Für diese zusätzlich anfallenden Leistungen von rund 3 Millionen Franken will er einen Nachtragskredit beantragen. Insgesamt wollen Kanton und Stadt 28 Millionen Franken investieren.
Wo soll der ESC in Zürich stattfinden?
Die Liveshows würden im Hallenstadion mit seinen rund 15’000 Plätzen durchgeführt, im «Eurovision Village» auf der Landiwiese sollen derweil diverse Konzerte, Public Viewings und öffentliche Veranstaltungen Platz finden. Als dritter ESC-Standort ist das Kongresshaus vorgesehen. Dort könnten die offiziellen Veranstaltungen im Vorfeld des ESC stattfinden.
Wie stehen Zürichs Chancen?
Stadtrat Filippo Leutenegger hält die Chancen Zürichs für intakt: «Wir haben ein starkes Dossier eingereicht, unsere Karten sind sehr gut.» Angesichts der angespannten finanziellen Situation der SRG könnte beim Entscheid auch die Höhe des Beitrags eine Rolle spielen, den die Austragungsorte aufzuwerfen bereit sind, vermutet er.
Leutenegger räumt ein, dass an einem weiteren Grossanlass in Zürich nicht alle gleich viel Freude haben werden. Die vielen Grossveranstaltungen bedeuteten auch eine erhebliche Belastung für die Sicherheitskräfte. Ohne die Mithilfe des Kantons ginge es nicht. «Aber wir können den ESC stemmen», sagt Leutenegger. Und er hofft, dass dieser in Zürich «eine grosse Begeisterungswelle» auslösen wird.
Das Hallenstadion hat als grösste Eventhalle der Schweiz rund 15’000 Plätze.
Regierungspräsidentin Natalie Rickli beurteilt die Chancen Zürichs, den Zuschlag für den ESC zu erhalten, als «sehr gut». Der ESC sei eine einmalige Gelegenheit für Stadt und Kanton Zürich. Eine Austragung in Zürich wäre aus kultureller, gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Sicht ein Gewinn für den Kanton. Der ESC bringe nachweislich eine grosse Wertschöpfung, beispielsweise durch einen substanziellen Anstieg der Touristenzahlen oder markante Umsatzsteigerungen im Detailhandel, welche die Investitionen bei weitem übertreffe.
Ist das Hallenstadion bereit?
Viel vom Anlass verspricht sich auch das Hallenstadion. Der ESC als einer der grössten Events der Welt sei für die Eventbranche von sehr grosser Bedeutung, sagt CEO Philipp Musshafen. Er werde helfen, dass der Standort Schweiz weiter auf Tourneeplänen bleibe. Als grösste Eventhalle der Schweiz verfüge man zusammen mit der Messe über die ideale Infrastruktur.
Das Hallenstadion in Oerlikon hat mit sinkenden Zuschauerzahlen zu kämpfen. Seit der ZSC vor zwei Jahren in sein eigenes Stadion in Zürich-Altstetten gezügelt ist, muss der Veranstlatungsort weitere 30 Termine pro Jahr füllen. Der ESC als finanzielle Rettung für das Hallenstadion also? Musshafen verneint klar: «Unsere Offerte ist sehr fair und entspricht den Einnahmen, die wir während desselben Zeitraums mit dem regulären Eventbetrieb machen würden.» Um welchen Betrag es sich handelt, gibt er nicht bekannt.
Hat es genug Hotelzimmer?
Grosse Hoffnungen in den ESC setzt auch Zürich Tourismus. Direktor Thomas Wüthrich verspricht sich einen Imagegewinn für Zürich, wie er vor einem Monat in einem Interview mit dieser Redaktion sagte. Wüthrich zeigte sich überzeugt, dass in Zürich und Umgebung genügend Hotelzimmer zur Verfügung stehen, um den zu erwartenden Besucheransturm aufzufangen. Bereits seien die Drei- und Viersternhotels in Zürich für den nächsten Mai sehr gut gebucht, sagte er.
Was sagt die Zürcher Politik?
In der Zürcher Politik überwiegt die Zustimmung zur ESC-Kandidatur. «Die SP begrüsst es sehr, dass sich die Stadt Zürich für die Austragung des ESC bewirbt», sagt SP-Präsident Oliver Heimgartner. Als offene und vielfältige Stadt wäre Zürich sehr geeignet für die Austragung.
FDP-Präsident Përparim Avdili freut sich ebenfalls über die Kandidatur. «Uns war klar, dass diese ein Preisschild haben wird.» Aber es gehe hier um eine Investition, die der Zürcher Wirtschaft und Bevölkerung wieder zugutekomme.
Für SVP-Co-Präsidentin Susanne Brunner ist die Stadt Zürich ein geeigneter Austragungsort für den ESC. Vom Grossanlass profitierten das Gewerbe, die Gastronomie und die Hotellerie. Die SVP sehe aber den hohen Betrag von 20 Millionen Franken kritisch. Ein Referendum sei aber unwahrscheinlich.
Die Grünen sind aufgrund ökologischer Überlegungen kritisch gegenüber Grossanlässen, wie Co-Präsidentin Anna-Béatrice Schmaltz sagt. Aber es sei ihnen auch bewusst, dass der Anlass für Teile der queeren Community eine spezielle Bedeutung habe und gerade durch Nemos Sieg gezeigt habe, dass queere Anliegen durch den Anlass Sichtbarkeit erhalten könnten.
Wer sind Zürichs Konkurrenten?
Bern und Biel bewerben sich ebenfalls um die Austragung des ESC 2025. Für die Durchführung will Bern 7 Millionen Franken zur Verfügung stellen. Biel steuert 1 Million Franken bei. Bereits bekannt waren die Bewerbungen von Genf und Basel. Welche Stadt zum Zug kommt, entscheiden die Europäische Rundfunkunion EBU und die SRG voraussichtlich Ende August.
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