Der Kirchenmann und der Angriff auf die nationale Souveränität: wie die Bürgenstock-Konferenz in der Türkei Verschwörungstheorien befeuerte

der kirchenmann und der angriff auf die nationale souveränität: wie die bürgenstock-konferenz in der türkei verschwörungstheorien befeuerte

Die Rolle von Bartholomaios, dem Patriarchen von Konstantinopel, an der Bürgenstock-Konferenz wurde in der Türkei genau verfolgt. Urs Flüeler / Reuters

Im Nachgang der Ukraine-Konferenz auf dem Bürgenstock war viel davon die Rede, welche Staaten die Abschlusserklärung nicht unterzeichnet hatten. Schwergewichte wie Indien oder Brasilien fehlten, aber auch fast alle muslimischen Staaten. Es ist kein Geheimnis, dass sich die Schweiz trotz der grundsätzlich positiven Bilanz eine noch geschlossenere Front gewünscht hätte.

Zwischen Ecuador und Estland

In der Türkei, ebenfalls ein Unterzeichnerstaat, fand eine Debatte mit umgekehrtem Vorzeichen statt. Zu reden gab, dass ein Vertreter unterzeichnet hatte, dem das aus türkischer Sicht gar nicht zusteht: der Patriarch von Konstantinopel, Bartholomaios. Tatsächlich erschien in der alphabetischen Auflistung der Unterstützer zwischen Ecuador und Estland vorübergehend das «Ecumenical Patriarchate».

Nationalistische Medien sprachen von einem Skandal und witterten einen Angriff auf die türkische Souveränität. Vermutlich zögen der Vatikan und die Amerikaner die Fäden, raunte das Revolverblatt «Yeni Safak». Auch das türkische Aussenministerium sah sich zu einer Stellungnahme genötigt. Man habe von der Schweiz und der Ukraine eine Erklärung verlangt, hiess es aus Ankara.

Hintergrund ist – abgesehen von einer generell sehr grossen Sensibilität bei allem, was Stolz und Ehre der Nation berührt – der Status des Patriarchen in der modernen Türkei. Aus türkischer Sicht ist der Kirchenmann mit Sitz in Istanbul lediglich das geistliche Oberhaupt der griechischen Minderheit, die nach dem Bevölkerungsaustausch im Land verblieben ist. Heute sind das noch knapp tausend Personen.

Eine türkische Institution

Darüber hinausgehende Funktionen hat die seit dem 4. Jahrhundert bestehende Institution durch den Vertrag von Lausanne 1923 eingebüsst. Dazu zählt auch der Anspruch, als Primus inter Pares unter den orthodoxen Kirchenfürsten für die Orthodoxie weltweit zu sprechen. Bereits das Attribut «ökumenisch», in dem eine globale Rolle anklingt, ist tabu.

Das Patriarchat in Istanbul ist demnach eine türkische Institution, über die in letzter Instanz der türkische Staat die Kontrolle hat. Deshalb muss der Patriarch auch immer türkischer Staatsbürger sein. Dessen Interessen werden auf der internationalen Bühne von der Türkei vertreten.

Der Unterschied zum Vatikan mit seinem völkerrechtlich anerkannten Status wird in diesem Kontext sehr bewusst betont. Die Empörung darüber, dass das Patriarchat in einem Atemzug mit Staaten und überstaatlichen Institutionen wie der Europäischen Kommission genannt wurde, rührt daher.

Fürsprecher einer ukrainischen Kirche

Nun ist es kein Zufall, dass Bartholomaios am Bürgenstock anwesend war. Der orthodoxe Kirchenmann spielt im Ukraine-Konflikt eine Rolle, die, zweifellos in Abstimmung mit Ankara, über das Geistliche hinausgeht. Bartholomaios war für die auch politisch relevante Anerkennung einer eigenständigen ukrainischen Kirche von zentraler Bedeutung. Bis heute tritt der prowestliche Bartholomaios innerhalb der Orthodoxie als Gegenpol zum kremltreuen Patriarchen in Moskau auf.

Das Affärchen um die Liste der Unterstützer der Bürgenstock-Erklärung ist mittlerweile auch beigelegt. Türkische Medien berichteten diese Woche zufrieden, dass die Schweiz auf türkischen Protest hin das Patriarchat aus der Liste der Unterzeichner entfernt habe.

Das EDA bestätigt auf Anfrage, dass das Patriarchat tatsächlich in der Liste aufgeführt gewesen sei, obwohl es nur als Beobachter am Gipfel teilgenommen habe. Deshalb habe man die Liste nachträglich angepasst und einen erklärenden Satz angefügt. Ob dies auf eine türkische Intervention hin geschah, kommentiert das EDA nicht. Auch die Schweiz hat schliesslich ihren Stolz.

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