Ausbeutung von Angestellten: 4 Jahre Haft für reichste Briten
Die reiche Hinduja-Familie wurde in Genf wegen der Ausbeutung ihrer Hausangestellten verurteilt. Vom Vorwurf des Menschenhandels wurde sie jedoch freigesprochen.
Ein Genfer Strafgericht hat am Freitag vier Mitglieder der Familie Hinduja wegen der Ausbeutung von Hausangestellten in ihrer Villa in Genf zu Gefängnisstrafen verurteilt. Der Schuldspruch lautete auf gewerbsmässigen Wucher. Vom schwerwiegenderen Vorwurf des Menschenhandels sprach das Gericht sie jedoch frei.
Clan-Oberhaupt Prakash (78) und seine Frau Kamal (75) wurden zu vier Jahren und sechs Monaten Gefängnis verdonnert, Sohn Ajay (56) und Schwiegertochter Namrata Hinduja (50) zu vier Jahren. Zudem wurden sie zur Zahlung einer Entschädigung von 850'000 Franken sowie von 260'000 Franken an Verfahrenskosten verurteilt. Najib Ziazi, ein Unternehmensberater der Familie, der ebenfalls angeklagt war, wurde für mitschuldig an der Ausbeutung befunden.
Der Fall
Der schwerreichen indischen Familie wurde vorgeworfen, ihre Hausangestellte gezwungen zu haben, 16 Stunden am Tag oder länger ohne Überstundenvergütung in der Villa im Nobelvorort Cologny zu arbeiten. Von den Hausangestellten wurde erwartet, jederzeit verfügbar zu sein, hiess es in der Anklageschrift.
Den Mitarbeitenden hatte die Familie bei ihrer Ankunft in der Schweiz die Pässe abgenommen. Die angestellten Inderinnen kümmerten sich um die Kinder oder führten den Haushalt und erhielten laut Anklage nur 10'000 Rupien im Monat (derzeit etwa 107 Franken). Die Frauen durften die Villa nicht verlassen. Dort wohnten sie in einem fensterlosen Kellerraum und schliefen in Etagenbetten.
Der Fall kam ans Licht, als eine Hausangestellte der Hindujas 2017 – unter dem Vorwand für ihre Ferien nach Indien zu reisen – sich stattdessen an die Genfer Justizbehörden wandte und den Ermittlern erzählte, unter welchen Bedingungen das Personal arbeitete.
Wer sind die Hindujas?
Die Hinduja-Familie führt einen multinationalen Konzern mit Beteiligungen in den Bereichen Automobilbau, Banken, Öl und Gas, Immobilien und Gesundheitswesen. Die Londoner «Sunday Times» schätzte das Vermögen der Familie kürzlich auf 37 Milliarden Pfund, also 42 Milliarden Franken, und führte die Hindujas als reichste Familie Grossbritanniens auf.
Wie reagierte die Familie auf das Urteil?
Bei der Vorlesung des Urteils am Freitag war keiner der angeklagten Familienmitglieder im Saal anwesend. Staatsanwalt Yves Bertossa forderte daraufhin die sofortige Inhaftierung von Ajay und Namrata Hinduja. Der Anwalt des Paares, Romain Jordan, erklärte den Richtern, dass die beiden gar nicht im Land seien. Er präsentierte einen ärztlichen Attess einer Klinik in Monaco. Die 75-jährige Kamal soll aufgrund von Herzproblemen auf der Intensivstation liegen. «Zwischen Gerechtigkeit und Mama haben sie sich für Mama entschieden», meinte der Anwalt.