Roger Federer zeigt im neuen Film über seinen Rücktritt, was er am besten beherrscht: Tennis und Selbstinszenierung

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Roger Federer während einer Modenschau in Paris im Januar 2023. Gonzalo Fuentes / Reuters

Montagabend, der Kinosaal im Zürcher Kreis 4 ist so gut gefüllt wie selten. Ein ergrauter Schopf reiht sich an den anderen, die meisten im Publikum sind über 50 Jahre alt. Nur noch wenige Minuten, dann beginnt die Premiere von «Twelve Final Days», die Verfilmung von Roger Federers Rücktritt. 87 Filmminuten über Federers letzte 17 280 Minuten als Tennisprofi.

Seit Donnerstag ist der Film auf Amazon als Stream für die ganze Welt verfügbar. Federer hatte im Jahr 2022 den Oscar-prämierten Filmemacher Asif Kapadia beauftragt, die letzten Tage seiner Karriere als Tennisprofi festzuhalten. Ein selbstbewusster Schritt; wohl kein zweiter Schweizer Sportler hätte sich das angemasst.

Doch bei Federer erscheint der glamouröse Rahmen passend, er ist der Hollywoodstar unter den Schweizer Sportlern. Er gehört zu den grössten Athleten der Geschichte, in der Schweiz überragt er mit seinem Erfolg alle.

Roger Federer weiss, dass sich die Welt auch nach seinem Rücktritt für ihn interessiert. In «Twelve Final Days» zeigt der 42-Jährige, was er am besten beherrscht: Tennis und Selbstinszenierung.

Das vermeintlich Spontane wirkt durchdacht

«Twelve Final Days» dreht sich um das Tennisspiel, das Federer in mehr als 1500 Partien in 24 Jahren perfektioniert hatte, und um seinen tränenreichen Abschied davon. Der Film zeigt, wie Federer von seiner Ehefrau Mirka und den vier Kindern emotional unterstützt wird, wie freundschaftlich und innig die Beziehung zu seinem Konkurrenten Rafael Nadal ist.

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Die einstigen Rivalen halten Händchen: Roger Federer und Rafael Nadal nach Federers letztem Spiel im September 2022. Ella Ling / ;Shutterstock / Imago

«Dieses Filmmaterial war ursprünglich nicht für die Öffentlichkeit bestimmt», verspricht der Trailer. Und doch wirkt vieles inszeniert, selbst das vermeintlich Spontane eher durchdacht. Federer ist sich der Kameras bewusst, er ist entweder spitzbübisch oder traurig, nie wütend oder genervt.

Die Zuschauer im Kino scheint das nicht zu stören. Sie lachen, als Federer gegen eine Türe läuft, den drolligen Familienhund Willow hochhebt, in der Öffentlichkeit sein Hemd auszieht.

Eine Kinobesucherin, sie ist Anfang 70, schaut den Film alleine. Später erzählt sie, sie habe die Karriere von Federer mitverfolgt, die meisten seiner Matchs geschaut. Und doch könne sie Federer nicht ganz fassen. Sie sagt: «Roger Federer wirkt wie ein Schauspieler. Er spielt wohl sich selbst.»

In «Twelve Final Days» zeigt sich einmal mehr: Federer ist diplomatisch wie die Schweiz, lieber äussert er sich nicht, als dass er aneckt. Er ist Botschafter von Schweiz Tourismus, ist bodenständig, zuverlässig, wohltätig, erstklassig – Werte, die sich die Schweiz gerne selbst zuschreibt.

Sein zurückhaltender Charakter machte Federer jahrelang massentauglich, zum Liebling der Nation. Doch die Dinge ändern sich.

Der Sport wird politischer

Seit seinem Rücktritt im September 2022 ist Federer nicht mehr Tennisprofi, sondern fast nur noch Werbeplattform. Er wirbt für Luxusuhren, Laufschuhe, ein Telekom-Unternehmen, Kaffeemaschinen, Schokolade, Champagner, eine japanische Kleidermarke. Das tun andere Sportler auch, doch in der Schweiz ist Federer der erste, der damit so reich wurde. Sein Vermögen wird auf mehrere hundert Millionen Dollar geschätzt.

Zunehmend nutzen Sportler ihre Reichweite, um ihre politische Haltung zu zeigen. Das jüngste Beispiel: Der französische Fussballer Kylian Mbappé äusserte sich mit einem Appell gegen Rechtspopulismus. Federer hingegen schweigt zu Themen wie Kriegen, dem Klimawandel, der Menschenrechtssituation in Saudiarabien, der billigen Produktion der On-Schuhe, für die er Werbung macht.

Kritiker werfen Federer vor, dass er schweige, um seine Sponsoren nicht zu verärgern, Geld über Moral stelle. Das hat an Federers Beliebtheit gekratzt.

Christian Lang leitet an der Universität St. Gallen die Abteilung Sportmanagement. Er sagt, dass Sportlerinnen und Sportler gerade jene Menschen erreichen könnten, die sich von der Politik abgehängt fühlten. Und: «Sich für Menschenrechte einzusetzen, hat wenig mit Politik zu tun. Gerade im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine hat sich Federer zu wenig positioniert.»

Lang sagt aber auch, man solle den Sport nicht politisieren: «Sport ist in erster Linie Unterhaltung.» Und dass wenige Athleten auf eine so skandalfreie Karriere wie jene von Federer zurückblicken könnten. «Letztlich ist Federers Aufstieg eine riesige Erfolgsgeschichte. Er hat auch nach seinem Rücktritt ein Einkommen – aus einer Marketing-Sicht ist er ein hervorragendes Beispiel.»

Federer mag sich aus der Politik heraushalten, wenig Ecken und Kanten haben. Doch er schafft es, sich selbst als Multimillionär verletzlich zu zeigen. Als er in «Twelve Final Days» nach seinem letzten Match in Tränen ausbricht, ist die Stimmung im Kino bedrückt. Die Zuschauer starren auf die Leinwand, sie leiden mit Federer mit. Männer, Frauen, Kinder – alle haben feuchte Augen.

Der Abspann des Filmes beginnt, niemand verlässt den Kinosaal. Ein Mädchen sagt zu seinem Vater: «Für so viele Emotionen war ich nicht bereit.»

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