«Kein BVG-Bschiss, sondern starke Verbesserung für Teilzeitarbeitende»
Im September kommt es zum nächsten grossen Renten-Showdown. Dieses Mal geht es um die zweite Säule. Mitte-Präsident Gerhard Pfister kämpft gegen die Linken und verspricht Verbesserungen für Geringverdiener.
Herr Pfister: Wie wichtig ist diese BVG-Abstimmung?
Es ist eine zentrale Abstimmung dieser Legislatur – vor allem für Frauen, Menschen mit mehreren Arbeitgebenden und mit geringem Einkommen.
Warum?
359’000 Menschen in der Schweiz kriegen dank dieser Reform erstmals eine BVG-Rente – 270’000 davon Frauen, zeigt eine Studie von Alliance F. Das ist eine markante Verbesserung! Auch Teilzeitpensen bei mehreren Arbeitgebern werden zum ersten Mal versichert – und das auch für den Invaliditäts- oder Todesfall. Das haben wir den Menschen bei der AHV-Reform 2022 versprochen und das lösen wir nun ein.
Neu sollen schon geringere Löhne in der zweiten Säule versichert werden. Das heisst auch, dass diese kleinen Löhne mehr Lohnabzüge schlucken müssen. SP und Gewerkschaften sprechen auch darum schon von einem «BVG-Bschiss».
Bei Reformen der Sozialversicherungen reden die Linken schnell gern von einem «Bschiss». Doch es ist keiner. Jetzt nicht und auch nicht bei der letzten Revision der AHV, über die 2022 abgestimmt wurde. Die Gewerkschaften setzen in der Altersvorsorge einseitig auf die erste Säule und wollen nur diese stärken. Doch das Schweizer Vorsorgesystem basiert auf drei Säulen – das hat sich bewährt.
Bei Reformen der Sozialversicherungen reden die Linken noch schnell gerne von einem «Bschiss», so Gerhard Pfister. Sie wollten einseitig nur die erste Säule, also die AHV stärken, so sein Vorwurf.
Aber es sind nicht nur Linke. Jüngst haben Ex-Gewerbepräsident Hans-Ulrich Bigler (SVP) oder der Verband Gastrosuisse gegen diese Reform gewettert.
Die Herausforderung liegt hier weniger bei den höheren Pensionskassenbeiträgen, sondern generell bei den tiefen Löhnen in der Gastronomie und Hotellerie oder auch in der Landwirtschaft. Die Gewerbekammer hat aber die Ja-Parole beschlossen, und auch die überparteiliche Frauenorganisation Alliance F und der Bäuerinnenverband sagen klar Ja. Das zeigt, dass diese Reform gerade für Personen mit geringem Einkommen und Frauen so wichtig ist.
Kernpunkt dieser BVG-Vorlage ist ja die Senkung des Umwandlungssatzes von 6,8 auf sechs Prozent.
Korrekt. Der zu hohe Umwandlungssatz führt zu einer ungerechten Umverteilung von Jung zu Alt. Das ist nicht im Sinne der Generationengerechtigkeit. Zur Abfederung gibt es einen fairen und gezielten Zuschlag für die Übergangsgeneration.
Über diesen Zuschlag wurde heftig gestritten, das Parlament beschloss einen geringeren als der Bundesrat. Warum braucht es ihn überhaupt?Der Zuschlag ist wichtig. Er ist vorgesehen für Personen aus der Übergangsgeneration mit geringen Einkommen. Menschen, die bereits 50 Jahre alt oder älter sind, haben diesen Zuschlag zugute, da sie nicht mehr gleich viel ansparen können.
Teil der Vorlage ist auch, dass junge Menschen ab 25 Jahren mehr in die Pensionskasse einzahlen – dafür die Älteren prozentual weniger.
Das macht primär ältere Arbeitnehmende für die Wirtschaft attraktiver. Für diese ist es derzeit tatsächlich schwieriger, bei einem Stellenverlust einen neuen Job zu finden. Die hohen Lohnbeiträge an die Pensionskasse spielen da eine grosse Rolle. Wir haben Signale aus der Wirtschaft, dass die Unternehmen vermehrt wieder Ältere einstellen, wenn sich das – wie mit dieser Revision vorgeschlagen – ändert. Der höhere Abzug für junge Menschen sollte verkraftbar sein. Für sie sollte es – vor allem in Zeiten des Fachkräftemangels – leichter sein, Arbeit zu finden.
Mitte-Präsident Gerhard Pfister erklärt die Mechanik der Pensionskassenreform. Wer rechne, erkenne die Vorteile, findet er.
Mehr Geld in der Pensionskasse bedeutet auch mehr Arbeit – und damit Gebühren für Pensionskassen-Manager sowie Banker. Ist die Reform also nicht einfach ein grosser neuer Subventionstopf für die Finanzelite?
Das würde wohl nicht einmal Gewerkschaftschef Pierre-Yves Maillard so behaupten! (Lacht) Die zweite Säule erspart man sich selbst – zusammen mit dem Arbeitgeber. Der Zins ist der dritte Beitragszahler. Und die Vorschriften für die Pensionskassen sind so festgelegt, dass mit unseren Pensionsgeldern keine riskante Spekulation betrieben werden kann. Und das ist auch gut so.