Ursula von der Leyen für zweite Amtszeit nominiert
Ursula von der Leyen wird erneut als Präsidentin der EU-Kommission vorgeschlagen. Zu Rochaden kommt es beim Kommissionsvorsitz und dem Posten des EU-Aussenbeauftragten.
Bleibt an der Spitze der EU: Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.
Fast zwei Wochen hat der Machtpoker um die Neubesetzung von EU-Spitzenposten gedauert. Jetzt ist klar: Ursula von der Leyen soll für eine zweite Amtszeit Präsidentin der EU-Kommission bleiben. Als Ratspräsident soll der frühere portugiesische Regierungschef António Costa den Belgier Charles Michel beerben. Nachfolgerin des Spaniers Josep Borrell als Aussenbeauftragte soll die estnische Regierungschefin Kaja Kallas werden.
Nach der Nominierung beim EU-Gipfel am späten Donnerstagabend muss das Trio noch von einer Mehrheit im Europäischen Parlament gewählt werden. Dafür wird von der Leyen in den kommenden Wochen bei Abgeordneten für Unterstützung werben müssen. Die Abstimmung wird frühestens in der dritten Juli-Woche angesetzt und gilt als höchste Hürde auf dem Weg zu einer zweiten Amtszeit. Grund ist, dass in geheimer Abstimmung gewählt wird und von der Leyen im Parlament vergleichsweise viele Kritiker hat. So bekam sie bei ihrer Wahl 2019 nur neun Stimmen mehr als notwendig.
Meloni nicht eingebunden
Grundlage der Einigung auf dieses Personalpaket ist das Ergebnis der Europawahl vor etwas mehr als zwei Wochen. Das Mitte-Rechts-Bündnis EVP mit von der Leyen als Spitzenkandidatin erzielte das mit Abstand beste Ergebnis. Sie will nun mit der zweitplatzierten Parteienfamilie, den Sozialdemokraten (S&D), und den Liberalen (Renew) eine informelle Koalition bilden.
Ursprünglich wollten sich die EU-Staats- und Regierungschefs bereits bei einem informellen Gipfel vor rund zehn Tagen endgültig auf das Personalpaket verständigen. Doch die Rechnung ging nicht auf. Unter anderem zeigte sich die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni erbost darüber, dass sie trotz des guten Ergebnisses ihrer Partei Fratelli d’Italia (Brüder Italiens) bei der Europawahl nicht direkt an den Gesprächen über das Personalpaket beteiligt wurde. Auch Ungarn hatte sich wie erwartet gegen von der Leyen gestellt.
Krisenmanagerin und Klimaschützerin
Die CDU-Politikerin von der Leyen steht bereits seit fast fünf Jahren an der Spitze der EU-Kommission. In Brüssel galt es als nahezu sicher, dass die Staats- und Regierungschefs die 65-Jährige für eine zweite Amtszeit vorschlagen würden. Denn die Europäische Volkspartei (EVP) um CDU und CSU ist mit von der Leyen als Spitzenkandidatin bei den Europawahlen mit Abstand stärkste Kraft geworden. EVP, Sozialdemokraten und Liberale hatten sich am Dienstag vorab auf das Personalpaket verständigt.
Eigentlich selten einer Meinung: Ursula von der Leyen und ihr stärkster Kritiker, Viktor Orban.
In ihrer ersten Amtszeit trat von der Leyen als Krisenmanagerin auf: erst in der Corona-Pandemie, dann im Ukraine-Krieg. Als Vorzeigeprojekt bewarb sie das Klimaschutzpaket «Green Deal», mit dem sie Europa bis 2050 zum weltweit ersten klimaneutralen Kontinent machen will. Unter dem Druck der Bauernproteste machte sie zuletzt aber Abstriche.
In Deutschland war die siebenfache Mutter vor ihrem Wechsel nach Brüssel Bundesministerin für Familie, Arbeit und Verteidigung. Nach den Europawahlen 2019 kam der Überraschungscoup: Frankreichs Präsident Emmanuel Macron setzte von der Leyen mit Hilfe von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) als neue Kommissionschefin durch. Seither politisiert sie in Brüssel und hat sich einen Wohnraum im 13. Stock des Kommissionsgebäudes eingerichtet.
Die EU-Kommission mit mehr als 30’000 Beamten ist die mächtigste Behörde Europas und schlägt Gesetze vor. Zudem wacht sie über die Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit und der Haushaltsregeln und kann Wettbewerbsstrafen gegen Weltkonzerne wie Google und Microsoft verhängen.
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