Starke Zunahme von Gewalt durch Minderjährige
Die Baselbieter Jugendanwaltschaft konnte die vielen Fälle im vergangenen Jahr nur noch bewältigen, weil die Mitarbeitenden auf ihre Ferien verzichtet haben.
Immer mehr Straftaten von Kindern und Jugendlichen sorgen für grosse Belastungen bei der Jugendstaatsanwaltschaft.
Es sind besorgniserregende Zahlen aus dem Baselbiet. Die Zahl der Delikte, die von Kindern und Jugendlichen begangen wurden, ist stark angestiegen. 2023 hat die Jugendanwaltschaft im Vergleich zum Vorjahr eine Zunahme von 57 Prozent registriert, das ist eine Steigerung um 1289 Delikte. Das sei sogar mehr als im Corona-Ausnahmejahr 2020, heisst es in der Mitteilung der Behörde.
Besonders deutlich ist die Zahl der schweren Gewaltdelikte gestiegen: 27 Fälle von schwerer Körperverletzung, die von Minderjährigen begangen wurden, gab es 2023. Im Vorjahr waren es nur drei Fälle. Auch sechs Fälle von versuchter Tötung haben Eingang in die Statistik gefunden. 2022 waren es deren zwei, darunter allerdings auch der Fall aus Böckten, bei dem das Opfer nach einem Streit von einem 17-Jährigen getötet wurde.
Eine «markante Zunahme» der Fallzahlen seien auch bei den Tatbeständen des Angriffs, Raufhandels und Raubes zu verzeichnen.
Viele dieser Taten gehen auf das Konto von Asylbewerbern. Insbesondere mit Personen aus Maghreb-Staaten hat der Kanton seine liebe Mühe. So sagte Sicherheitsdirektorin Katrin Schweizer vor rund drei Monaten im Interview mit der BaZ: «Die Personen aus Maghreb-Ländern haben zwar nur einen geringen Anteil an allen Asylbewerbern, aber sie beschäftigen uns sehr stark. Die Kriminalität unter ihnen ist hoch. Sie wissen wohl, dass ihr Asylantrag chancenlos ist, daher haben sie auch keine Nachteile zu befürchten.»
Schweizweit gab es im vergangenen Jahr einen deutlichen Anstieg bei Verurteilungen von Jugendlichen, sowohl bei Schweizern (+23,7 Prozent) als auch bei Ausländern (+43,9 Prozent). 2023 hatten im Baselbiet 219 von 593 verurteilten Minderjährigen einen ausländischen Pass.
Auffallend sei im vergangenen Jahr auch die Anzahl delinquenter Jugendlicher, die durch die IV abgeklärt werden, oder sich in einer IV-geschützten Ausbildung befänden. Zudem habe es mehrere Vorfälle von Racheaktionen oder Selbstjustiz gegeben, heisst es im Bericht: Die Jugendanwaltschaft spricht von einem «besorgniserregenden Phänomen».
Mehr Personal dringend benötigt
Mehr schwere Fälle bedeuten aber auch mehr Inhaftierungen und damit eine erhöhte Belastung für die Jugendanwaltschaft.
Nur dank des grossen Engagements des Teams sei es möglich gewesen, die ausserordentliche Fallzunahme überhaupt zu bewältigen, heisst es im Bericht der Behörde: «Mit unzähligen Überstunden und unter Verzicht auf Ferienbezug haben die Mitarbeitenden einen äusserst wertvollen und unverzichtbaren Beitrag dazu geleistet, den Grundgedanken des Jugendstrafrechts aufrechtzuerhalten.»
In Zukunft werde es aber nicht ohne zusätzliches Personal gehen, sagt die Leitende Jugendanwältin, Corina Matzinger Rohrbach, gegenüber der BaZ. Denn aufgrund der geburtenstarken Jahrgänge 2005 bis 2016 sei davon auszugehen, dass die seit 2015 stark zunehmenden Fallzahlen auch zukünftig weiter steigen. «Daher haben wir bereits 2023 entsprechende Stellenanträge gestellt», sagt Matzinger Rohrbach. Ein Teil davon sei im Budget, über das aber noch der Landrat befinden müsse.
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