«Wir sehen nicht ein, warum sich der Kanton beteiligen soll»: Der Stadtrat will den Eurovision Song Contest nach Zürich holen – der SVP ist das zu teuer
Dank Nemos Sieg ;kommt der Eurovision Song Contest 2025 in die Schweiz. Nun buhlen Städte wie Zürich, Genf oder Basel um den Austragungsort. Martin Meissner / AP
Nun ist es offiziell: Die Stadt Zürich will Gastgeberin für die nächste Ausgabe des Eurovision Song Contests (ESC) werden und hat ihre Bewerbung eingereicht. Das gab der Stadtrat am Donnerstag, einen Tag vor Frist-Ende, in einer Mitteilung bekannt. Neben der Limmatstadt buhlen auch Genf und Basel sowie Bern und Biel darum, den Gesangswettbewerb auszutragen.
«Zürich und der ESC: Das passt perfekt zusammen», so lässt sich Stadtpräsidentin Corine Mauch (SP) zitieren. Die Limmatstadt sei genauso bunt, lebendig und vielfältig wie der Gesangswettbewerb. Der ESC biete der Stadt Zürich die Gelegenheit, sich als weltoffene Kulturstadt und attraktive Reisedestination zu präsentieren.
Die Stadt Zürich verfüge zudem über viel Erfahrung mit Grossanlässen. Mit dem Flughafen und dem Hauptbahnhof Zürich sei die Stadt sowohl für nationale als auch für internationale Gäste bestens erschlossen.
Hinzu komme eine Auswahl an attraktiven Veranstaltungsorten. Namentlich das Hallenstadion mit der Messe, die Landiwiese direkt am See und das Kongresshaus. Für Planung und Durchführung des Grossanlasses beantragt der Stadtrat dem Gemeinderat einen Kredit von 20 Millionen Franken.
Die Kantonsregierung zeigt sich ähnlich begeistert. Der Regierungsrat begrüsse die Kandidatur der Stadt Zürich und beantrage dem Kantonsrat einen Unterstützungskredit von 5 Millionen Franken aus dem Gemeinnützigen Fonds, schreibt er. Der Anlass, der voraussichtlich vom 11. bis am 18. Mai 2025 stattfindet, wäre aus kultureller, gesellschaftlicher und auch wirtschaftlicher Sicht ein Gewinn für den Kanton Zürich, heisst es weiter.
Mit Grossveranstaltungen wie dem ESC gehe ein erhöhter Sicherheitsbedarf einher. Die Auswirkungen würden sich nicht nur auf Zürich beschränken. Die Kantonspolizei wäre im ganzen Kanton mit Parallelveranstaltungen und einem erhöhten Verkehrsaufkommen sowie am Flughafen und am Hauptbahnhof stark gefordert. Über all diese genannten Aufgaben hinaus sei deshalb keine zusätzliche Unterstützung der Stadtpolizei möglich, ist zu lesen. Die Kosten für diese von der Kantonspolizei zusätzlich zu erbringenden Leistungen beliefen sich voraussichtlich auf rund 3 Millionen Franken. Diese Budgetmittel würden mittels Nachtragskredit beantragt.
SVP kritisiert Höhe des Kredits
In der Stadt Zürich wie auf Kantonsebene müssen die Parlamente den Unterstützungsbeiträgen noch zustimmen. Die meisten Parteien dürften sich wohl hinter die Kandidatur Zürichs stellen.
Bei der SVP zeichnet sich indes jetzt schon Widerstand ab. «Wir werden im Kantonsrat die Unterstützung des ESC ablehnen», sagt der SVP-Kantonalpartei-Präsident Domenik Ledergerber. «Touristisch und wirtschaftlich wird vor allem die Stadt Zürich vom ESC profitieren. Die Auswirkungen auf den Rest des Kantons sind bescheiden. Wir sehen deshalb nicht ein, warum sich der Kanton beteiligen soll.»
Viele in der SVP störten sich zudem daran, dass der Anlass verpolitisiert worden sei, sagt Ledergerber. «Dies ist ein weiterer Grund, warum wir die Unterstützung ablehnen.»
Die diesjährige Ausgabe des ESC war in verschiedener Hinsicht politisch geprägt. So wurde etwa wegen des Kriegs im Gazastreifen der Ausschluss der israelischen Teilnehmerin gefordert. Nemo nutzte die mediale Aufmerksamkeit nach dem Sieg, um der nationale Debatte über ein drittes Geschlecht neuen Schub zu verleihen.
Auch die SVP der Stadt Zürich kritisiert die Höhe der staatlichen Unterstützung. «Wir sehen durchaus, dass der ESC für unsere Stadt eine Chance ist», sagt Susanne Brunner, die neue Co-Präsidentin der Partei. «Das Gewerbe, die Restaurants und die Hotels werden profitieren.»
Zürich sei mit seiner Infrastruktur und seiner internationalen Verkehrsanbindung bestens geeignet für den Anlass. «Doch die 20 Millionen Franken, welche die Stadt zur Verfügung stellen soll, scheinen uns ein sehr hoher Betrag zu sein.» Die Partei werde die Finanzierung nicht unbedingt per se ablehnen, «aber über die Höhe müssen wir im Parlament auf jeden Fall sprechen», sagt Brunner.
Hitzige Diskussionen im Gemeinderat
Die Frage, ob sich die Stadt Zürich für den ESC bewerben solle, war in den Wochen seit Nemos Sieg in Malmö immer wieder Thema im Zürcher Stadtparlament. In je einem Postulat haben sich die Fraktion von FDP und Mitte/EVP sowie SP und GLP dafür ausgesprochen – allerdings mit unterschiedlichen Begründungen.
Während FDP und Mitte/EVP vor allem mit der passenden Infrastruktur argumentierten und den erwarteten Werbeeffekt durch den ESC hervorhoben, erhofften sich SP und GLP auch Aufwind für ein politisches Anliegen. Nämlich den von Nemo geforderten neutralen Geschlechtseintrag.
Diese politische Färbung stiess der SVP-Fraktion sauer auf. Mit dem ursprünglichen «Concours Eurovision» habe das nichts mehr zu tun, sagte Sebastian Zopfi. Zürich sei nicht auf die Werbeeffekte als ESC-Austragungsort angewiesen. Hierzu fänden schon genügend Grossanlässe statt, etwa die Pride, die Street Parade oder das Züri-Fäscht. Zürich solle deshalb einer kleineren Stadt mit einer kleineren queeren Szene den Vortritt lassen.