«Schlechteste Antwort, die ich je erlebt habe»: Flugzeug-Blogger attackiert Swiss

«schlechteste antwort, die ich je erlebt habe»: flugzeug-blogger attackiert swiss

Damals flogen sie auch nicht: geparkte Swiss-Flugzeuge in Dübendorf während der Coronapandemie.

Weil sein Flug ausfiel, forderte ein Passagier von der Swiss gemäss europäischem Recht eine Entschädigung. Diese lehnte ab. Ein Aviatik-Blogger zerpflückt nun die Antwort der Schweizer Fluggesellschaft. Diese räumt einen Fehler ein, weist die weiteren Vorwürfe jedoch zurück.

«Ich glaube, viele von uns haben keine grossen Erwartungen, wenn sie sich an den Kundenservice einer Fluggesellschaft wenden, aber diese hier ist vielleicht die schlechteste Antwort, die ich je erlebt habe.»

So beginnt Flug- und Reiseblogger Ben Schlappig, der auf seiner Webseite onemileatatime über verschiedene Geschichten und News aus der Aviatikwelt schreibt, einen Artikel über den Fall eines Kunden, der von einer Fluggesellschaft – der Swiss – eine Entschädigung verlangte, weil sein Flug ausfiel. Diese versuchte sich herauszuwinden, indem sie eine merkwürdige Antwort lieferte.

Das ist die Geschichte:

Die Ausgangslage

Der betroffene Passagier hat den Vorfall auf dem Kurznachrichtendienst X geteilt: Mitte Mai wollte er mit der Swiss von New York nach Genf fliegen. Doch der Flug wurde gecancelt wegen eines technischen Defekts.

In vielen Fällen haben Fluggäste bei solchen Annullationen eine Entschädigung zugute. Die Höhe dieser hängt unter anderem von der Länge der Verspätung, die aufgrund der Annullation entsteht sowie der Distanz des Flugs ab. In der EU sind diese Bestimmungen, die die Schweiz im Grundsatz ebenfalls anwendet, kundenfreundlich, die Maximalentschädigung beträgt rund 600 Franken. Festgehalten sind die Bestimmungen in der Fluggastrechteverordnung EU261. Hier gibt es die Infos dazu.

Allerdings müssen Geschädigte selbst einen Antrag stellen, um zu ihrem Geld zu kommen. Es gibt auch Firmen, die sich auf diese Forderungen spezialisiert haben und – gegen entsprechende Beteiligung an der Entschädigung – den rechtlichen «Kampf» mit der Fluggesellschaft austragen. Dieser kann sich über Monate hinziehen, da die Fluggesellschaften oft ihre rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen, um keine Entschädigung auszahlen zu müssen.

So viel zum Kontext. Was der Swiss-Passagier also machte, war, ein entsprechendes Entschädigungsgesuch an die Swiss zu stellen.

Die merkwürdige Antwort der Swiss

Dieses wurde von der Swiss in einer ersten Antwort abgelehnt. Der Passagier liess allerdings nicht locker und hakte nach. Die Antwort, die er beim zweiten Mal kam, liess ihn dann sprachlos zurück.

Sie lautete folgendermassen:

Vielen Dank für Ihre Antwort. Bitte entschuldigen Sie die Verzögerung.Es tut mir leid, dass meine Antwort vom 04.06.2024 nicht Ihren Erwartungen entsprochen hat.Ihr Flug wurde überprüft und wie bereits zuvor mitgeteilt, wurde Ihr Flug aufgrund eines Fehlers am Seitenruderservo gestrichen. Die Anfälligkeit des Hauptruderservoventils der 737 für unaufgeforderte Umkehrungen war in der Tat ein erhebliches Problem. Ich hoffe, Sie haben Verständnis dafür, dass wir auf solche Umstände keinen Einfluss haben.Aus diesem Grund muss ich leider sagen, dass Sie keinen Anspruch auf Entschädigung gemäss der EU-Verordnung 261/2004 haben.Auch wenn ich Ihre Verärgerung angesichts Ihrer Erfahrungen gut verstehe, hoffe ich auf Ihr Verständnis, dass ich Ihrem Anliegen aus den genannten Gründen nicht stattgeben kann.

Die Blogger-Wutrede

Laut Blogger Ben Schlappig ist an dieser Antwort «so viel falsch, dass ich gar nicht weiss, wo ich anfangen soll». Er zerpflückt daraufhin die Antwort des Swiss-Kundendiensts:

  • Der Flug LX23 von Los Angeles nach Genf wurde nicht mit einer 737 durchgeführt, sondern mit einer A330. (Die Daten der Flugnachverfolgungsseite flightradar24 belegen dies.)
  • Laut Schlappig gab es das vom Kundendienst beschriebene Ruderproblem an 737-Maschinen tatsächlich, es führte gar zu Unfällen. Allerdings in den 90er-Jahren. Und es sei vor gut 20 Jahren behoben worden.
  • Gemäss dem Blogger spielt es überhaupt keine Rolle, ob es sich um einen technischen Defekt am Flugzeug handelte oder nicht. Eine Entschädigung nach EU-Recht stehe dem Passagier zu, die «bizarre» Antwort der Swiss sei eine Frechheit. Es gehe einzig darum, keine Entschädigung auszahlen zu müssen.

Schlappig schreibt sich im Anschluss regelrecht in Rage. Er wünsche sich, dass es sich um einen Einzelfall handeln würde. Doch das sei es leider nicht der Fall. Fluggesellschaften foutierten sich allzu oft um die Entschädigungsrichtlinien und versuchten diese zu umgehen. Das einzig Überraschende an der Reaktion der Swiss sei deshalb, dass «die Lügen derart absurd sind».

«Die Schuld wird einem Flugzeug zugeschoben, das die Fluggesellschaft gar nicht fliegt und das ein Problem hat, das vor 30 Jahren existierte.»

«Die Antwort der Swiss ist so mies, dass sie fast schon lustig ist.»

Er fragt zudem ironisch: «Was kommt als Nächstes – wird Swiss in ein paar Jahren den 11. September für Flugausfälle verantwortlich machen?» Und im selben Stil, ob den Kundendienst-Mitarbeitenden der Swiss einfach ein Katalog mit möglichen Ausreden übergeben werde, mit welchen sie versuchen sollen, Passagiere mit Entschädigungsforderungen abzuwimmeln.

Das sagt die Swiss dazu

watson hat die Swiss mit dem Fall konfrontiert. Mediensprecher Michael Pelzer weist die Vorwürfe von Schlappig vehement zurück:

«Der (...) Artikel basiert auf mutwilligen Spekulationen und entspricht in seiner Auslegung in keiner Form den Tatsachen. Der betreffende Redaktor hatte leider darauf verzichtet, vor der Publikation eine offizielle Stellungnahme einzuholen – dies hätte verhindert, dass der Leserschaft derart absurde Vorwürfe als Tatsachen präsentiert werden.»

Man habe dies entsprechend gemeldet und gehe davon aus, dass der Artikel angepasst werde, sofern «die journalistische Verantwortung seitens der zuständigen Redaktion wahrgenommen wird».

Wie aber kam es zur kuriosen Antwort auf den Entschädigungsantrag?

Dass die Antwort durch Künstliche Intelligenz generiert wurde, wie dies auf X von einigen Nutzerinnen und Nutzern vermutet wird, sei nicht der Fall. Mediensprecher Pelzer räumt allerdings ein, dass dem Kundendienst ein Fehler unterlaufen ist. Es handle sich um einen Tippfehler:

«Bei der ursprünglichen Antwort unseres Kundendiensts hat sich ein simpler Tippfehler eingeschlichen. Die Details zum technischen Sachverhalt rund um das Servoventil des Hauptseitenruders (main rudder servo valve) sind korrekt, einzig beim Flugzeugtyp hätte es richtigerweise Airbus A330-343 oder eben abgekürzt ‹333› heissen sollen, und nicht ‹737›.»

Dass es bei Flugzeugen des Typs B737 vor Jahrzehnten ähnliche Probleme gegeben habe, sei rein zufällig. Den Vorwurf, dass die Swiss mit bizarren Lügen versuche, Entschädigungsforderungen zu umgehen, weise man entschieden zurück.

«Es handelte sich um einen ehrlichen (und in diesem Fall eher kleinen) Fehler einer Kollegin vom Kundendienst. Auf jeden Fall bedauern wir, dass diese Ungenauigkeit für Verwirrung gesorgt hat und möchten uns dafür entschuldigen.»

Die Ablehnung des Entschädigungsantrags ist laut Einschätzung der Swiss hingegen korrekt. Ein technisches Problem, das zu einer Flugannullierung führe, qualifiziere nicht automatisch zu einer Entschädigung. Beispielsweise, wenn es sich um «aussergewöhnliche Umstände» handle. Diese seien im vorliegenden Fall gegeben.

Während der Europäische Gerichtshof technische Probleme nur selten als aussergewöhnliche Umstände klassifiziere, sei die Rechtssprechung in der Schweiz anders.

Dass man Entschädigungszahlungen um jeden Preis verhindern wolle, ist laut dem Swiss-Mediensprecher eine Unterstellung. Er sagt:

«Wenn ein Anspruch besteht, kommen wir diesem selbstverständlich nach. Im Jahr 2023 haben wir rund zwölf Millionen Franken solcher Entschädigungszahlungen an unsere Kundinnen und Kunden geleistet. Im aktuellen Jahr beläuft sich dieser Betrag bislang auf mehr als drei Millionen Franken.»

Forderung nach mehr Konsumentenschutz

Dass die Fluggesellschaften ihre rechtlichen Möglichkeiten voll auszuschöpfen versuchen, ist plausibel. Ob dies in Fällen, wie im vorliegenden, kundenfreundlich ist, ist eine andere Frage. Klar ist, dass die Gesellschaften wesentlich mehr Ressourcen in den rechtlichen «Kampf» zu investieren vermögen und der Weg zu dieser für den Passagier auch mühsam sein kann, wenn der Fall rechtlich klar ist – wenn sich die Gesellschaften mit allen möglichen Mitteln dagegen wehren.

Blogger Schlappig fordert aus diesem Grund, dass «Länder mit funktionierendem Konsumentenschutz», sich mehr darauf fokussieren sollten, Entschädigungsforderungen von Passagieren zu vereinfachen und durchzusetzen. Es brauche eine Art Durchsetzungsmechanismus, der sicherstelle, dass Fluggesellschaften nicht weiter mit allen möglichen Rechtstricks versuchen könnten, entsprechende Forderungen abzulehnen.

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