Nein, so schlecht ist Österreich wirklich nicht

Im Land der Skifahrer und Skispringer sorgen die Fussballer mit dem Sieg in der Gruppe D für die grossen Gefühlsausbrüche – und jetzt wollen sie erst recht angreifen.

nein, so schlecht ist österreich wirklich nicht

Nach dem Tief das Hoch: Marcel Sabitzer erzielt das Siegtor gegen die Niederlande.

«Wahnsinn!» «Wunder!» «Sensation!» «Historisch!» Österreichs Medien packen die ultimativen Begriffe aus, um das zu würdigen, was an diesem Dienstag in Berlin stattfindet. Österreich besiegt in Berlin die Niederlande 3:2 und schliesst die Gruppe D als Erster ab. Und das in der «Todesgruppe» dieser Europameisterschaft, wie es auf Servus TV mehrmals heisst.

Servus TV ist ein Red-Bull-Produkt und im Besitz der Übertragungsrechte für die Spiele der österreichischen Mannschaft an der EM 2024. Der Zeitpunkt könnte nicht besser sein, um anstelle des nationalen Platzhirschs, des ORF, darüber live berichten zu dürfen.

Der Moderator auf der Tribüne ist entsprechend emotional, als Ralf Rangnick zum Interview erscheint. «Mir sind fast die Tränen gekommen», sagt er, und mit Blick auf die Experten an seiner Seite: «Wir haben uns alle umarmt.»

Die Emotionen gehören bei Österreichs Sportreportern schnell einmal dazu. Wir kennen das vom Skifahren oder Skispringen. Erst recht kennen wir das von der Fussball-WM 1978, als Österreich in Cordoba Weltmeister Deutschland 3:2 besiegte und ORF-Reporter Edi Finger ins Mikrofon rief: «Ich wer’ narrisch! Krankl schiesst ein. Wir fallen uns um den Hals. Wir busseln uns ab. Vielleicht genehmigen wir uns noch ein Viertel.» Finger genoss augenblicklich Legendenstatus.

Der «Wunderwuzzi» Rangnick

Jetzt, in Berlin, passt einer nicht zur aufgeladenen Atmosphäre. Dieser eine ist auch kein Österreicher. Er ist Schwabe, und vielleicht erklärt das allein schon seinen Geiz an öffentlich gezeigten Gefühlen: Ralf Rangnick heisst dieser Mann, den die Fussballnation zwischen Lustenau und Wien als «Wunderwuzzi» feiert, als Wundermann.

Rangnick trat im Juni 2022 die Nachfolge von Franco Foda an. Und wer Rangnick verpflichtet, bekommt einen Trainer, der einen klaren Plan hat und davon nicht abweicht. Entweder nehmt ihr mich so, wie ich bin – oder ihr lasst es sein: Das ist sein Motto. Rangnick hat bei Hoffenheim und im Red-Bull-Imperium eindrücklich bewiesen, was möglich ist, wenn er das Sagen hat.

In Österreich ist das nicht anders. Mit seinem Pressing-Umschalt-Tempo-Fussball hat er die Mannschaft souverän an die EM 2024 geführt. Und das hat er geschafft, obwohl Spieler mit der Qualität eines David Alaba, Marcel Sabitzer und Marko Arnautovic sehr rar sind. Seit er kurz vor dem Turnier ein Angebot von Bayern München ausgeschlagen hat, liegt ihm das Land noch mehr zu Füssen.

Die Österreicher müssen gegen Frankreich ins Turnier starten, ausgerechnet gegen den grossen Favoriten auf den Titel. Sie verlieren nur wegen eines Eigentors von Max Wöber 0:1. Gegen Polen widerstehen sie dem Druck und gewinnen auf begeisternde Art 3:1. Gegen die Niederlande wechselt Rangnick vier Spieler aus, die mit einer Verwarnung vorbelastet sind, und wählt zum dritten Mal eine andere Innenverteidigung.

nein, so schlecht ist österreich wirklich nicht

Chef, sei umarmt: Ralf Rangnick mit Christoph Baumgartner (oranges Leibchen) und Michael Gregoritsch (Nr. 11), als der Gruppensieg feststeht.

Es wird ein wilder Match. Zweimal gehen die Österreicher in Führung, zweimal müssen sie den Ausgleich zulassen. Aber sie zerbrechen daran nicht, im Gegenteil. Marcel Sabitzer treibt den Ball über Dutzende Meter nach vorne, die 80. Minute läuft bereits. Am Ende der Aktion ist er wieder am Ball und schiesst ihn aus spitzem Winkel wuchtig unter die Latte. «Ein Lehrbuchbeispiel für das, was wir wollen», adelt Rangnick diese Aktion. Der Gegner kann nicht mehr kontern.

Dass es Sabitzer ist, dem der Siegtreffer gelingt, ist eine der speziellen Noten des frühen Abends. Er geriet nach dem verlorenen Champions-League-Final mit Borussia Dortmund gegen Real Madrid in eine Sinnkrise und brauchte eine Auszeit, um sich davon zu erholen. «Im Fussball hast du so Ups and Downs», sagt er jetzt. «Ist normal. Ist nur die Frage, wie du damit umgehst.» Er kann damit umgehen, weil die Mannschaft ihm in dieser Situation hilft.

Der Sieg gegen die Niederlande tut ihm natürlich speziell gut. «Siegtor und Gruppensieger», sagt er, «viel besser geht es ja nicht.» Und noch ein anderer Satz, der zur allgemeinen Lage passt: «Wenn du die Niederlande schlägst und Gruppensieger bist, kannst nicht ganz so schlecht sein.»

Auf einmal ein Favorit?

Oben auf der Tribüne sagt später der Moderator von Servus TV: «Die ganze Nation liegt sich in den Armen.» Zugleich erzählt er, wie er und seine Experten von den umstehenden Fans mit einer Welle gefeiert worden seien.

Ab Band läuft im Stadion ein wunderbares Stück von Rainhard Fendrich. Darin heisst es, übersetzt aus dem Österreichischen: «Fast wie die Tränen von einem Kind / Wird mein Blut auf einmal schön / Sag ich am Ende der Welt voller Stolz / Und wenn ihr wollt auch ganz allein / I am from Austria.» Es tönt so laut, als würden gleich alle der gegen 30’000 Österreicher, die vor Ort sind, mitsingen.

Was nach diesem feurigen Erlebnis im Olympiastadion bleibt, ist zum einen diese Erkenntnis: Österreich allein hat so viele Tore erzielt wie Frankreich und die Niederlande zusammen (und dreimal mehr als das schrecklich schlechte England, ein anderer vermeintlicher Titelfavorit). Zum anderen ist da natürlich diese eine Frage: Wohin noch des Weges, Österreicher? «Sie sind kein Geheimfavorit mehr», sagt der frühere deutsche Nationalspieler Michael Ballack auf RTL, «jetzt gehören sie zu den Favoriten.»

Und Rangnick, dieser überaus ehrgeizige Trainer, der kommenden Samstag 66 Jahre alt wird? Er verspricht: «Jetzt geht es erst richtig los.» Als er das sagt, ist die Türkei der wahrscheinliche Gegner im Achtelfinal. Österreich fertigte sie im März in einem Testspiel 6:1 ab.

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