Der Klimawandel setzt Strassen und Schienen zu, unsere Verkehrsinfrastruktur ist darauf noch nicht vorbereitet

der klimawandel setzt strassen und schienen zu, unsere verkehrsinfrastruktur ist darauf noch nicht vorbereitet

In ein paar Minuten ;war die Autobahn weg: Fachleute begutachten die Schäden an der A 13 bei Lostallo im Misox (26. Juni 2024). Samuel Golay / Keystone

Es dauerte nur ein paar Minuten, da war die Autobahn im Misox weg. Eine Mure hatte den vom Starkregen angeschwollenen Fluss Moesa blockiert und aus seinem Bett gedrängt, die Wassermassen unterspülten die A 13 und rissen sie fort. Auf 200 Meter Länge war die Fahrbahn verschwunden.

Je mehr sich der Planet erwärmt, desto grösser wird die Gefahr, die von solchen Naturereignissen ausgeht. Starkregen – der Auslöser der Mure – wird in einer wärmeren Welt häufiger und intensiver. Es sind aber nicht nur plötzlich auftretende Naturereignisse, die der Schweizer Verkehrsinfrastruktur zusetzen, auch schleichende Prozesse wie höhere Temperaturen und häufigere Frostwechsel im Gebirge bereiten den Strassenbauingenieuren Sorgen. Die Abnutzung von Schienen und Strassen steigt umso mehr, je extremer das Wetter wird. Deshalb fragen sich nicht nur Ökonomen: Wie teuer wird der Klimawandel für die Schweizer Infrastruktur?

3 Milliarden Franken gibt das Land in diesem Jahr für das Schweizer Strassennetz aus, davon gut 2 Milliarden für den Unterhalt. Aber dabei wird es nicht bleiben. Mehr Unwetter, Muren und Felsstürze führen zu immer grösseren Schäden an Strassen und Schienen. Der Klimawandel wird die Kosten für Instandhaltung und Anpassung der Schweizer Infrastruktur in die Höhe schrauben, davon sind Experten überzeugt.

Exakte Zahlen sind schwierig zu prognostizieren, es existieren nur Schätzungen. Klar ist: Es wird teurer als bisher. Das ist jedenfalls das Ergebnis einer Studie, welche die Zürcher Beratungsstelle Swiss Economics vor fünf Jahren erstellte. In einer Literaturübersicht kamen die Ökonomen damals zu dem Ergebnis, dass sowohl im Strassen- als auch im Schienenverkehr mit deutlich steigenden Kosten zu rechnen ist. Schon in den nächsten Jahren könnten die Ausgaben für die Strasse um 80 Millionen Franken pro Jahr steigen, zur Jahrhundertmitte schon um 200 Millionen Franken.

Haupttreiber der höheren Kosten dürften vor allem Starkregen und die damit verbundenen Überflutungen sein, sagt die Ökonomin Nina Schnyder. Niederschlagsbedingte Schäden spielten eine bedeutende Rolle bei den Kosten beider Infrastrukturen. Zu diesem Ergebnis kommt auch eine Übersichtsstudie, die vor zwei Jahren im Journal «Sustainability» erschien. Anschwellende Bäche und Flüsse führen oft Schlamm und Geröll mit, welche die Strassen beschädigen können. Bei Überschwemmungen werden sie dann unterspült, wodurch sich Risse oder Absenkungen bilden. Im schlimmsten Fall bricht wie im Misox die ganze Strasse weg.

Hinzu kommen die Schäden, die durch höhere Temperaturen verursacht werden, zum Beispiel im Hochgebirge: Je schneller der Permafrost in den Alpen schmilzt, desto instabiler werden die Hänge, desto mehr Lockermaterial kann bei Starkregen mobilisiert und in die Täler gespült werden. Doch auch ohne Regen werden tauende Berge zur Gefahr: Felsstürze nehmen in einer wärmeren Welt zu, sie werden zu einer immer grösseren Gefahr für Auto- und Bahnfahrer.

Klimarisiken werden nicht berücksichtigt

Weniger gefährlich, aber nicht weniger teuer wird in Zukunft der Verschleiss von Strasse und Schiene. Manche Ökonomen rechnen zwar mit sinkenden Frostschäden wegen steigender Temperaturen, aber das könnte sich am Ende als Milchbüchleinrechnung herausstellen. Strassen werden nicht durch permanenten Frost geschädigt, sondern durch häufige Frostwechsel, die in einer wärmeren Welt häufiger auftreten könnten.

Zudem könnten die wärmebedingten Schäden den möglichen Rückgang der kältebedingten Schäden überwiegen, sagt Nina Schnyder. Bei extremen Temperaturen erhöhe sich das Risiko, dass Asphalt auf Strassen schmelze. Zudem könnten Schienen durch Hitze verbogen und gebrochen werden.

Überraschend ist der Befund der Ökonomen angesichts zunehmender Extremwetterlagen infolge des Klimawandels nicht. Insofern erstaunt es, dass das Bundesamt für Strassen (Astra) die Klimarisiken in seinem jüngsten Umweltbericht zu den Nationalstrassen noch immer nicht berücksichtigt. Das Astra rechtfertigt sich damit, dass die Normen für den Schutz vor Naturgefahren in den letzten Jahren nicht angepasst worden seien.

Lassen sich Strassen und Schienen bauen, die endlich einmal halten? In Dübendorf arbeitet ein Mann, der an dieser Frage forscht. An der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) tüftelt Pietro Lura an der Strasse der Zukunft, seine Abteilung «Beton & Asphalt» wurde vor drei Jahren eigens dafür geschaffen. Sein Ziel ist es, die Baustoffe Asphalt und Beton stabiler, beständiger und gleichzeitig nachhaltiger und klimafreundlicher zu machen. Der Schwerpunkt seiner Forschung im Strassenbau ist der Asphalt, denn die Schweiz fährt hauptsächlich auf Asphalt und selten auf Beton.

Lura ist davon überzeugt, dass sich der Klimawandel heute schon auf den Schweizer Strassen bemerkbar macht. Intensivere und längere Hitzewellen im Sommer setzen dem Asphalt verstärkt zu. Das Baustoffgemisch verformt sich dann, weicht auf und bildet Spurrinnen. Genau hier setzen seine Bemühungen an. Asphalt solle sich zwar verformen, dürfe aber nicht zu weich werden, sagt er. Er soll widerstandsfähig sein, aber nicht zu hart. Sonst wird er spröde und bildet Risse. Doch wie lässt sich die Strasse sozusagen klimafit machen?

Wie beständig eine Strasse ist, ist zunächst einmal von der mechanischen Last abhängig. Der Verkehr macht Strassen kaputt, das gilt insbesondere für Lastwagen. Pietro Lura weiss das natürlich, aber auf die Verkehrslast hat er keinen Einfluss. «Wie lange sich eine Strasse hält, ist wesentlich vom Aufbau der Strasse abhängig», sagt der Bauingenieur deshalb. Zentral sei es, dass sich die Lasten gut verteilten, dass die oberste Schicht nicht überbeansprucht werde.

Bei Hitze sei es wichtig, dass die Wärme gut nach unten abgeleitet werde, dass sich kein Hitzestau an der Oberfläche bilde. Auch der schnelle Wechsel von heissen und kühlen Phasen sei problematisch, weil sich dann thermische Spannungen aufbauen könnten, die zu Schäden führen könnten. Lura forscht deshalb an neuen Rezepturen des Asphalts, die dem Klimawandel trotzen.

Asphalt elastisch und gleichzeitig fest machen

Eine Asphaltstrasse besteht aus mehreren Schichten. Die oberste Deckschicht ist wenige Zentimeter dünn, sie ist Verkehr und Wetter direkt ausgesetzt. Darunter liegt die Binderschicht, der Puffer der Strasse. Ihre Funktion ist es, die Kräfte, die von oben einwirken, nach unten zu leiten. Das Fundament einer Strasse bildet die darunterliegende Tragschicht.

Die Schichten des Asphalts sind aus verschiedenen Baumaterialien aufgebaut. Sie bestehen aus Gesteinen unterschiedlicher Grösse, die gröbsten im Fundament, die kleineren weiter oben. Ganz unten liegt Splitt, in der Binderschicht Splitt und Kies. In der dünnen Fahrbahndeckschicht ist in der Regel nur Kies und Sand verbaut. Der Kitt des Asphalts besteht aus Bitumen, auch Erdpech genannt. Dieses Bindemittel besteht aus langkettigen Kohlenwasserstoffen und ist ein Abfallprodukt der Erdölindustrie. Bitumen verbindet als zähe Flüssigkeit die Schichten und hält den Gesteinskörper in Position. Es macht den Asphalt elastisch, lässt ihn bei Hitze aber auch schnell weich werden.

Ziel ist ein Asphalt, der elastisch und gleichzeitig fest ist. Deshalb mischen Asphaltforscher polymere Zusatzstoffe in das Bitumen. Polymermodifiziertes Bitumen hat noch bessere mechanische Eigenschaften als Bitumen allein, ist fest bei hohen und elastisch bei niedrigen Temperaturen und damit beständiger. Zudem tüfteln Forscher wie Lura an Zusätzen, die den Asphalt weniger spröde machen und die Haftung der Materialien verbessern. «Solche Additive verbessern auch die Wasserbeständigkeit», sagt Lura – so wird die Strasse weniger anfällig für Erosion.

Ein weiterer Ansatz, um Strassen zu kühlen, ist, hellere Steine zu verwenden, vor allem auf den nach Süden ausgerichteten Strecken. Da Strassen aber oft mit lokalen Gesteinen gebaut würden, sei dies nicht überall möglich, gibt Lura zu bedenken. Oder aber es würde sehr teuer. Die Ideen für stabile und im besten Sinne nachhaltigere Strassen und Schienen sind vielfältig. Wenn aber der Himmel alle Schleusen öffnet wie am vergangenen Wochenende, hilft auch die beste Ingenieursleistung nichts mehr.

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