Biden übt heftige Kritik - Trump will noch mehr
US-Präsident warnt vor den Folgen, die das jüngste Urteil des Obersten Gerichtshofs nach sich ziehen könnte. Unterdessen wollen Trumps Anwälte dieses Urteil für den Schweigegeldprozess nutzen.
US-Präsident Joe Biden hat das Urteil des Obersten Gerichts der USA zur Immunität seines Amtes als «gefährlichen Präzedenzfall» kritisiert. «Die heutige Entscheidung bedeutet mit ziemlicher Sicherheit, dass es praktisch keine Grenzen für das Handeln eines Präsidenten gibt», sagte der Demokrat bei einer kurzfristig anberaumten Ansprache am Montagabend (Ortszeit) im Weissen Haus. Jeder Präsident – einschliesslich seines Amtsvorgängers und potenziellen Nachfolgers Donald Trump – werde nun die Freiheit haben, das Gesetz zu ignorieren, warnte Biden.
Der Supreme Court habe mit seiner Entscheidung ein «grundlegend neues Prinzip» geschaffen: Die Macht des Präsidentenamtes werde künftig nicht mehr durch Gesetze eingeschränkt, auch nicht durch das Oberste Gericht. «Die einzigen Grenzen werden vom Präsidenten selbst gesetzt», warnte Biden.
Prozessbeginn damit verzögert
Trump hatte am Montag einen bedeutsamen Sieg vor dem höchsten US-Gericht errungen. Der Supreme Court urteilte, dass ehemalige Präsidenten hinsichtlich offizieller Handlungen im Amt vor Strafverfolgung geschützt sind. Die Verfassung gewährt Präsidenten nicht explizit Immunität, auch nicht während ihrer Zeit im Amt. Allerdings ist das Justizministerium traditionell der Auffassung, dass Präsidenten zumindest während ihrer Zeit im Weissen Haus nicht angeklagt werden können.
Mit ihrer Entscheidung haben die Richterinnen und Richter den Beginn des Wahlbetrugsprozesses gegen Donald Trump weiter verzögert. Nun muss eine untere Instanz definieren, für welche Handlungen Trumps Immunität gilt. Es gilt als sehr unwahrscheinlich, dass der Prozess in Washington noch vor der Präsidentenwahl im November beginnen wird.
Forderung: Schuldspruch aufheben
Trump bezeichnete die Entscheidung des Supreme Court als «grossen Sieg für die Verfassung und Demokratie». Und er will jetzt noch mehr und aus dem Entscheid auch Vorteile für den Prozess um Schweigegeldzahlungen an eine Pornodarstellerin ziehen. Richter Juan Merchan solle den Schuldspruch aufheben, und die für kommende Woche geplante Verkündung des Strafmasses verschieben, forderten Trumps Anwälte am Montag in einem Brief.
Die Geschworenen haben den Ex-Präsidenten in 34 Anklagepunkten schuldig gesprochen, Geschäftsunterlagen gefälscht zu haben, um den Grund dieser Zahlung an Cohen vertuschen. Trump bestreitet, je mit Daniels intim gewesen zu sein, und auch sonst jegliches Fehlverhalten.