Mirjam Hostetmann ist neue Juso-Chefin und teilt gleich gegen die SP aus: «Jans, Jositsch und Co. haben uns verraten!»
Die neue Juso-Präsidentin Mirjam Hostetmann kommt aus einem der konservativsten Kantone der Schweiz. Peter Schneider / Keystone
Das EM-Spiel der Schweiz gegen Italien beginnt, doch die Jungsozialisten kümmert das wenig. Fussball? Männer? Patriotismus? Nein, danke. Stattdessen wählten die Juso am Samstagabend in Solothurn ein neues Präsidium.
Der Entscheid fiel 12 Minuten nach Spielbeginn: Mirjam Hostetmann setzte sich mit 119 zu 75 Stimmen bei 4 Enthaltungen gegen Jakub Walczak durch. Die nichtbinäre Person aus Bern unterlag. Aus der Juso wird vorerst keine Nemo-Partei.
Stattdessen wird eine junge Frau die Jungpartei künftig führen. Mirjam Hostetmann ist 24 Jahre alt, studiert Geschichte und Germanistik an der Universität Bern und ist seit 2022 Vizepräsidentin der Juso Schweiz. Aufgewachsen ist sie in Sarnen im Kanton Obwalden, einem der konservativsten Kantone der Schweiz. Ihre politische Karriere begann sie bei der Christlichsozialen Partei (CSP), der ihre Eltern angehörten. Da merkte sie allerdings rasch: Die Jungsozialisten passen besser zu ihr.
Hostetmann galt im Vorfeld der Wahl als pragmatischere der beiden Kandidaturen. Allerdings in der Juso-Welt. Ihre Politik hat mit Pragmatismus ähnlich viel zu tun wie ein Alkoholiker mit Grüntee. In ihrem Motivationsschreiben schrieb sie: «Wir müssen die Reichen enteignen, damit es uns allen gut gehen kann.» Und in Solothurn rief sie den Juso zu: «Der Kapitalismus muss sterben, damit wir leben können.»
Das «Opium der Sozialdemokratie»
Auffällig war, wie hart die künftige Juso-Präsidentin ihre Mutterpartei, die SP, angriff – als wären die Sozialdemokraten der grösste Feind im Land. «Jans, Jositsch und Co. haben uns verraten!», rief Hostetmann von der Bühne. Der SP-Bundesrat Beat Jans, der mit einem eher harten Asylkurs auffällt, und der SP-Ständerat Daniel Jositsch, der am rechten Rand der Partei politisiert, seien aber nicht das einzige Problem.
Sie störe der «Opportunismus» der gesamten Partei. Die SP sei die «Komplizin» des bürgerlichen Staates, die Regierungsbeteiligung das «Opium der Sozialdemokratie». Hostetmann forderte die SP auf, endlich aus dem Bundesrat zurückzutreten.
Dass Juso-Chefs die SP kritisieren, kommt immer wieder vor. Meistens wandern sie irgendwann selber in die SP und übernehmen dort wichtige Rollen. So war es beim heutigen SP-Chef Cédric Wermuth, aber auch bei den Nationalräten David Roth, Fabian Molina und Tamara Funiciello. Der abtretende Juso-Präsident Nicola Siegrist landete bei den Nationalratswahlen in Zürich auf dem dritten Ersatzplatz auf der SP-Liste.
Gemeinsam war allen Juso-Chefs neben der Kritik an der SP die Klassenkampf-Rhetorik und die Kapitalismuskritik. Manche setzten auch eigene Akzente. So machte Tamara Funiciello die Juso deutlich feministischer, und Klimaaktivist Siegrist machte sie grüner.
Ob und wie Mirjam Hostetmann die Juso prägen wird, wird sich in den nächsten Jahren zeigen. Von ihr hören wird man – wie von allen Juso-Präsidenten – bestimmt.