«Hass, Hass, Hass wie noch nie»: In Essen demonstrieren Zehntausende gegen die AfD – und oft auch gegen die Polizei

«hass, hass, hass wie noch nie»: in essen demonstrieren zehntausende gegen die afd – und oft auch gegen die polizei

Zu Demonstrationen gegen den AfD-Parteitag ;werden am Wochenende bis zu 100 000 Menschen erwartet, darunter rund 1000 Linksextremisten. Christian Mang / Reuters

Die Gegendemonstranten sind früh aufgestanden an diesem Samstag in Essen, wo die AfD ihren Bundesparteitag abhält. Bereits vor 7 Uhr hallt es aus den Seitenstrassen rund um die Grugahalle: «Ganz Essen hasst die AfD!» Fast genauso oft ist der Schlachtruf der militanten Antifa zu hören, «Alerta, alerta, antifascista». Der Klang von Trommeln und Trompeten liegt in der Luft, und immer wieder heisst es: «Deutsche Polizisten schützen Faschisten!»

Die Polizei ist mit mehreren tausend Beamten im Einsatz. Sie rechnet mit bis zu 100 000 Demonstranten. Am frühen Morgen werden Schlagstöcke und Pfefferspray eingesetzt. Aus einer Sitzblockade löst sich eine Gruppe und will auf die Autobahn Richtung Düsseldorf vordringen. Der Versuch misslingt. Mit allen Mitteln soll den Delegierten der Zugang zur Grugahalle verwehrt werden.

Delegierte der AfD werden eingekesselt

In einer Nebenstrasse, nicht weit von der Sitzblockade oberhalb der Autobahn entfernt, sind zehn Delegierte eingekesselt. Die vier Frauen und sechs Männer, vornehmlich aus dem süddeutschen Raum, stehen in der Mitte der Manfredstrasse und können nicht vor, nicht zurück. Polizisten verhindern an beiden Enden der Strasse, dass die Demonstranten zu ihnen vordringen können. Mehr aber tun sie zunächst nicht. Beamte aus Bremen stehen passiv dabei. Man sehe ja, wie die Lage sei, da könne man momentan wenig tun. Die Delegierten schütteln den Kopf.

Eine Dreiviertelstunde später stossen Bundespolizisten dazu und Einsatzkräfte aus Niedersachsen. Die nun etwa fünfzig Polizisten nehmen die Delegierten in die Mitte und geleiten sie in Trippelschritten durch den Pulk der Demonstranten. Die Aktion wird aus den Reihen der zum Teil mit FFP2-Masken vermummten Demonstranten derbe quittiert: «Mörder, Lügner, Bullenschweine!» Vergleichbare Situationen spielten sich an anderen Sammelpunkten ab, wo Delegierte nur mit Polizeischutz zur Halle gelangen können.

Generell dominiert zumindest akustisch der äusserste linke Rand der Gesellschaft. Die Teilnehmer fordern «Hass, Hass, Hass wie noch nie», brüllen aber auch unvermittelt: «Wir sind friedlich, was seid ihr?» Ohne kognitive Dissonanzen sind solche Grossereignisse offenbar nicht zu haben.

Das Bündnis «Widersetzen» schreibt in seinem Aufruf, man werde nicht zulassen, dass die AfD in Essen weiter an der «Faschisierung der Gesellschaft» arbeite. Unter anderem mit zivilem Ungehorsam solle das Ziel erreicht und der Parteitag verhindert werden. Stolz verkünden die Aktivisten am Samstag, man habe ein Hotel blockiert, so dass die dort untergebrachten Delegierten es nicht verlassen könnten. Die Menge johlt, als eine Aktivistin davon berichtet, und setzt ihre Reimarbeit fort: «Es gibt kein Recht auf Nazipropaganda!»

Darin nämlich sind sich die Demonstranten einig: Sie halten die AfD für eine faschistische Partei und leiten aus dieser These das Recht ab, den gesetzlich vorgeschriebenen Parteitag nicht nur stören, sondern verhindern zu wollen. Kämen weniger als die Hälfte der 600 Delegierten in die Grugahalle, wäre der Parteitag nicht beschlussfähig.

«Hau ihm auf die Schnauze!»

Man kann sich darüber streiten, inwieweit solche Massnahmen dem behaupteten Ziel dienen, dem Schutz der Demokratie. Fraglos jenseits des demokratisch Erlaubten bewegt sich jene Gewaltbereitschaft, die aus vielen der in den sonnigen Himmel über Essen skandierten Parolen spricht: «Solidarität muss praktisch werden, Feuer und Flamme den Abschiebebehörden.» Ein offenbar gehbehinderter Mann mit weissem Piratenbart sitzt auf einem Elektroroller und ruft einem aus dem Kessel in der Manfredstrasse herauskomplimentierten Delegierten «Hau ihm auf die Schnauze!» hinterher, lacht und schaut sich Beifall heischend um, als habe er gerade einen besonders guten Witz gemacht.

Die AfD will an diesem Wochenende nicht nur ihren Bundesvorstand neu wählen, sondern auch über ihre Europapolitik debattieren. Wie üblich bei der AfD sind lange Verfahrensstreitigkeiten und weltanschauliche Vorträge am Saalmikrofon zu erwarten. Dennoch versicherten die beiden Vorsitzenden Alice Weidel und Tino Chrupalla am Vorabend, sie rechneten mit keiner besonders kontroversen Veranstaltung. Weidel wünschte den Journalisten ein «tolles Wochenende». Chrupalla versprach, sie beide würden dazu beitragen, die Stimmung in der heissen Halle gegebenenfalls abzukühlen.

Für die Situation auf der Strasse dürfte das kaum gelten. Dort schallt es weiterhin laut und entschlossen «Hoch die internationale Solidarität!» oder «Say it loud and say it clear, refugees are welcome here!» Flüchtlings- und Klimaaktivisten stehen neben Antifa-Kämpfern, die mit der AfD auch gleich den Kapitalismus abschaffen wollen.

Bei den für Samstag anberaumten beiden Grossdemonstrationen trifft sich ein breiteres Bündnis, angeführt vom CDU-Bürgermeister der Stadt Essen, dessen Versuche, den Parteitag zu verhindern, vor Gericht scheiterten. Auch das katholische Bistum Essen wird vertreten sein. Generalvikar Klaus Pfeffer erklärte vorab, «Christinnen und Christen» gingen in Essen auf die Strasse, weil die «dumpfen und oft hasserfüllten Parolen, die rechtspopulistische und rechtsextreme Politikerinnen und Politiker verbreiten», der christlichen Nächstenliebe widersprächen.

Eröffnet wurde der Parteitag dann durch Alice Weidel mit lediglich dreissig Minuten Verspätung. Über 540 Delegierte sind in die Halle gekommen. Ein erstes Ergebnis dieses heissen Wochenendes lautet also: Der AfD-Parteitag wurde nicht verhindert.

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