LNG aus Russland: Neue EU-Sanktionen verbieten den Umschlag von russischem Flüssigerdgas
Adieu LNG: Diese Empfehlung des Senatsausschusses an den französischen Staat wird Präsident Emmanuel Macron wohl nicht gefallen.
Vor mehr als einem Jahr rief die EU-Kommission europäische Gasimporteure dazu auf, Lieferverträge zu Flüssigerdgas, kurz LNG, aus Russland zu beenden oder nicht zu verlängern. Doch geändert hat sich seitdem nicht viel. Jetzt hat die EU erstmals Sanktionen gegen Russland beschlossen, die bestimmte LNG-Lieferungen beeinträchtigen.
Russland ist es immer wieder gelungen, Rekordmengen an LNG in die Europäische Union zu liefern. Das zeigen Daten der Brüsseler Denkfabrik Bruegel. Der Import von russischem Flüssigerdgas in die EU hat sich 2023 demzufolge um 38 Prozent im Vergleich zum Vorkriegsjahr 2021 erhöht – rund 20 Prozent der Mengen werden sogar in Drittländer weiterverkauft. Die neuen Sanktionen sollen das jetzt einschränken. Das könnte Frankreich besonders treffen. Warum?
Frankreich sollte den Import von russischem Flüssigerdgas so schnell wie möglich verbieten, fordern französische Senatoren. Das ist eine große Forderung, denn Frankreich ist in diesem Jahr bisher Europas größter Importeur von russischem LNG. Das geht aus Daten des Thinktanks Centre for Research on Energy and Clean Air (CREA) hervor.
Obwohl die Lieferungen von russischem Gas nach Europa per Pipeline seit Russlands Invasion in der Ukraine im Jahr 2022 zum größten Teil versiegten, wurden die LNG-Lieferungen per Schiff fortgesetzt. Der französische Öl- und Gasgigant TotalEnergies transportierte das Gas aus sibirischen Feldern nach Frankreich. Und in den ersten drei Monaten dieses Jahres hat Frankreich im Vergleich zum Vorjahr mehr russisches LNG importiert als jedes andere EU-Mitglied. Seit Jahresbeginn hat das Land insgesamt circa 600 Millionen Euro an Russland gezahlt, heißt es.
Nachdem Lieferungen aus Katar einbrachen, importierte Frankreich in den letzten Monaten wieder mehr Brennstoff aus Russland. Zum Vergleich: Die Menge an Treibstoff, die in diesem Jahr aus Russland in Frankreich ankam, entspricht fast der Gesamtmenge für das gesamte Jahr 2023, heißt es auch bei der Nachrichtenagentur Bloomberg.
„Unser Land muss russisches Flüssigerdgas in die Energieprodukte aufnehmen, die unter die europäischen Sanktionen fallen, und den Import von russischem Flüssigerdgas so schnell wie möglich stoppen“, heißt es in einem nicht bindenden Bericht eines Ausschusses des französischen Senats unter Leitung von Mitgliedern der Oppositionsparteien. Mit anderen Worten: Sie wollen, dass Frankreich den Import von russischem LNG einstellt und EU-Sanktionen gegen den Kraftstoff durchsetzt.
Apropos Sanktionen: Bislang hat die EU den Import von LNG aus Russland zwar nicht verboten. Doch das neue Sanktionspaket sieht jetzt Einschränkungen vor. Die Maßnahmen im Rahmen des 14. Sanktionspaketes verbieten erstmals, russisches LNG über die EU in andere Länder weiterzuleiten.
Damit richten sie sich gegen die russische Schattentankerflotte und den Umschlag von verflüssigtem Erdgas in Drittländer. Es sind auch Umladedienste sowie der Transfer von Schiff zu Schiff und von Schiff zu Land inbegriffen. Häfen wie der im belgischen Zeebrügge können dann nicht mehr zur Verschiffung von russischem LNG in Drittstaaten genutzt werden.
Das soll dazu führen, dass Russland wegen mangelnder Transportkapazitäten weniger Flüssigerdgas verkaufen und weniger Geld in seinen Angriffskrieg stecken kann. Zudem treffen die Maßnahmen Unternehmen in Ländern wie China, die dem Kreml geholfen haben, frühere Handelsbeschränkungen zu umgehen.
Übrigens: Dass Einfuhren in die EU selbst weiterhin erlaubt sind, ist keine Überraschung. Andernfalls würde in Europa eine große Lücke bei der Gasversorgung entstehen. Immerhin hat die EU im Januar dieses Jahres fast 20 Prozent ihrer LNG-Importe aus Russland bezogen.
Der französische Senatsausschuss verlangt eine deutlich drastischere Vorgehensweise, als die Maßnahmen der EU vorsehen. Neben der Abkehr von russischem LNG fordern die Senatoren in ihrem Bericht, dass der französische Staat eine „Sonderaktie“ am Energieunternehmen TotalEnergies erwirbt, um dessen strategische Entscheidungen beeinflussen zu können. Dazu soll auch ein Vetorecht bei der Veräußerung von Vermögenswerten und großen Aktionärswechseln gehören. Der Hintergrund: TotalEnergies hatte Anfang des Jahres in Frankreich einen politischen Aufruhr ausgelöst, als Vorstandschef Patrick Pouyanné die Idee vorbrachte, die Hauptbörsennotierung des Unternehmens von Paris nach New York zu verlegen.
Insgesamt enthält der Bericht 33 Empfehlungen an den Staat. Die Regierung ist nicht verpflichtet, die Vorschläge zu akzeptieren, diese tragen jedoch zur Politikgestaltung bei. Immerhin wurde der Ausschuss eingerichtet, um die Mittel zu untersuchen, die dem französischen Staat zur Verfügung stehen, um sicherzustellen, dass TotalEnergies die Klimavorgaben erfüllt und die Ziele der französischen Außenpolitik im Blick hat.
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