Frankreich-Wahl: Ökonom warnt vor „gefährlicher Abwärtsspirale“ durch EZB-Käufe

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Je nach Wahlausgang in Frankreich könnte die Zentralbank zur Königsmacherin werden, fürchtet der renommierte Ökonom Robin Brooks. In einem Fall müsse die EZB aber eingreifen.

Was passiert an den Märkten, wenn sich bei der Wahl in Frankreich radikale Kräfte durchsetzen? Werden die französischen Staatsanleihen noch weiter im Kurs fallen, was dann auch Auswirkungen auf den Aktienmarkt haben dürfte? Am Donnerstag lag die Rendite der deutschen zehnjährigen Staatsanleihe bei knapp 2,5 Prozent. Französische Papiere mussten demgegenüber einen Risikoaufschlag von 0,7 Prozentpunkten bieten. Dieser wird auch „Spread“ genannt.

„Die EZB wird es richten“, ist Robin Brooks überzeugt, aber langfristig sei das eine schlechte Nachricht. Die Europäische Zentralbank sei in den vergangenen Jahren „immer aktiver ins Spread-Management eingestiegen“. Gemeint ist: Die Notenbank hat durch gezielte Käufe von Staatsanleihen die Unterschiede in den Renditen der Papiere aus verschiedenen Ländern eingeebnet, etwa von denen aus Deutschland und Italien.

Dadurch riskiere die EZB eine Schuldenkrise ähnlich wie die in Japan, warnt der renommierte Ökonom. Dort hat die Landeswährung Yen drastisch an Wert verloren, weil die japanische Notenbank durch massive Käufe von Staatsanleihen das Geldangebot erhöht hat. Wenn Europa so weitermache, könne das zu einer gefährlichen Abwärtsspirale an den Märkten führen.

Robin Brooks hat sich seit Jahren einen Namen als EZB-Kritiker gemacht. Der deutsche Ökonom bei der Brookings Institution in Washington hat der Notenbank immer wieder „versteckte Subventionen“ vorgeworfen. Die Ankäufe von Staatsanleihen würden vor allem die Regierung etwa Italiens finanziell unterstützen. In seinen früheren Positionen als Devisenexperte bei Goldman Sachs und als Chefökonom der Großbankenorganisation IIF hat Brooks viel Erfahrung mit der Analyse von Kapitalflüssen und Währungsverschiebungen gesammelt.

Der wahrscheinlichste Wahlausgang in Frankreich am Wochenende wäre aus seiner Sicht ein durchmischtes Ergebnis. Dabei würden weder die Rechts- noch die Linksparteien die Mehrheit stellen, aber auch nicht die Parteien der Mitte, die Staatspräsident Emmanuel Macron nahestehen. Er hat nach der Europawahl durch die Auflösung des Parlaments die Neuwahlen in Frankreich ausgelöst.

„Bei so einem Ergebnis gibt es zwei Jahre politischen Stillstand bis zur Präsidentschaftswahl“, sagt Brooks. Diese Situation hätten die Märkte bereits eingepreist, es würde daher nicht mehr zu einer nennenswerten Erweiterung der Spreads kommen. „Sollte sich allerdings die Linke oder die Rechte durchsetzen, wäre das ein Schock“, sagt er, dann dürften französische Staatsanleihen noch weiter unter Druck kommen.

„Steigende fiskalische und politische Risiken“

Das europäische Drama beschäftigt Firmen und Investoren weltweit. „Jedes Unternehmen, das Geschäft in Frankreich macht, verfolgt die Lage ganz genau“, sagte Christina Minnis, die die globalen Kreditfinanzierungen bei Goldman Sachs leitet, am Mittwoch auf einer Konferenz. „Früher hätten wir Wahlen in Frankreich nie verfolgt, aber jetzt ist das anders.“

Der unabhängige Kapitalmarktexperte Ed Yardeni in New York beobachtet mit Sorge „in ganz Europa eine Verschiebung hin zu Populismus und Protektionismus“, die aus seiner Sicht „steigende fiskalische und politische Risiken“ mit sich bringt und „die Preise europäischer Vermögenswerte belastet“. Benoit Anne, Anleiheexperte bei der US-Fongesellschaft MFS Investment Management, erklärt: „Anleger befürchten, dass die Haushaltsdisziplin nach den Wahlen weiter gelockert wird – und das in einem Land, das ohnehin für seine großzügige Schuldenpolitik bekannt ist.“

Dabei weisen die Prognosen keinesfalls auf eine Linksregierung hin, sondern auf einen Rechtsruck ähnlich wie bei der Europawahl. Er würde die umstrittene Politikerin Marine Le Pen mit ihrem Rassemblement National in die entscheidende Machtposition rücken.

Dadurch träte in Frankreich eine ähnliche Situation ein wie in Italien im Juli 2022. Damals war Mario Draghi als Regierungschef zurückgetreten, nach Neuwahlen hatte ihn die rechte Politikerin Giorgia Meloni abgelöst. An den Märkten lief das überraschend ruhig ab – aber, wie Brooks anmerkt, eben nur durch massive Eingriffe der EZB.

Brooks sagt: „Wenn ein Wahlsieg radikaler Kräfte die Märkte in Aufruhr setzt, müsste die EZB eingreifen, weil man ihr sonst vorwerfen wird, Königsmacherin zu sein, also zu entscheiden, wer regieren darf und wer nicht.“ Zu einer fiskalischen Dominanz, wie Fachleute den Einfluss der Finanz- auf die Geldpolitik nennen, käme dann noch eine politische Dominanz hinzu.

Verschuldung der Euro-Zone würde steigen

Wie eng Geld- und Finanzpolitik bereits zusammenhängen, hat sich seiner Meinung nach schon im März 2020 gezeigt. Damals hatte EZB-Präsidentin Christine Lagarde durch eine ungeschickte Bemerkung in einer Pressekonferenz den Eindruck erweckt, die EZB werde bei ausufernden Spreads nicht eingreifen. Das führte zu einer sprunghaften Ausweitung.

Inzwischen hat sie ein Instrument entwickelt, das ihr de facto jederzeit das Recht zu Eingriffen in den Anleihemarkt gibt. Es ist unter dem Kürzel TPI bekannt und sogar noch einfacher einzusetzen als das Vorgängerkonzept OMT, das nach der Euro-Krise 2012 unter Draghi als EZB-Chef eingeführt worden war.

Wir haben nicht die richtigen Entscheidungsträger.

Brooks glaubt, dass diese Instrumente langfristig zu einer immer stärkeren Verschuldung der Euro-Zone führen werden: Bei jeder Krise werde sie massiv Staatsanleihen einzelner Länder kaufen, und komme dann nicht mehr von einer weiteren Unterstützung des Status quo herunter.

Italien ist dafür abschreckendes Beispiel: Die Staatsverschuldung liegt bei 140 Prozent des Bruttoinlandprodukts, das jährliche Haushaltsdefizit bei über sieben Prozent. Die Regierung finanziert per Schulden einen „Superbonus“, der Hausbesitzern energetische Sanierungen zu 110 Prozent finanziert, also noch mehr als die Kosten bezahlt.

Heikles Spiel auch in den USA

Eine derartig großzügige Politik einzelner Länder, die indirekt über die EZB von allen anderen Ländern der Euro-Zone mitgetragen wird, ist aus Brooks Sicht auf Dauer nicht tragbar. Er erinnert daran, dass die AfD in Deutschland ursprünglich als Partei gegen den Euro gegründet wurde. Eine Rückkehr zu diesem Thema wäre ein erhebliches Risiko.

Seiner Meinung nach sollte die EZB größere Schwankungen im Kurs der Staatsanleihen durchaus zulassen. Denn nur so sei eine gewisse finanzpolitische Disziplin einzelner Länder durchzusetzen.

In der Praxis hält Brooks eine dahingehende Richtungsänderung allerdings für unwahrscheinlich. „Dafür haben wir nicht die richtigen Entscheidungsträger“, sagt er, und hat dabei den gesamten EZB-Rat im Blick. Er vermisst dort Anhänger einer weniger nachgiebigen Notenbankpolitik wie die ehemaligen Bundesbankpräsidenten Axel Weber und Jens Weidmann. Beide sind allerdings aus ihren Positionen ausgeschieden, weil sie keine Chance für eine härtere geldpolitische Linie sahen.

In den USA ist die Situation ähnlich verfahren. Brooks macht Sorgen, dass Finanzministerin Janet Yellen die ausufernde Verschuldung sehr kurzfristig finanziert – zu rund 80 Prozent. „Das ist ein heikles Spiel“, sagt er. „Das hat es bisher nur in akuten Krisensituationen gegeben, dann ist es auch in Ordnung. Aber nicht in einer Phase ohne aktuelle Krise“. Es sei „historisch ungewöhnlich, dass die Notenbank so stark auf den Zinsverlauf spekuliert“.

Yellen, die früher die US-Notenbank (Fed) geleitet hat, dürfte diese Strategie gewählt haben, weil sie auf Zinssenkungen der Fed nach den starken Erhöhungen zur Inflationsbekämpfung setzt. Wann es zu diesen auch von den Kapitalmärkten sehnlichst erwarteten Senkungen kommt, ist allerdings zurzeit schwer absehbar.

Für Brooks ist die kurzfristige Finanzierung aber auch ein Beleg dafür, dass es zu wenig Nachfrage „am langen Ende“ gibt, also bei Staatsanleihen mit Laufzeiten von zehn Jahren oder mehr. Er befürchtet, dass es hier durch die ausufernde Schuldenpolitik weltweit zu einem Ungleichgewicht kommt: zu viele Staatsanleihen im Angebot, zu wenig Käufer.

Das würde die Kurse drücken, die Renditen im Gegenzug hochtreiben und die Staatsfinanzierung noch teurer machen. Es würde also eine gefährliche Spirale in Gang gesetzt.

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