«Deutschland als Vorbild im Asylwesen? Gute Nacht, SVP!»

Weil die Mitte nicht mitmachte, sind SVP und FDP mit der Einführung von Bezahlkarten für Asylsuchende gescheitert. Daran ändert auch ein «Buebetrickli» nichts.

«deutschland als vorbild im asylwesen? gute nacht, svp!»

Ein Geflüchteter hält eine deutsche Asylsuchenden-Debitkarte. Die SVP will das System auch in der Schweiz einführen.

Die SVP versucht auf allen politischen Ebenen, die Bezahlkarte für Asylsuchende nach deutschem Vorbild einzuführen. Doch der Erfolg ist bescheiden. Der Bundesrat sagte Nein, der Aargauer Grossrat ebenso, und am Montag hat auch der Zürcher Kantonsrat das Ansinnen abgelehnt.

Daran änderte auch die Tatsache nicht, dass die FDP im Kantonsparlament – anders als die Kollegen im Bundeshaus – Ja sagte. Alle anderen Parteien lehnten die Einführung einer Bezahlkarte ab.

Die Grundidee von SVP und FDP: Asylsuchende sollten das Geld für den täglichen Bedarf wie Esswaren und Hygieneprodukte statt in bar auf einer Debitkarte ausbezahlt erhalten. Überweisungen ins Ausland sollten damit nicht möglich sein, Überweisungen im Inland eingeschränkt.

«Gute Erfahrungen» in Deutschland

Die Karte trenne «echte und missbräuchliche Flüchtlinge», sagte Christina Zurfluh Fraefel (SVP, Wädenswi). Denn sie verhindere, dass Menschen nur hierherkämen, um Geld in ihre Heimatländer schicken zu können. Ihr Niederglatter Parteikollege Stefan Schmid ergänzte, die Behörden müssten sicherstellen, dass die ausbezahlten Beträge nicht an Schlepperbanden fliessen.

Mehrere Rednerinnen und Redner verwiesen auf Deutschland, wo die Bezahlkarte für Geflüchtete auf den 16. Mai dieses Jahres eingeführt worden ist. Das sei «zur Abwechslung mal eine interessante Idee aus Deutschland», sagte Linda Camenisch (FDP, Wallisellen). Erste Landkreise hätten bereits gute Erfahrungen gemacht.

Was unter «guten Erfahrungen» zu verstehen ist, schilderte SVP-Präsident Domenik Ledergerber (Herrliberg) so: «In Thüringen reisten nach der Einführung der Bezahlkarte Dutzende Asylsuchende ab. Das ist es, was wir wollen.»

Teuer und bürokratisch

Das Beispiel Thüringen griff auch Alan Sanginés (SP, Zürich) auf. So positiv sei dieses nun auch wieder nicht: «Der Verwaltungsaufwand ist riesig. Und jede Karte kostet sechs Euro pro Ausstellung und einen Euro pro Aufladung.» Auf den Kanton Zürich umgerechnet, würde das System etwa eine Million Franken pro Jahr kosten.

Andrea Gisler (GLP, Gossau) erinnerte daran, dass die Ausgangslage in Deutschland eine ganz andere sei als in der Schweiz. Tatsächlich wurde die Bezahlkarte in Deutschland nur als zusätzliche Möglichkeit eingeführt, wie Leistungen an Asylsuchende ausgerichtet werden können. Die konkrete Ausgestaltung ist den Bundesländern überlassen.

Lisa Letnansky (AL, Zürich) argumentierte grundsätzlicher: Es sei «frech», Asylsuchenden vorschreiben zu wollen, wie und wo sie einkauften. Ohne Bargeld leben zu müssen, sei demütigend und ausgrenzend. «Die Schweiz könnte hier ein Zeichen setzen, indem sie bei diesem vulgären Wettbewerb, wer Asylsuchende am schlechtesten behandelt, nicht mitmacht.»

Schlicht als «Rohrkrepierer» bezeichnete Josef Widler (Mitte, Zürich) die Idee. Die Karte verhindere nicht, dass Geld zweckentfremdet werde: «Diese Leute sind auf gefährlichen Routen zu uns geflüchtet und haben sich durchgeschlagen. Sie fänden auch Mittel und Wege, die Einschränkungen zu umgehen.»

Das Thema bleibt auf der Agenda

Gegen die Bezahlkarte stellte sich auch der Regierungsrat. «Deutschland als Vorbild im Asylwesen?», fragte Sicherheitsdirektor Mario Fehr (parteilos). «Dann gute Nacht, SVP!» Deutschland sei im Asylwesen «ein Failed State, da geht gar nichts mehr». Natürlich habe auch die Schweiz Probleme im Asylwesen, aber diese seien im Vergleich zu Deutschland überschaubar und mit raschen Verfahren lösbar.

Der erste Vorstoss, eine Motion, scheiterte schliesslich mit 94:77 Stimmen. Aber die beiden Parteien hatten vorgesorgt und gleichzeitig eine parlamentarische Initiative eingereicht – ein einmaliger Vorgang im Kantonsrat, den die Gegenseite als «Buebetrickli» bezeichnete. Damit fuhren die Bürgerlichen doch noch einen Mini-Erfolg ein. Denn die 60 Stimmen, die es für eine vorläufige Überweisung braucht, erreichten die beiden Parteien locker.

Worauf die SVP in einer Medienmitteilung titelte, die Initiative sei «überwiesen worden». Doch spätestens wenn es um die definitive Unterstützung geht, dürfte der Vorstoss abgelehnt werden. Für diesen Fall hat die Partei bereits mit einer Volksinitiative gedroht.

Starten Sie jeden Tag informiert in den Tag mit unserem Newsletter der Morgen. Melden Sie sich hier an.

OTHER NEWS

4 hrs ago

Experte kritisiert Provenienzforschung der Bührle-Sammlung

4 hrs ago

NGO blockieren präventive Regulierung: Während sich fünf Richter beraten, reisst das Wolfsrudel über 50 Nutztiere

4 hrs ago

YB strebt unter Patrick Rahmen den ersten Titel an

4 hrs ago

Solltest du ohne Sonnencreme sünnelen, um Vitamin D zu tanken?

4 hrs ago

Er ist selbst Pilot: Das ist der neue Swiss-Chef

4 hrs ago

LeBron James könnte bald Seite an Seite mit Sohn Bronny spielen

4 hrs ago

«Da bewegten sich nur noch die Augäpfel»

4 hrs ago

Nordkoreaner soll hin­ge­richtet worden sein, weil er K-Pop hörte

4 hrs ago

Argentiniens Präsident Milei bringt Reformpaket durch den Kongress

4 hrs ago

Auto mit zwei Gesichtern: Warum schwächelt BMW M4 GT3 im Qualifying?

5 hrs ago

Die Fussballmuffel schicken Bundeskanzler Rossi an EM-Knüller gegen Italien: Bundesrat lässt Schweizer Nati links liegen

5 hrs ago

Onkel verblüfft mit Aussage nach Knie-Verletzung: Wurde Novak Djokovic gar nicht operiert?

5 hrs ago

Lindenhof kann neben dem Pferdezentrum planen

5 hrs ago

Milchpreis, Flüchtlinge, Bahn: Das ändert sich im Juli in der Schweiz

5 hrs ago

Mann stirbt bei Forstarbeiten im Tösstal

5 hrs ago

Warnung auf Speisekarte: Dreckige Serviette kostet bei Berner Restaurant 4 Franken extra

5 hrs ago

Weniger ist manchmal mehr: Wie viele Nudeln braucht man pro Person?

5 hrs ago

Swiss ernennt Jens Fehlinger zum neuen CEO

5 hrs ago

KOF-Barometer steigt im Juni leicht an

5 hrs ago

Eine Mehrheit begrüsst Gebührensenkung bei der SRG

5 hrs ago

Shifty Shellshock an einer «versehentlichen Überdosis» gestorben

5 hrs ago

KOMMENTAR - Stunde der Wahrheit für die Demokraten: Biden ist nicht fähig zu einer zweiten Amtszeit

5 hrs ago

SNB hat erstmals seit Mitte 2022 wieder Devisen gekauft

6 hrs ago

Bei Auktion: Prinzessin Dianas Outfits bringen Millionen ein

6 hrs ago

Zeitfracht will Beteiligung an Adler Modemärkte verkaufen

6 hrs ago

Insider - Ölkonzern Saudi-Aramco kauft sich bei Auto-Zulieferer Powertrain ein

6 hrs ago

Partydroge Lachgas: Ärzte warnen vor fatalen Folgen

6 hrs ago

Sergio Perez hat sich "ein wenig verirrt" in der Formel 1

6 hrs ago

SNB hat erstmals seit Mitte 2022 wieder Devisen gekauft

6 hrs ago

Was wird nun aus den Einkaufszentren der Migros?

6 hrs ago

Schweiz und USA tauschen künftig gegenseitig Finanzdaten aus

7 hrs ago

Schweizer mischen beim NHL-Draft mit: Welcher Klub schnappt sich EVZ-Juwel Leon Muggli?

7 hrs ago

FDP-Burkart will inklusive Schulen abschaffen – jetzt hagelt es Kritik

7 hrs ago

Blessin folgt bei St. Pauli auf Hürzeler

7 hrs ago

Marine gibt Tsunami-Warnung heraus: Erdbeben der Stärke 7,2 erschüttert Peru

7 hrs ago

Ausgaben im Tourismus steigen über Rekordwerte von 2019

7 hrs ago

Lidl contra Migros

8 hrs ago

Ukraine-Söldner Jona Neidhart (36) ist auch in der Heimat nicht sicher: Steht dieser Schweizer auf einer russischen Todesliste?

8 hrs ago

So geht’s ganz ohne Nudeln: leckere Toast(brot)-Lasagne

8 hrs ago

Die EU-Staaten nominieren Ursula von der Leyen für eine zweite Amtszeit – nur Viktor Orban war dagegen und Giorgia Meloni schmollte