NGO blockieren präventive Regulierung: Während sich fünf Richter beraten, reisst das Wolfsrudel über 50 Nutztiere

ngo blockieren präventive regulierung: während sich fünf richter beraten, reisst das wolfsrudel über 50 nutztiere

Ein Wolf im Augstbord-Gebiet im Oberwallis, aufgenommen im November 2016 durch eine Fotofalle der Gruppe Wolf Schweiz. GWS / Keystone

Schweizer Umweltverbände wollen sich mit dem Entscheid des Parlaments, den Wolf fortan auch präventiv zu regulieren, nicht abfinden. Kaum hatte die Wildhut in den betroffenen Kantonen Graubünden und Wallis im vergangenen Dezember damit begonnen, in die stark wachsenden Wolfsbestände einzugreifen, wurde Beschwerde erhoben.

Die Nichtregierungsorganisationen (NGO) Pro Natura, WWF sowie der Schweizer Vogelschutz wollten verhindern, dass in den beiden Bergkantonen ein halbes Dutzend Wolfsrudel entfernt werden. 2023 zählte man in der Schweiz 32 Rudel und rund 300 Wölfe, Tendenz exponentiell steigend.

In Visperterminen schleichen Wölfe um die Häuser

Nun haben fünf Richter am Bundesverwaltungsgericht entschieden, sie seien die falschen Adressaten, auf die Beschwerde der Verbände sei gar nicht erst einzutreten. Gegen die Zustimmungsverfügung des Bundesamtes für Umwelt (Bafu) könne keine Verbandsbeschwerde erhoben werden, heisst es im Urteil vom 17. Juni.

Das von den Eidgenössischen Räten revidierte und Ende 2022 beschlossene Jagdgesetz sieht vor, dass die Kantone die Regulierungsmassnahmen beschliessen, vorher aber die Zustimmung des Bafu einholen müssen. Das Bafu prüft die kantonalen Massnahmen mit den Anforderungen des Artenschutzes.

Das Parlament hatte bei der erneuten Revision des Jagdgesetzes die prozedurale Stellung des Bafu gestärkt, nachdem in der vorgängigen Reform, die 2020 an der Urne gescheitert war, lediglich eine Anhörung durch die Bundesbehörde vorgesehen war. Gleichwohl habe die Zustimmung des Bafu «nicht den Charakter eines Entscheids mit länger andauernder Wirkung», schreibt das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil.

Die Kantone allein seien zuständig für die Entscheidung über eine Regulierung. Das Gericht verweist die NGO mit ihren Beschwerden denn auch an die kantonalen Beschwerdeinstanzen. Diese sollen beurteilen, ob die jeweiligen Regulierungsverfügungen der Kantone mit dem neu revidierten Jagdgesetz konform sind.

Dieses sieht erstmals seit der Rückkehr des Wolfes vor dreissig Jahren vor, dass die Bestände reguliert werden dürfen, um – präventiv – «das Eintreten eines Schadens oder einer Gefährdung von Menschen zu verhindern». Es ist ein Paradigmenwechsel in der Wolfspolitik, die die NGO nicht haben kommen sehen. Zumindest haben sie im Frühjahr 2023 die Referendumsfrist verstreichen lassen. Zur gleichen Zeit hat mit Albert Rösti ein SVP-Bundesrat das zuständige Umweltdepartement übernommen.

Die entsprechende Verordnung schickte er im Rekordtempo durch die Vernehmlassung, damit man so schnell wie möglich Schäden hätte verhindern können. Erst in der abgelaufenen Sommersession hat er das in der Zwischenzeit viel kritisierte Schnellverfahren erneut verteidigt und sein Vorgehen bestärkt. «Ich sage Ihnen ganz offen», sagte Rösti im Ständerat, «ich möchte nicht Umweltminister sein, wenn plötzlich ein erwachsener Mensch oder ein Kind angegriffen wird.»

Abwegig sind Röstis Sorgen keineswegs, wie sich am Beispiel von Visperterminen zeigt. Seit Monaten streunen Wölfe nachts um die Häuser, dort, wo tagsüber Kleinkinder spielen. Die Bewohner sind verunsichert, die Züchter verärgert und frustriert. Die Region rund um das Oberwalliser Bergdorf liegt im Streifgebiet des Nanztal-Rudels. Laut dem «Walliser Boten» sind hier seit Jahresbeginn 18 Wolfsangriffe gezählt worden. 27 Schafe und Ziegen sind dabei in geschützten Situationen gerissen worden, 25 Tiere in ungeschützten.

Beschwerde auch gegen Entscheid des Kantons

Besonders bitter für die Betroffenen ist der Umstand, dass Pro Natura, WWF und der Schweizer Vogelschutz und mit ihnen die Richter dafür gesorgt haben, dass das Nanztal-Rudel trotz der offensichtlichen Gefahr nicht entnommen werden durfte. Anfang Jahr hat ein einzelner Instruktionsrichter entschieden, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung nicht zu entziehen. Dadurch konnte das Rudel in der ersten Regulierungsperiode, die von Dezember bis Januar dauerte, kaum dezimiert werden.

Das heute, sechs Monate und über 50 tote Nutztiere später veröffentlichte Gerichtsurteil öffnet in seiner Klarheit weiteren Spekulationen Tür und Tor. Mussten die NGO nicht von Beginn an davon ausgehen, dass ihre Beschwerde vor dem Bundesverwaltungsgericht chancenlos war? Ging es ihnen vor allem darum, die präventive Wolfsregulierung zu verzögern?

In einer Stellungnahme hält Pro Natura fest, dass es beim Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts lediglich um eine «prozessuale Vorfrage» handle. Den Umweltverbänden sei es wichtig, dass die «inhaltlichen Fragen» der Beschwerde bald geklärt werden. Was genau damit gemeint ist und welche materiellen Aspekte sie an den kantonalen Regulationsverfügungen beanstanden, lässt Pro Natura offen.

Klar ist, dass die NGO zweispurig fahren. Die Verbände haben zu Beginn der Wolfsregulation nicht nur Beschwerde gegen die Vormeinung des Bafu erhoben. Auch bei den kantonalen Instanzen sind sie schon längst vorstellig geworden – noch bevor es ihnen das Bundesverwaltungsgericht mit diesem Urteil nahelegen musste. Diese sind bei den Kantonsregierungen hängig und dürften nun neu aufgenommen werden. Möglich ist aber auch, dass die Verbände das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts an das Bundesgericht weiterziehen.

Wie sich die Blockierungsstrategie der NGO auf die weitere Ausführung des Jagdgesetzes auswirkt, wird sich noch zeigen. Im Sommer werden die Kantone die Verfügungen für die anstehende Regulierungsperiode eingeben. Diese wird fortan immer zwischen September und Januar stattfinden - mit Aussicht auf eine Wiederholung des Katz-und-Maus-Spiels zwischen den Verbänden und den Betroffenen.

OTHER NEWS

7 hrs ago

Europäisches Luftverteidigungssystem «Sky Shield»: Bundesrat will Parlament nicht mitreden lassen

7 hrs ago

Grösste Gefahr am nächsten Wochenende: Prognosen zeigen bereits die nächsten Gewitter

7 hrs ago

Intrige in Strassburg – Gefahr für den Europarat?: Selenskis Störmanöver gegen Berset

7 hrs ago

Lange Wartezeiten auf der Südseite des Gotthard-Strassentunnels

8 hrs ago

Armee hilft mit Super-Puma-Helikoptern in den Unwettergebieten

8 hrs ago

Klette: Meinungen Von Ernährungsexperten, Gesundheitsrisiken Und Mehr

8 hrs ago

Gewitter in Dortmund – darum forderten die Dänen so vehement einen Spielunterbruch

8 hrs ago

Rainer Maria Salzgeber zwischen EM und «Donnschtig-Jass»: «Die Deutschen denken, wir spinnen»

8 hrs ago

Norwegischer Staatsfonds: Norges hält Schweizer Investments im Wert von 35,5 Milliarden

8 hrs ago

Im Dorfkern von Andelfingen brannte ein Riegelhaus

9 hrs ago

Tipps für Bergfans: Wie sicher ist Wandern wirklich?

9 hrs ago

Ist der Videoassistent insgeheim Deutscher? Zwei Entscheidungen beim Achtelfinaleinzug bringen den Gegner Dänemark in Rage

9 hrs ago

«Schrecklich und unfähig»: Italien fällt über sein Nationalteam her

9 hrs ago

Bist du zu viel am Handy? Diese 4 Airbnbs ändern das garantiert

9 hrs ago

EVZ-Talent Muggli in 2. Runde gedraftet – Schmid und Moser innerhalb der NHL getradet

9 hrs ago

So wild feiert Basel das Schweizer Fussballmärchen

10 hrs ago

Jetzt hat es Vargas allen gezeigt – für 4 Schweizer könnte die EM zum Sprungbrett werden

10 hrs ago

Königin Camilla dankt den Soldaten, König Charles posiert in Uniform

10 hrs ago

Auf wen trifft die Schweiz jetzt im Viertelfinal?

11 hrs ago

Fan bricht Tschechen Zähne ab: Bardet gewinnt erste Etappe der Tour de France

11 hrs ago

Richtige Entscheide und "Luxus-Kopfschmerzen"

11 hrs ago

Der Klimawandel setzt Strassen und Schienen zu, unsere Verkehrsinfrastruktur ist darauf noch nicht vorbereitet

11 hrs ago

Villers-Cotterêts: Hier regiert schon die Le-Pen-Partei

11 hrs ago

Sonderkommando holt Mann vom Stadiondach

11 hrs ago

Im oberen Maggiatal fallen 200 Liter Regen pro Quadratmeter

11 hrs ago

Andreas Caminada wird Serienstar im Streaming-TV

11 hrs ago

Schwere Gewitter wüten über Deutschland - EM-Spiel unterbrochen

11 hrs ago

Völlig losgelöst - Deutschland fliegt in die Viertelfinals

12 hrs ago

Festnahme in Amriswil TG: Deutscher (54) bedroht Jugendliche mit Waffe

13 hrs ago

Zuschauerprobleme bei der Rallye Polen: "Sie wollen ihr Leben riskieren"

13 hrs ago

Verschmutztes Trinkwasser in Teilen des Tessins

13 hrs ago

Norges hält Schweizer Investments im Wert von 35,5 Milliarden

13 hrs ago

Biden macht nach TV-Debakel weiter Wahlkampf und trifft Familie

13 hrs ago

Rundfahrt in der Slowakei: Schmid übernimmt Gesamtführung

13 hrs ago

Kartell am Arbeitsmarkt oder Lohnschutz? Die Wirtschaft ist sich bei den GAV uneinig

13 hrs ago

Was geht im Kopf eines Teenagers ab? Wie vereinbart ein Meisterschurke Familie und Karriere? «Despicable Me 4» und «Inside Out 2» sind knallbunter korrekter Spass

13 hrs ago

Mao Zedong führte in China ein blutiges soziales Experiment durch. Millionen von Menschen starben an Hunger und Gewalt

14 hrs ago

So, und jetzt ergötzen wir uns am Leid der italienischen Medien

14 hrs ago

Ungarns Ratspräsidentschaft - Orban will EU wieder "grossartig machen"

15 hrs ago

«Arrivederci, Italia!» - «Die Schweiz spaziert zum Sieg»