«West Wing» gegen «House of Cards»: Das sind Joe Bidens Optionen

«west wing» gegen «house of cards»: das sind joe bidens optionen

Joe Biden House of Cards West Wing

Die beiden legendären TV-Serien nehmen die Zukunft des Präsidenten voraus.

Zwischen 1999 und 2006 strahlte die amerikanische TV-Station NBC «The West Wing» aus. Die von Aaron Sorkin getextete Serie wurde bald von Preisen überhäuft, erhielt Kultstatus und gilt heute als Mutter aller modernen Polit-Serien. (Sie ist wirklich saugut.) Alles dreht sich dabei um einen fiktiven Präsidenten (Martin Sheen) und seinen Stab, der bekanntlich im West Wing des Weissen Hauses arbeitet.

Typisch für «The West Wing» sind die sehr raschen, meist witzigen Dialoge und die Tatsache, dass zwar immer wieder heftig gefightet, am Schluss jedoch ein Konsens gefunden wird. Obwohl der fiktive Präsident ein Demokrat ist, kommen auch die Republikaner immer wieder gut weg, und selbst zwei – Ruth Bader-Ginsburg und Antonin Scalia nachempfunden – oberste Richter vertragen sich schliesslich bestens.

Wegen seines Optimismus wird «The West Wing» heute als völlig unrealistisch eingeschätzt. Angesichts des Hasses, der zwischen Demokraten und Republikanern herrscht und der Tatsache, dass gar immer wieder von einem neuen Bürgerkrieg die Rede ist, gelten die Episoden zwar in der Fiktion als brillant, in der Realität jedoch als hoffnungslos naiv.

«west wing» gegen «house of cards»: das sind joe bidens optionen

Verkörpert das Böse der amerikanischen Politik: Kevin Spacey in «House of Cards».

Ganz anders «House of Cards». Die erstmals 2013 von Netflix ausgestrahlte Serie zeichnet ein düsteres Bild der amerikanischen Politik. Ein von Kevin Spacey meisterhaft gespielter Politiker arbeitet sich vom Speaker des Abgeordnetenhauses ins Oval Office des Weissen Hauses hinauf. Unterstützt von seiner eiskalten Frau (Robin Wright) schreckt er vor keiner Schandtat, ja gar vor Morden, die er teilweise eigenhändig ausführt, nicht zurück. In «House of Cards» sind Empathie und Konsens Fremdwörter, es geht einzig um Macht und Einfluss.

Was haben die beiden TV-Serien mit der Aktualität der amerikanischen Politik am Hut? Diejenigen, die Präsident Joe Biden auffordern, nach seinem katastrophalen Auftritt in der Debatte zurückzutreten, setzen auf ein «West Wing»-Szenario. Das sähe dann konkret wie folgt aus:

Biden und seine Vize Kamala Harris geben beide ihren Verzicht auf eine Kandidatur bekannt. Am Parteitag der Demokraten im August sind die von Biden bereits in den Primärwahlen gewonnenen Delegierten daher frei, für einen anderen Kandidaten oder eine andere Kandidatin zu stimmen.

Im Vorfeld dieses Parteitages wird heftig darum gerungen, wer das Duo Biden/Harris ersetzen soll. Die Kandidaten dafür sind mittlerweile bekannt: Gretchen Whitmer, Gavin Newsom, Josh Shapiro etc. Allen wird die notwendige Kompetenz zugetraut. Am Ende des Parteitages einigen sich die Delegierten auf einen neuen Kandidaten, schliessen die Reihen und singen Kumbaya. Damit sind die Voraussetzungen geschaffen, eine Rückkehr von Donald Trump ins Weisse Haus zu verhindern und die amerikanische Demokratie zu retten. Sorkin hätte das nicht besser schreiben können.

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Wie lange sind sie noch ein Team: Joe Biden und Kamala Harris.

Ganz anders das «House of Cards»-Szenario. Das sieht wie folgt aus: Biden erklärt seinen Rücktritt. Sofort brechen in der demokratischen Partei übelste Machtkämpfe aus. Die Schwarzen wollen nicht akzeptieren, dass Kamala Harris ausgebootet wird. Die Vertreter des Mittleren Westens können sich nicht mit dem Kalifornier Newsom anfreunden, Gretchen Whitmer wird als Frau nicht zugetraut, sich gegen den Macho Trump zu behaupten etc.

Kurz: So miserabel Bidens Auftritt bei der Debatte auch war, ein Rücktritt würde alles noch schlimmer machen. Zum Entzücken der Republikaner würden sich die Demokraten selbst zerfleischen und so Trump den Weg ins Oval Office frei machen.

Wer spricht sich wofür aus? Das «West Wing»-Szenario wird von allen bedeutenden US-Medien unterstützt. «New York Times», «Financial Times», «Washington Post», «New Yorker» – you name it –, alle beschwören Biden, zurückzutreten. «So wie es derzeit ausschaut, lässt sich der Präsident auf ein rücksichtsloses Spiel ein», stellt beispielsweise die «New York Times» in einem Leitartikel fest. «Es gibt Persönlichkeiten bei den Demokraten, die bessere Voraussetzungen haben, eine überzeugende und energische Alternative zu einer zweiten Amtszeit von Trump anzubieten.»

«west wing» gegen «house of cards»: das sind joe bidens optionen

Plädiert für einen Biden-Rückzug: Ezra Klein, Kolumnist bei der «New York Times».

Ezra Klein, der aufstrebende Polit-Star bei «New York Times», will auch die Partei in die Pflicht nehmen. «Weil sie sich strategisch verhalten haben, befinden sich die Demokraten seit 2018 auf Siegeskurs, während die Republikaner impulsiv handeln», so Klein. «Aber die gleichen Demokraten getrauen sich nicht, das Richtige zu tun, wenn Biden zurücktritt.»

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Kleins Stimme ist wichtig, weil er schon im Frühjahr einen Rücktritt Bidens gefordert hatte. Der überzeugende Auftritt des Präsidenten bei der «State of the Union»-Rede liess ihn danach zaudern. Doch jetzt verweist er darauf, dass es keinen risikolosen Ausweg auf dem Schlamassel gebe, und dass eine Wahl am Parteitag auch eine Chance darstelle, nämlich die Möglichkeit für «eine Wahl, welche die Demokraten wieder aufladen, und die Wähler wieder erregen würde, die das Gefühl haben, derzeit keine gute Option zu haben».

Zur «House of Cards»-Variante neigt – zumindest vorläufig – das gesamte Partei-Establishment der Demokraten. Ob Barack Obama, Chuck Schumer, Nancy Pelosi, sie alle sprechen von einem Unfall, aber auch davon, dass noch gar nichts verloren sei. Ihre Reaktion erinnert an das denkwürdige Zitat der Schweizer Langstreckenläuferin Anita Weyermann, die nach einer Niederlage erklärt hatte: «Gring abe u seckle.» Biden sei noch längst nicht geschlagen, so der Tenor seine tapferen Anhänger.

Der Präsident will ebenfalls weitermachen. In einer kämpferischen Rede erklärte er am Freitag: «Ich bin kein junger Mann mehr. Ich laufe nicht mehr leichtfüssig, ich spreche nicht mehr elegant und ich debattiere nicht so gut wie einst. Aber ich weiss, was ich weiss. Ich weiss, wie man die Wahrheit sagt. Ich kann gut und schlecht voneinander unterscheiden. Und ich weiss, wie ich meinen Job machen muss.»

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Gibt sich nach wie vor kämpferisch: Präsident Joe Biden.

Ob es nützen wird? Eine erste Umfrage von CBS News hat ergeben, dass 45 Prozent der demokratischen Wähler sich wünschen, Biden würde zurücktreten. Bloss 27 Prozent glauben, dass er die geistige Fitness für den Job noch hat.

Bei dieser Umfrage handelt es sich um eine Momentaufnahme. In den nächsten Tagen werden weitere folgen. Sollten diese Umfragen für Biden so schlecht ausfallen wie sein Auftritt bei der Debatte, dann wird es sehr eng werden für den Präsidenten. David Remnick, Chefredaktor des Magazins «New Yorker», legt ihm bereits ein Zitat von Mark Twain ans Herz. Dieser hat kurz vor seinem Tod geschrieben: «Es ist bedauerlich, dass wir alle so jämmerlich enden, aber wir alle müssen es tun.»

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