Er hat den halben Spruch gesagt, doch wird für den ganzen bestraft: Björn Höcke erneut wegen Nazi-Parole verurteilt
Björn Höcke betritt am Montag den Gerichtssaal in Halle an der Saale. Dts Nachrichtenagentur / Imago
fei./phg. Der Thüringer AfD-Chef Björn Höcke ist erneut wegen einer Nazi-Parole schuldig gesprochen werden. Das Landgericht Halle verurteilte ihn zu einer Geldstrafe von 130 Tagessätzen zu je 130 Euro. Eine Revision gegen das Urteil ist möglich.
Die Staatsanwaltschaft hatte den AfD-Politiker angeklagt, weil er bei einem Stammtisch seiner Partei mit rund 350 Teilnehmern im thüringischen Gera im vergangenen Dezember die verbotene SA-Parole «Alles für Deutschland» angestimmt haben soll. Er sprach die ersten beiden Worte und animierte laut Anklage durch Gesten das Publikum, den Spruch zu vervollständigen.
Höcke hält sich für unschuldig. Seine Anwälte argumentierten, dass die SA-Parole auch in anderen historischen Perioden und nach der NS-Zeit verwendet worden sei. Der Vorsitzende Richter Jan Stengel hielt jedoch fest, dass die Parole unstrittig als SA-Leitspruch bekannt sei. Stengel sagte, im Video von der Rede sei keine ablehnende Haltung Höckes zu erkennen, «sondern eher mimische Zustimmung». Höcke habe gewollt, dass alle den Spruch vervollständigen. Er habe die Grenzen des Sagbaren ausgetestet.
Im Mai dieses Jahres war Höcke bereits für die Verwendung derselben Parole in Merseburg im Mai 2021 ebenfalls zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu je 130 Euro verurteilt worden.
Die Verwendung der Parole «Alles für Deutschland» wurde in Deutschland bisher nur einmal bestraft. Im Jahr 2006 verurteilte das Oberlandesgericht Hamm einen jungen Neonazi zu sechs Monaten Haft ohne Bewährung, weil er die Parole gerufen hatte. Allerdings hatte der Mann zusätzlich eine Körperverletzung begangen, indem er eine 16-Jährige schlug, und zuvor schon einen Dauerarrest wegen Volksverhetzung abgesessen. Das Amtsgericht als Vorinstanz hatte die Parole als Kennzeichen einer verbotenen verfassungswidrigen Organisation eingestuft.
Der Angeklagte Björn Höcke mit seinen Verteidigern Florian Gempe ;(r.) und Ralf Hornemann. Jens Schlueter / Reuters
Eben diese Eigenschaft als «Kennzeichen» zweifelten Höckes Anwälte an. Sie stellten viele Beweisanträge zur Auswertung historischen Materials, um zu belegen, dass dem Spruch keine besondere Bedeutung zukomme.
Weil die Prüfung der Beweisanträge mehr Zeit beanspruchte als vorgesehen, kam das Gericht mit den zwei ursprünglich angesetzten Verhandlungstagen nicht aus und verhandelte daher ausserplanmässig auch noch am Montag.
Gegen Höcke steht noch ein Prozess wegen Volksverhetzung am Landgericht im thüringischen Mühlhausen an. Hierfür steht nach Auskunft eines Gerichtssprechers noch kein Termin fest. Inhaltlich geht es um einen Post auf Telegram, in dem Höcke sinngemäss den Islam als Volkskrankheit und die Migration als «alltäglichen Verdrängungskrieg» bezeichnet und Muslimen unterstellt, ihre ungläubigen Gastgeber für «lebensunwertes Leben» zu halten.
Höcke ist Spitzenkandidat der AfD in Thüringen zur Landtagswahl am 1. September und strebt das Amt des Ministerpräsidenten an. Sein Landesverband wird vom Landesverfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft.