Varga nach Zusammenprall in stabilem Zustand – Captain Szoboszlai erhebt schwere Vorwürfe
Verhüllt von Tüchern wird Varga nach minutenlanger Behandlung auf der Trage abtransportiert.
Der Zustand des ungarischen Stürmers Barnabas Varga hat sich stabilisiert. Der 29-Jährige zog sich beim 1:0-Sieg gegen Schottland nach einem Zusammenprall mit Torhüter Angus Gunn eine Fraktur unterhalb des Auges zu. Erst nach minutenlanger Behandlung hinter aufgespannten Tüchern konnte er vom Platz gebracht werden.
Schottland-Keeper Gunn trifft Varga mit dem Unterarm im Gesicht.
Die EM ist für Varga auf jeden Fall vorbei – selbst wenn Ungarn als Gruppendritter noch weiterkommen sollte. Ungarns Verband teilte in der Nacht auf Montag mit, dass Varga mehrere Brüche im Gesicht plus eine Hirnerschütterung erlitt, und dass er operiert werden muss.
Varga war nach einem Zusammenprall mit dem schottischen Goalie Angus Gunn eine Viertelstunde vor Schluss bewegungs- und bewusstlos auf dem Platz liegengeblieben. Im Stadion und am TV wurden sofort Erinnerungen an den Fall des Dänen Christian Eriksen, der an der EM vor drei Jahren mitten im Spiel einen Herzstillstand erlitt. Viele Zuschauer waren schockiert. Einige Mannschaftskollegen wie Liverpools Szoboszlai hatten Tränen in den Augen.
Vorwürfe von Szoboszlai
Als die Partie kurz darauf wieder angepfiffen wurde, gab es zunächst Pfiffe, wohl aufgrund der Entscheidung, die Partie ohne Pause und Kenntnis des Gesundheitszustands fortzusetzen. Nach der Partie gab es wegen der langen Behandlung zudem Vorwürfe aus dem ungarischen Lager: Captain Dominik Szoboszlai bemängelt, dass es viel zu lange gedauert habe, bis Varga auf dem Platz versorgt worden sei.
«Ich war einer der Ersten, der da war. Ich war selbst schockiert, ich habe probiert, ihn auf die Seite zu tun, was eigentlich die beste Sache ist in solchen Situationen, die man machen kann. Er versuchte aufzusitzen, hat aber nicht richtig Luft bekommen. Wir sagten ihm, er solle liegenbleiben», erklärte der Liverpool-Spieler beim deutschen Magenta TV. «Ich hab keine Ahnung, was mit dem Protokoll ist, ob die Leute nicht auf den Platz rennen dürfen, wenn wir Hilfe brauchen, aber ...»
Ungarn-Captain Szoboszlai ist einer der ersten beim verletzten Varga.
Der Reporter stellte deshalb die Frage: «Ging es Ihnen nicht schnell genug?» Szoboszlais Antwort: «Ich denke nicht. Man hat gesehen, dass es ein riesiges Problem ist. Jeder ist gelaufen, ich bin gelaufen – die Sachen bringen Sekunden. Es ist nicht meine Entscheidung, aber wir müssen daran etwas ändern. Das muss schneller gehen, viel schneller. Jeder weiss, dass Sekunden was bringen.» Er wolle aber niemandem die Schuld zuschieben.
Auf den TV-Aufnahmen war deutlich zu sehen, wie die Trage im Schritttempo auf den Platz gebracht wurde. Daher sprintete Szoboszlai zu den Sanitätern und fasste mit weiteren Spielern an, die Trage schneller zu Varga zu bringen. Zuvor dauerte es etwas, bis die Sanitäter überhaupt die Erlaubnis bekommen hatten, das Feld zu betreten. Zunächst waren die Team-Ärzte auf den Rasen gerannt. Erst danach kamen die Sanitäter.
Der Ungarn-Superstar trug nach der Partie das Trikot von Vargas mit der Rückennummer 19 und überreichte es Torschütze Kevin Csoboth, der es dann demonstrativ in die Höhe hielt. Im EM-Spiel gegen die Schweiz hatte Varga Ungarns Anschlusstreffer zum 1:2 erzielt. (pre)
Csoboth nach dem Spiel mit dem Trikot von Varga.