Von allen Fesseln befreit
Von allen Fesseln befreit
Österreichs Fußballnationalteam hat Freitagabend im Berliner Olympiastadion einen großen Schritt Richtung EM-Achtelfinale gemacht. Die ÖFB-Auswahl gewann das Schlüsselspiel gegen Polen mit 3:1 (1:1). Die Tore der Österreicher erzielten Trauner (9.), Baumartner (67.) und Arnautović (78.). Piatek hatte den zwischenzeitlichen Ausgleich besorgt (30.).
Der Druck, der vor dem Anpfiff auf dem ÖFB-Team lag, hätte größer nicht sein können. Es war das wichtigste Siel in der Ära Rangnick, das wichtigste seit drei Jahren, als es bei der EM 2021 gegen die Ukraine (1:0) um den Einzug in die K.o.-Phase ging.
Ralf Rangnick verblüffte Polen, Österreichs Journalisten und die heimischen Fans mit seiner Startaufstellung. Im Angriff gab er Arnautović den Vorzug gegenüber Gregoritsch, dafür durfte in der Mittelfeldzentrale der zum Auftakt hinter den Erwartungen gebliebene Grillitsch seinen Platz neben Seiwald behalten. Die Innverteidigung tauschte Rangnick im Vergleich zum Frankreich-Spiel komplett aus. Danso und Wöber, beide mit Gelb vorbelastet, mussten für Gernot Trauner und Philipp Lienhart weichen.
Diese Umstellung barg ein Risiko. Das Duo Trauner-Lienhart hatte im Nationalteam erst ein einziges Mal, beim letzten Test vor der Euro (1:1 gegen die Schweiz), zusammen in der Startelf gestanden. Erschwerend hinzu kam Lienharts Mangel an Spielpraxis. Er verzeichnete für seinen Klub SC Freiburg in diesem Jahr verletzungsbedingt nur ein einziges Pflicht (28 Minuten im März). Rangnicks Risiko wurde belohnt – die Innenverteidigung machte ihren Job über weite Strecken gut. Trauner allerdings schied verletzt in der 59. Minute aus.
Die Anfangsphase gehörte den Österreichern. Die ersten Pässe fanden meist den richtigen Abnehmer, das war Selbstvertrauen und Ruhe zuträglich. Aus einem guten wurde in der neunten Minute ein perfekter Start. Nach Flanke vom agilen Mwene spielte Trauner seine Kopfballstärke aus, da war selbst Weltklasse-Torhüter Szczęsny machtlos.
Die Rangnick-Elf war, beflügelt durch die Führung, auch in den Folgeminuten die bessere Mannschaft, kombinierte sich immer wieder gefällig bis an die Strafraumgrenze. Just in der Gefahrenzone aber fehlte häufig der finale Pass, die so wichtige „Vertakilität“, die der Teamchef vor Anpfiff eingefordert hatte.
Dann veränderte sich die Charakteristik dieses Spiels. Österreich verfiel in eine gewisse Passivität – und hatte Polen den Ball, wurde es fast immer gefährlich. Der Ausgleich fiel mit Ankündigung. Zunächst schoss Zalewski aus aussichtsreicher Position noch über das Tor (18.). Dann, nach einer halben Stunde, war Piatek beim 1:1 Nutznießer der rot-weiß-roten Unordnung.
Es war nun ein zerfahrenes Spiel, deren Wichtigkeit in jeder Phase spürbar war. In welche Richtung es kippen würde, war nicht auszumachen. Es brauchte einen besonderen Moment, eine spezielle Einzelleistung – Christoph Baumgartner lieferte sie. Der Leipzig-Legionär nahm sich ein Herz, trat an und vollendete nach Vorlage von Arnautović zum 2:1. Dieses Tor glich einem Befreiungsschlag. Jetzt kombinierte Österreich, fand die gefährlichen Zonen. Wimmer vergab die Vorentscheidung (75.), Arnautović besorgte sie. Der Rekordnationalspieler erzielte per Elfmeter (Foul an Sabitzer) sein 36. Tor im Teamtrikot. Es war eines seiner wichtigeren.
Österreich spielte mit: Pentz - Posch, Lienhart, Trauner (59. Danso), Mwene (63. Prass)- Seiwald, Grillitsch (46. Wimmer)- Laimer, Baumgartner (81. Schmid), Sabitzer - Arnautović (81. Gregoritsch).