Nahost-Krieg: Streit mit der eigenen Armee setzt Netanjahu zu

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Protesters attend a demonstration against Israeli Prime Minister Benjamin NetanyahuAPOSTROPHEs governmen data-portal-copyright=

Die Streitkräfte verlangen Antworten, wie es im Krieg in Gaza weitergehen soll. Der Regierungschef reagiert aggressiv – auch, weil es einmal mehr um sein Amt geht.

Israel kämpft derzeit an gleich mehreren Fronten. Im Norden Israels droht an der Grenze zum Libanon der schwelende Krieg mit der mächtigen Hisbollah-Miliz zu eskalieren. Im Gazastreifen im Süden feiert die Armee zwar – zu einem hohen Preis für die palästinensische Zivilbevölkerung – taktische Gewinne gegen die Hamas, doch es fehlt ihr an einer Strategie, um die Extremisten sowohl militärisch als auch politisch zu besiegen.

Am Regierungssitz Jerusalem in der Mitte des Landes verschärft das die innenpolitische Krise – die Rücktrittsforderungen an Ministerpräsident Benjamin Netanjahu werden lauter und zahlreicher. Denn der gesellschaftliche Schulterschluss, den es nach den Massakern der Hamas am 7. Oktober gab, ist inzwischen aufgekündigt. Erst Anfang Juni war Oppositionspolitiker Benny Gantz aus dem Kriegskabinett ausgetreten. Nun widerspricht die israelische Armee offen Premier Netanjahu.

Die Heeresleitung kritisierte in den vergangenen Tagen die Strategie des Regierungschefs im Gazastreifen. Wer behaupte, die Hamas lasse sich vernichten, streue „der Öffentlichkeit Sand in die Augen“, sagte Armeesprecher Daniel Hagari in einem Interview mit dem Fernsehsender „Channel 13“. „Die Hamas ist eine Idee, die Hamas ist eine Partei. Sie ist in den Herzen der Menschen verankert", sagte Hagari. „Wer glaubt, wir könnten sie eliminieren, irrt sich.“

Streit um die Strategie im Gazastreifen

Die Macht der Hamas könne nur gebrochen werden, wenn sie durch „etwas anderes“ ersetzt werde, argumentiert der Armeesprecher, der ein Vertrauter von Generalstabschef Herzi Halevi ist. Die Bevölkerung müsse sehen, dass jemand anderes Lebensmittel verteile und sich um die öffentlichen Dienstleistungen kümmere. „Nur so lässt sich die Hamas schwächen.“

Netanjahu reagierte prompt. Die Zerstörung der militärischen Kapazitäten der Hamas und ihrer Verwaltung sei eines der Kriegsziele. Auf die zentrale Frage, wer das Vakuum füllen soll, ging er nicht ein. Netanjahu lehnt jede Art von palästinensischer Verwaltung ab.

Der verbale Schlagabtausch ist der vorläufige Höhepunkt eines seit Monaten schwelenden Konflikts zwischen Regierung und Armee. Derlei Spannungen seien aber gar nicht so selten, meint Militärhistoriker Danny Orbach: „Die Generäle tendieren zu der Überzeugung, dass die zivile Führung ihnen die politischen Ziele des Kriegs nennen sollte und sie nach Wegen suchen, diese zu erreichen. Die zivile Führung sollte sich aber nicht in Militäroperationen einmischen.“

Das habe eine gewisse Logik, sagt Orbach, der an der Hebrew University in Jerusalem lehrt: „Was die Militärführung aber oft übersieht, ist, dass militärische Entscheidungen politische Folgen haben.“ Diese müssen Politiker im Blick haben.

In der modernen Geschichte gebe es zahlreiche Beispiele für derlei Konflikte: der amerikanische Bürgerkrieg, der Deutsch-Französische Krieg, der Erste Weltkrieg. In Israel selbst kam es unmittelbar nach der Staatsgründung 1948 zu heftigen Spannungen zwischen Regierungschef David Ben Gurion und Yigal Allon, einem der führenden Kommandanten im arabisch-israelischen Krieg.

Israels Armee ist nicht putschverdächtig

In der 76-jährigen Geschichte des Landes haben die Streitkräfte indes kein einziges Mal versucht, eine Regierung zu stürzen. Auch Halevi und Hagari betonen regelmäßig, die Streitkräfte setzten die Beschlüsse der Regierung um.

Am Primat der Politik über das Militär gebe es keinen Zweifel, sagt auch Meir Elran vom Institute for National Security Studies, einem unabhängigen Thinktank der Universität Tel Aviv. „Die Rolle des Militärs innerhalb der israelischen Demokratie ist ganz klar. Sie ist für jedermann klar, und sie ist dem Militär klar.“

Worin sich Israel aber von anderen Ländern unterscheide sei, dass die Streitkräfte eine „Volksarmee“ seien. „Reservisten sind Zivilisten und als solche nehmen sie sich die Freiheit zu sagen, was sie denken“, sagt der pensionierte Brigadegeneral. „Die Armee ist aber nicht ungehorsam.“

Netanjahu tue indes das, was er in seiner gesamten politischen Karriere immer getan habe, analysiert derweil Orbach: „Er verschiebt Entscheidungen.” Wenn er dennoch eine treffe und seine rechte Basis empört reagiere, bestreite er, die Order erteilt zu haben oder mache die Armee dafür verantwortlich.

Der Regierungschef verbreitet auch Verschwörungstheorien. Seit Jahren behauptet er, es gebe in Israel einen „tiefen Staat“ aus Justiz und linken Medien. Der Armee warf der 74-Jährige kürzlich einen „Dolchstoß“ vor. Bei einer Kabinettssitzung schäumte er: „Wir haben ein Land mit einer Armee, keine Armee mit einem Land.“ Rechte Kommentatoren unterstellen dem Militär gar Putschabsichten.

Eine Mehrheit der Israelis steht dabei weiterhin hinter dem Krieg an sich. Kritik an der Kriegsführung im Gazastreifen äußern lediglich Menschenrechtsorganisationen. Doch viele halten Netanjahu für den falschen Mann am falschen Ort. Sie fühlen sich mit dem Trauma, das das Massaker der Hamas ausgelöst hat, allein gelassen, wollen Antworten darauf, wann sie in ihre Kibbuze und Städte zurückkehren können. Und sie fordern einen Deal mit der Hamas, um die Geiseln freizubekommen. Mehr als zwei Drittel der Israelis sprechen sich daher in Umfragen für Netanjahus Rücktritt aus.

Israels Gesellschaft büßt an Resilienz ein

Für den Einsatz in Gaza selbst habe das keine Folgen, sagt Elran: „Das Militär erfüllt seine Aufgaben auf bemerkenswerte Weise.“ Der Krieg verstärke jedoch die soziale und politische Krise. Die Polarisierung und mangelnde Solidarität schwächten die Kraft der israelischen Gesellschaft zur Erholung: „Es lässt sich beobachten, wie die Resilienz-Kurve in den letzten zwei Monaten nach unten gegangen ist.“

Der Militärhistoriker Orbach rechnet damit, dass es spätestens nach dem Krieg, wenn das Staatsversagen am 7. Oktober von einem staatlichen Untersuchungsausschuss untersucht wird, zwischen Netanjahu und den Generälen zu weiterem Streit kommt. „Dann wird es gegenseitige Schuldzuweisungen geben, einen Krieg von jedem gegen jeden: innerhalb der Armee und zwischen der Armee und Netanjahu, sagt Orbach. Und ergänzt: „Meines Erachtens war das Versagen so groß, dass es genügend Schuld für jeden gibt.“

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