Österreichische Luftfahrtbehörde startet Untersuchung bei Austrian Airlines
Nach den schweren Beschädigungen eines Airbus durch Hagel ermittelt nun eine staatliche Sicherheitsuntersuchungsstelle. Laut einem Bericht soll der Kommandant kurz vor dem Vorfall gar nicht im Cockpit gewesen sein.
Österreichische Luftfahrtbehörde startet Untersuchung bei Austrian Airlines
Nach den schweren Hagelschäden bei einer Austrian-Airlines-Maschine infolge eines Flugs durch eine Gewitterzelle hat der österreichische Staat eine Untersuchung des Vorfalls gestartet. Dies teilte Austrian Airlines dem SPIEGEL nach einer Anfrage mit.
»Zum aktuellen Stand der Untersuchungen zum Flug OS434, der am Sonntag, 9. Juni 2024, auf dem Weg von Palma de Mallorca nach Wien in einen Hagel geraten ist, können wir bestätigen, dass neben einer bereits eingeleiteten internen Untersuchung auch die Sicherheitsuntersuchungsstelle des Bundes – (SUB) – Zivilluftfahrt – eine externe Untersuchung einleiten wird«, schrieb ein Sprecher der Lufthansa-Tochtergesellschaft dem SPIEGEL.
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Jene Sicherheitsuntersuchungsstelle untersteht dem österreichischen Mobilitäts- und Energieministerium. Sie untersucht laut Selbstbeschreibung »Unfälle und schwere Störungen« – also Ereignisse, »die den sicheren Betrieb beeinträchtigen oder beeinträchtigen könnten und die Umstände darauf hindeuten, dass eine hohe Unfallwahrscheinlichkeit bestanden hat.«
Der Airbus A320 »Arlberg« war am Sonntag im Blindflug und mit dem »Mayday«-Notruf am Flughafen Wien-Schwechat gelandet. Die Passagiere kamen mit dem Schrecken davon. Seither gehen Bilder um den Globus, die einen teils weggerissenen Bug sowie Einschläge auf den Nasenüberresten und den Cockpitscheiben zeigen.
Wetter- und Luftfahrtexperten werfen die Frage auf, wieso die »Arlberg« mitten durch ein Hagelgewitter flog – trotz Wetterradar an Bord und immer ausgeklügelterer Vorhersagen der Meteorologen. Austrian Airlines hatte zunächst erklärt, die Gewitterzelle sei »für die Cockpit-Crew laut deren Aussage auf dem Wetterradar nicht ersichtlich« gewesen.
Nun berichtet das österreichische Fachportal »Austrian Wings« unter Berufung auf unternehmensinterne Quellen, der Kommandant der »Arlberg« sei kurz vor dem Vorfall offenbar gar nicht im Cockpit gewesen.
Als die OS434 den Sinkflug in den Hagelsturm nahe der steirischen Stadt Hartberg begann, habe der Kapitän gerade einen Toilettengang absolviert. Den Sinkflug eingeleitet haben solle eine junge, noch relativ unerfahrene Erste Offizierin mit nur rund 100 Stunden Flugerfahrung, hieß es in dem Artikel.
Es sei nicht grundsätzlich nicht verboten für einen Toilettenbesuch das Cockpit zu verlassen, schrieb »Austrian Wings«. Auch eine Erste Offizierin oder ein Erster Offizier sei gesetzlich dazu berechtigt und qualifiziert, das Flugzeug genauso zu fliegen wie der Kommandant. »Offen bleibt jedoch, warum in einer herausfordernden Wettersituation eine junge Erste Offizierin in der Sinkflugphase allein im Cockpit war und ob bei Anwesenheit des Kommandanten ein anderer Kurs geflogen worden wäre«, so »Austrian Wings«.
Austrian Airlines teilte dem SPIEGEL dazu zunächst mit: »Wir bitten um Verständnis, dass wir laufende Untersuchungen nicht kommentieren und die Untersuchungsergebnisse abwarten.«
Später allerdings reichte eine Sprecherin nach: »Beide Personen sind in Bezug auf Gesamtflugstunden als auch Flugstunden am Flugzeugtyp A320 in ihrer Funktion sehr erfahren. Mediale Berichte, dass eine Person nur hundert Stunden Flugerfahrung haben soll, sind nicht korrekt.«
Wie es tatsächlich im Cockpit der »Arlberg« zuging und warum sie mitten in das Hagelgewitter steuerte, müssen nun die externe und die interne Untersuchung zeigen. Angesichts der weltweiten Aufmerksamkeit stehen Fluggesellschaft und die Staatsbehörde unter Druck, bald Erklärungen für den Zwischenfall zu liefern.