550 Milliarden Dollar verbrannt: Nvidia schockt kurz mit Börsentalfahrt
Mit Hardware zum Training und für den Betrieb von KI-Software krönte sich Chipentwickler Nvidia erst vor kurzem zum wertvollsten Unternehmen der Welt. Ein Titel, den er nach kurzer Zeit wieder abgeben muss.
Was war da plötzlich mit Nvidia los? Erst letzte Woche erklomm der Chipentwickler die Spitze des Börsenolymps und überholte mit einem Wert von mehr als 3,33 Billionen Dollar den bisherigen Leader Microsoft. Kurz darauf folgte die Ernüchterung: Innerhalb von drei Handelstagen sackte der Wert um etwas mehr als 16 Prozent ab – das entspricht einem Verlust rund von 550 Milliarden Dollar.
Jetzt steht Microsoft wieder an der Spitze, und Nvidia hat sich hinter Apple nach dem Absturz wieder ein wenig erholt. Zum Handelsschluss am Dienstag lag die Aktie bei 6,7 Prozent im Plus. Muss man sich um das derzeit drittwertvollste Unternehmen Sorgen machen? Experten sehen in dieser Entwicklung jedenfalls noch keinen Grund zur Beunruhigung.
Der Einbruch von Nvidia hatte weitreichende Auswirkungen, auch auf andere Sektoren und Börsenindizes wie den Nasdaq, der ebenfalls Verluste verzeichnete. Die Ursachen für die plötzliche Talfahrt sind vielfältig. Analysten und Marktbeobachter führen den schnellen Anstieg und den abrupten Rückgang auf eine Kombination aus technischer Überbewertung und Gewinnmitnahmen zurück. Hinzu kommt, dass Nvidia-Aktien in der Vergangenheit bereits ähnliche Muster von Volatilität gezeigt haben sollen, was einige Investoren dazu veranlasst haben dürfte, in andere Sektoren umzuschichten.
Keine Überraschung
Aufgrund der außergewöhnlichen Kursentwicklung der letzten Monate ist eine Korrektur teilweise fast schon erwartet worden. Gegenüber dem Handelsblatt bestärkt auch Christian Schneider von Allianz Global Investors, dass Gewinnmitnahmen nur eine logische Konsequenz von Nvidias Erfolg seien. Er fügt hinzu, dass man sich beim bisherigen Börsendarling künftig an noch heftigere Kursausschläge gewöhnen müsse.
Nvidia-Chef Jensen Huang selbst zählt übrigens auch zu denjenigen, die letzte Woche Aktien von Nvidia verkauft haben. In seinem Fall sollen sie einen Wert von etwa 95 Millionen Dollar gehabt haben. Der Verkauf war allerdings kein Ergebnis einer spontanen Entscheidung, sondern Teil eines automatischen Verkaufsplans, den Huang bereits im März bei der amerikanischen Börsenaufsicht SEC eingereicht hatte. Der Plan sieht vor, dass Aktien automatisch verkauft werden, sobald bestimmte Kursziele erreicht sind.
Intakte Schaufel für den KI-Hype
Das Erfolgsrezept von Nvidia mag ein bisschen eine glückliche Fügung gewesen sein, war das Geschäftsmodell doch ursprünglich auf den Verkauf von Grafikbeschleunigern ausgerichtet. Im Goldrausch der Techbranche um Künstliche Intelligenz (KI) hat Nvidia aber die Gunst der Stunde genutzt: Wer Gold wittert, der würde auch Schaufeln zum Graben benötigen – in dem Fall waren es Techkonzerne, die die richtige Hardware benötigten, um KI-Modelle zu trainieren und sie im Anschluss zu betreiben.
Nvidia hat mit leistungsstarken KI-Chips deshalb mittlerweile einen Marktanteil von mehr als 80 Prozent erreicht. Nun versuchen einige der größten Kunden wie Google, Meta, Microsoft und Apple, dieses Quasimonopol zu durchbrechen, indem sie Milliarden investieren, um eigene Chips zu entwickeln. Diese Strategie soll ihre Abhängigkeit von Nvidia verringern.
Trotz dieser Anstrengungen bleibt es jedoch unsicher, ob sie gegen den Marktführer bestehen können, da Nvidia über Jahre hinweg einen erheblichen Vorsprung in Wissen und Erfahrung aufgebaut hat – im Übrigen auch bei der Softwareentwicklung. Das ist wohl mit ein Grund dafür, weshalb Experten trotz wachsender Sorge im Hinblick auf mögliche Marktkorrekturen gelassen bleiben: Nicht weniger als 64 der 65 Analysten, die Bloomberg zuletzt erfasst hat, sollen weiterhin zum Kauf der Nvidia-Aktie geraten haben. (bbr, 26.6.2024)