US-Wahl 2024: So log sich Trump durch die Debatte
Donald Trump, ehemaliger Präsident der USA und US-Präsidentschaftsbewerber. Foto: Gerald Herbert/AP/dpadata-portal-copyright=
Joe Biden enttäuschte im Fernsehstudio, doch sein Herausforderer lieferte ebenfalls eine schwache Performance ab. Gerade mit Blick auf die Wirtschaftspolitik griff der Ex-Präsident häufig zu Unwahrheiten.
Es war eine schamlose Lüge, mit der Donald Trump versuchte, seinen Gegner auszustechen. „Ich war derjenige, der den Preis für Insulin für Senioren gesenkt hat“, sagte das ehemalige Staatsoberhaupt während der TV-Debatte mit US-Präsident Joe Biden. Damit versuchte Trump, sich eine der wichtigsten Errungenschaften des Demokraten zu eigen zu machen.
Biden war es gelungen, mit Hilfe des Inflation Reduction Acts (IRA) den Preis für das Medikament für Senioren auf 35 Dollar im Monat zu begrenzen – angesichts der teils horrenden Kosten für Arzneimittel in den USA eine der populärsten Errungenschaften der aktuellen Administration. Doch Trump scherte sich nicht darum, behauptete schlicht, er sei für die Reform verantwortlich gewesen.
Dank der schwachen Debattenperformance des Amtsinhabers kam er mit Taschenspielertricks wie diesem durch.
Die stärkste Wirtschaft aller Zeiten? Wirklich?
Dass Trump es mit der Wahrheit nicht genau nimmt, ist bekannt. 30.573 falsche und irreführende Aussagen des Republikaners zählte die Washington Post während seiner vier Jahre im Weißen Haus. Während des 90-minütigen Schlagabtauschs im CNN-Studio in Atlanta machten Faktenchecker mehr als 30 weitere Falschaussagen aus. Prominent vertreten: Wirtschaftspolitik.
Manches war pure Übertreibung. Trump protzte, unter ihm hätten die Vereinigten Staaten die stärkste Wirtschaft aller Zeiten erlebt – eine Aussage, die schon vor der Rezession und enormen Arbeitslosigkeit zu Beginn der Coronapandemie nicht stimmte. Er behauptete fälschlicherweise, die Steuerlast sei während seiner Präsidentschaft die niedrigste aller Zeiten gewesen – und dass Biden die Steuern der Amerikaner „vervierfachen“ wolle.
Nichts davon entspricht den Fakten. So war die US-Wirtschaft etwa während der Clinton-Präsidentschaft besser in Schuss als unter Trump, die Steuersätze etwa in den 1920ern niedriger. Und Biden plant keine gigantischen Steuererhöhungen. Sein Haushaltsplan sieht lediglich vor, die Einkommenssteuersenkungen der Trump-Ära, die im kommenden Jahr auslaufen, für Personen mit einem Einkommen von mehr als 400.000 Dollar auslaufen zu lassen – eine Erhöhung von derzeit 37 Prozent auf 39,6 Prozent. Zudem plant der Präsident, eine Mindeststeuer von 25 Prozent für Milliardäre einzuführen. Das ist von einer Vervierfachung weit entfernt.
Auch im Bereich Handel griff Trump zu Unwahrheiten. So behauptete er, dass die USA derzeit das größte Handelsdefizit ihrer Geschichte mit China erlebten und dass die EU sich weigere, amerikanische Autos zu kaufen. Das ist durch nichts gedeckt. Das Handelsdefizit in China etwa ist auf dem niedrigsten Stand seit 2010 – und Europa ist der zweitgrößte Markt für amerikanische Autohersteller.
Trump behauptete also Unsinn. Doch trotz dieser Lügen gelang es Biden kaum, dem Ex-Präsidenten etwas entgegenzusetzen.
Nobelpreisträger warnen vor Donald Trump
Trump hingegen brachte Biden immer wieder in die Defensive. Das hing zum Teil mit dessen fahrigem und inkohärentem Auftreten zusammen, zum Teil aber auch mit den Umständen. Die Debatte begann mit dem Thema Inflation – neben Zuwanderung der Inhalt, der den amerikanischen Wahlkampf am meisten prägt. Überrascht dürfte der Präsident also nicht gewesen sein. Trotzdem gelang es ihm nicht, eine gute Antwort auf die erste Frage des Moderators Jake Tapper zu geben, was er Wählern sagen würde, die sich beschweren, dass die Kosten für ihren Wocheneinkauf während seiner Amtszeit deutlich gestiegen sind. Biden spulte einige Statistiken ab, gab Trumps Pandemiemanagement die Schuld. Doch überzeugen konnte er viele Zuschauer so nicht. Eine Umfrage nach der Debatte kam zu dem Ergebnis, dass rund zwei Drittel der Befragten Trump als Sieger des Schlagabtauschs sehen.
Dabei hätte das Thema Inflation Biden durchaus eine Chance zum Angriff geboten. Schließlich hatten 16 Wirtschaftsnobelpreisträger unter der Führung von Joseph Stiglitz jüngst einen Brief veröffentlicht, der mit Trumps Plänen für die amerikanische Volkswirtschaft abrechnet. „Wir sind uns alle einig, dass Joe Bidens Wirtschaftsprogramm dem von Donald Trump weit überlegen ist“, folgerten die Ökonomen. Insbesondere Trumps Pläne, Zölle zu erhöhen, gilt unter Experten als massiver Kostentreiber, der Preise weiter in die Höhe schießen lassen könnte.
Entsprechend eindringlich warnten die Nobelpreisträger ihre Leser: „Viele Amerikaner sind besorgt über die Inflation, die bemerkenswert schnell zurückgegangen ist. Es besteht zu Recht die Sorge, dass Donald Trump mit seinen fiskalisch unverantwortlichen Haushaltsplänen diese Inflation wieder anheizen wird.“ Biden versuchte an einer Stelle in der Debatte, diesen Brief aufzugreifen. Doch Trump ignorierte den Anwurf schlicht.
Angesichts des schwachen Auftritts des Präsidenten kam der Republikaner damit durch.
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