Lido Sounds: Dekadenz mit sozialpolitischer Note

lido sounds: dekadenz mit sozialpolitischer note

20 Jahre Weltkarriere: Parov Stelar aka Marcus Füreder feierte sein Erfolgsjubiläum beim Lido Sounds in seiner Linzer Heimat.

Vom Regen blieben die Fans am zweiten Lido-Sounds-Tag verschont, dafür klammerten sich die rund 23.000 Besucher bis zum Abendeinbruch an die wenigen Schattenplätze. Das musikalisch bunte Potpourri bestand u.a. aus Parov Stelar, Deichkind, Hozier oder Benjamin Clementine. Oder anders gesagt: Viel Fisch, viel Fleisch.

Freitag, 13 Uhr. Die Sonne heizt erbarmungslos vom Himmel und die Menschen strömen langsam durch die Eingangsschleusen auf das aufgeheizte Lido-Gelände. Auf der Hauptbühne eröffnen zum Mittagessen die Linzer Lokalmatadore von Texta den offiziellen Festivalreigen und greifen dabei tief in die langjährige Karrierekiste. Nach dem viel zu frühen Ableben von Bandfamilienmitglied Huckey vor sechs Jahren sind Auftritte der oberösterreichischen Institution seltener, aber bei weitem nicht schlechter geworden. Laima und Flip geben das Tempo vor, während DJ Dan für die zeitlosen Beats sorgt. Die Interaktion mit den Fans läuft beim Linzer Heimspiel wunderbar. So attestiert man Rohrbach neben Jamaika „das beste Kraut“ und fragt, wo sich denn die Mühlviertler am Gelände befinden. Im späteren Verlauf kommen dann auch noch die TTR Allstars und Attwenger als Gäste auf die Bühne. So etwas nennt man wohl Heimsieg auf allen Linien.

Sanftes Timbre, rockige AusritteGediegenere Klänge wabern von der erstmals an diesem Wochenende besetzten „Ahoi! Pop Summer Stage“ über das Gelände. Die deutsche Senkrechtstarterin Anaïs verwandelt bekömmlichen Pop mit Indie-Touch und Mehrsprachigkeit, singt wahlweise auf Deutsch, Englisch oder Französisch, aber immer mit sehr sanftem Timbre und einer motivierten Band. Die Live-Erfahrung, die sie als Support von Künstlern wie den Giant Rooks, Bastille oder Nina Chuba sammeln konnte, wirkt sich positiv auf das Lido Sounds aus. Zur Hälfte des Anaïs-Sets geht es auch schon wieder auf der Hauptbühne rund. Das Kieler Rock-Kollektiv Leoniden um Sänger Jakob Amr verknüpft von der schrägen Gitarre über elektronische Synthies bis zur Fußballfan-Hymne „Freed From Desire“ alles, was für Stimmung sorgt und im rockenden Pop-Kanon zum guten Ton gehört.

Das passiert mit einer sympathischen Leichtigkeit und Spielfreude, wie sie Amr und Gitarrist Lennart Eicke auch davor im „Krone“-Interview versprühen. „Eigentlich haben wir sehr schwere und ernste Songs, aber das kriegen die Leute nicht so mit, weil die Energie auf der Bühne sehr positiv ist.“ Wie schon die Acts am Warm-Up-Tag zeigen sich auch die Leoniden von der Bewirtung beim Lido Sounds begeistert. „Da können sich deutsche Festivals wie das Hurricane oder das Southside eine kräftige Scheibe abschneiden. Bei uns in der Band gibt es viele Veganer und Erdnussallergiker – und wir haben hier absolut keine Probleme, das ist keine Selbstverständlichkeit.“ Nach ihrem Set hatten sie noch etwas Zeit, um sich andere Acts anzusehen. „Vor dem Electro-Swing sind wir aber schon weg“, lacht Amr und spielt auf Parov Stelar an, „man muss ja nicht alles mögen.“

Deplatzierte KunstRuhigere Töne schlägt auf der Main Stage die britische Naturgewalt Benjamin Clementine an. Akkurat im weißen Anzug und die meiste Zeit am Piano sitzend, singt er mit beeindruckendem Stimmvolumen und einer gut eingespielten Begleitband ein buntes Potpourri, das sich aus Jazz, Soul und songwriterischem Folk zusammensetzt. Die Umstände am erbarmungslos heißen Linzer Betonboden machen ihm sehr zu schaffen. Als „this is fucking hell“ bezeichnet er die Szenerie, während er ein paar Runden um sein Klavier zieht, um wieder Energie zu sammeln. Songperlen wie „Cornerstone“ sind von solch filigraner Schönheit durchzogen, dass man sie lieber in einem edlen Konzerthausambiente sehen möchte. Die Kraft der Musik obsiegt, aber jeder Act passt einfach nicht an jede Stelle eines Festivals.

Während die satirische Schlagerspaßcombo Roy Bianco und die Abbrunzati Boys auf der zweiten Bühne das humoristische Element des Tages fördern, feiern Gossip nach zwölf Jahren ein Österreich-Comeback. Der mit hohen Erwartungen versehene Auftritt fußt auf dem im März erschienenen Album „Real Power“, mit dem Beth Ditto und Co. nach einer langen Kreativpause ein amtliches Ausrufezeichen setzten. Die Frontfrau geht im leichten Sommerkleid auf die Bühne, Drummerin Hannah Billie trägt ein Shirt des legendären deutschen Pop-Papstes Klaus Nomi und beweist damit Geschmack. Immer wieder gibt Ditto kund, dass die Band erkrankt sei und man deshalb nicht alles geben könne. Und fürwahr: Der Gossip-Auftritt wirkt ein wenig hüftlahm, was auch ein wenig am Songmaterial liegt. Wenn man die Top-Hits „Move In The Right Direction“ oder „Heavy Cross“ wegrechnet, befindet sich viel Füllwerk im Oeuvre der Amerikaner, das in puncto Ohrwurmcharakter nicht mit den Klassikern mithalten kann. Der Gig wirkt ob der unterschiedlichen Umstände zuweilen unausgegoren und kommt nie richtig in Fahrt. Tiefpunkt: Ein völlig verwässertes Nirvana-Cover, bei dem sich Kurt Cobain wahrscheinlich im Grabe umdrehen wird.

Trash-Udo-JürgensEine mehr als gelungene Österreich-Premiere feiert auf der „Summer Stage“ das amerikanische YouTube-Wunder Marc Rebillet, der in den Covid-Jahren zum Superstar mutierte. Nur in einer blauen Unterhose gekleidet, kreiert er mit seiner Loop-Station ein Dance-Furioso, das von Feuersalven und humorig-kruden Ansagen begleitet wird. Rebillet sorgt beim musikalisch bunten Treiben für den exaltiertesten Party-Teil des Tages. Für den ansonsten getragenen Bademantel ist es dem „Trash-Udo Jürgens“ heute definitiv zu heiß, die Neugierde auf den Krawallmacher ist bei den Fans aber so groß, dass die Veranstalter den Zugang zur Second Stage kurz sogar schließen mussten – mehr als ein Achtungserfolg. Ballernde und nach vorne treibende Klangwalzen funktionieren immer. Und noch mehr, wenn die allgemeine Stimmung passt und die Sonne anheizt.

Doch wo Ausgelassenheit, da muss auch Raum für Politisches sein. Gerade bei einem Festival wie dem Lido Sounds, das sich auch auf Nachhaltigkeit und Gemeinschaft beruft und nicht bloß ausufernde Ekstase ins Zentrum des Geschehens stellt. Folk-Rocker Hozier geht nach seiner ausverkauften Wiener Stadthallenshow im Dezember 2023 mit neunköpfiger Band auf die Main Stage und begeistert das Publikum mit sanft akzentuierten, musikalisch feingliedrigen Songs, die in ihrer Gemütlichkeit noch am ehesten zu Clementines fulminantem Nachmittagsstelldichein passen. Dass er nur alle heiligen Zeiten neue Alben veröffentlicht, macht das Liedgut noch besonderer. Obwohl Festivals nicht sein bevorzugter Auftrittsort sind, fühlt er sich hier durchaus wohl, wie er der „Krone“ erzählt: „Hier gibt es immer die große Chance, ein Publikum zu erreichen, das einen noch nicht kennt.“

Ernst und LeichtigkeitMit Songs wie „To Be Alone“, „Cherry Wine“ und dem Jahrhunderthit „Take Me To Church“ singt und spielt er sich zum Tagesende in die Herzen seiner Anhänger. Der Höhepunkt ist bei aller Losgelöstheit aber eine mehrminütige politische Brandrede gegen Ende des Sets, wo er auf die nicht immer vorhandene Selbstverständlichkeit des Wahlrechts und der Wochenendfreizeit anspricht und sich dezidiert für Frieden und das Ende von Konflikten ausspricht. Wie kein zweiter schafft er es spielend, Ernst und Leichtigkeit so zu verbinden, dass man sich ungezwungen des Konzerts erfreuen, aber trotzdem mit einem gesellschaftlichen Mehrwert in die Nacht gehen kann. „Auf einem Festival zu spielen, ist immer ein bisschen speziell. Die Energie ist eine andere, durch die Mischung an verschiedenen Stilen und Künstlern.“ Seine Botschaften kann Hozier aber auch bei einer Partycrowd vermitteln.

Die ist dann für das nicht so geheime Highlight des Abends gerüstet. Bei den Hamburger Electro-Punk-Hip-Hoppern Deichkind muss erneut der Bereich zur zweiten Bühne wegen Überlastung gesperrt werden. Als nahezu jährliche Stammgäste haben sich die Deutschen ihr Stammpublikum längst erspielt, zudem schafft es kaum ein Act in diesen Breitengraden, Hedonismus so perfekt mit affektierter Dekadenz zu vermischen. Ihre sozial- und gesellschaftskritischen Texte werden mit beweglichen Bühnenelementen, sonderbaren Kostümierungen und spannenden Lichteffekten verstärkt. Dazu sitzen auch die Songs, denn an Hit-Tauglichkeit haben Deichkind über die Jahre nicht eingebüßt. So vermischt sich Altes wie „Roll das Fass rein“, „Signale“ oder „Bon Voyage“ mit neuen Klassikern der Marke „Bück dich hoch“, „Die Welt ist fertig“ oder „In der Natur“, wo man als klugen Schachzeug das Linzer Brucknerhaus in den Text integriert.

Krawall und RemmidemmiDer traditionellen Show werden auch neue Elemente beigemengt, etwa der auf einer überdimensionalen Gucci-Geldbörse reitende Kryptik Joe bei „Bentley“. Das Subtile ist bei Deichkind nicht in der Show, sehr wohl aber in den detailliert überlegten Texten zu finden. Die Fans danken es mit überschwänglichem Applaus und die Botschaft von Gemeinschaft, Offenheit und vor allem Hoffnung auf einem Planeten, der dem Untergang geweiht scheint, kommt gerade hier natürlich gut an. Knapp zwei Stunden lang wühlen sich die Norddeutschen durch ein üppiges Best-Of ihrer Karriere und wissen auch bei dem für sie eher ungewohnten Tageslicht zu reüssieren. „Keine Party“ oder „Remmidemmi“ heißt es am Ende - also was jetzt? Mehr Stimmung geht gar nicht. Deichkind ist der programmatische Endgegner bei Festivals. Alles, was danach kommt, kann eigentlich nur verlieren.

Alles, außer ein Lokalmatador. Marcus Füreder aka Parov Stelar ist der große Headliner, der die rund 23.000 begeisterten Fans mit einer besonderen Show fasziniert, die sich einerseits auf das 20-Jahre-Jubiläum seiner Prominenz beruft (2004 kam mit der EP „KissKiss“ alles ins Rollen), andererseits aber auch nicht auf die Gegenwart vergisst. Beim großen Heimspiel zeigte sich selbst ein alter Hase wie Füreder etwas verunsichert, wie er der „Krone“ vor dem Gig erklärte. „Es herrscht große Freude, aber auch große Nervosität. Zu Hause zu spielen hat eine ganz eigene Färbung und da muss man bestehen. Wir haben akustisch, als auch visuell sehr lange auf das Projekt 2024 hingearbeitet und das werden die Menschen hier am Lido Sounds das erste Mal sehen.“

Jung mit Michael JacksonFüreder ist seit geraumer Zeit auch physisch wieder Linzer, weil er nach Jahren auf Mallorca heim auf den Linzer Pöstlingberg gezogen ist. „Es gibt London, Barcelona oder Madrid, aber Linz ist Linz“, hallt es von der Konzertbühne. Die Vorbereitungen auf das größte Heimatkonzert seines Lebens waren wenig glamourös. „Ich habe in der Früh meinen Sohn in die Schule gebracht und ihn wieder abgeholt. Dann habe ich für ihn gekocht und die Wäsche aufgehängt – so wie man sich das bei einem großen Festival vorstellt.“ In seinem Haus hat Parov Stelar schon vom Eröffnungstag einiges mitbekommen. „Es ist schon cool, ich habe die Kings Of Leon bis hinauf zum Pöstlingberg gehört, das ist für Linz großartig.“ Auf die Frage, ob er in jüngeren Jahren selbst ein begeisterter Festival-Besucher gewesen wäre, muss er lachen. „Mein erstes Konzert war Michael Jackson, da war ich ca. zwölf Jahre alt. Jung war ich vor ungefähr 35 Jahren, da hat es noch gar keine Festivals gegeben.“

Das knapp zweistündige Set bei kühleren Abendtemperaturen und einer entspannten Partymeute sollte dann tatsächlich für einen gelungenen Jubiläumsabend sorgen. Neben der gewohnt akkuraten Bläsersektion und einer stimm- und tanzstarken Elena Karafizi am Mikrofon überzeugen bei diesem besonderen Konzert vor allem die ausufernden Lichteffekte, die bislang unveröffentlichten Songs und der immens nach oben geschraubte Härtegrad, der sich zwischen EDM-Anleihen und härteren Disco-Versatzstücken einpendelt. Ein rundum gelungenes Ereignis, das alle zu begeistern weiß. Bei prognostizierten 34 Grad Celsius geht es heute u.a. mit Kraftklub, Nina Chuba, K.I.Z. und dem Wiener Durchstarter und Amadeus-Gewinner Bibiza weiter.

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