Der Revolutionär inszeniert sich als Märtyrer

Der ultrakonservative Hardliner und ehemalige Trump-Berater Steve Bannon muss am 1. Juli für vier Monate hinter Gitter. Das kommt ihm gar nicht ungelegen.

der revolutionär inszeniert sich als märtyrer

«Man will sicherstellen, dass einer der stärksten und aggressivsten Fürsprecher von Präsident Trump vom Spielfeld genommen wird»: Steve Bannon.

Schlaflose Nächte, Panikattacken und andere Stresssymptome sind typisch für Menschen, denen eine Freiheitsstrafe bevorsteht. Anders bei Stephen K. – von allen Steve genannt – Bannon. Der Vordenker von Donald Trumps Wahlsieg von 2016 lässt sich nicht davon aus der Ruhe bringen, dass er Anfang Juli eine viermonatige Haftstrafe antreten muss.

«Das Gefängnis, das mich je zum Schweigen bringen könnte, ist noch nirgends gebaut», prahlt der 70-jährige Politstratege und Podcaster, der als junger Mann Marineoffizier war. «In meinen Zwanzigern diente ich meinem Land auf einem Navy-Zerstörer, in meinen Siebzigern diene ich meinem Land in einem Bundesgefängnis», summierte er diese Woche in einem Interview mit Tucker Carlson. «Es macht keinen Unterschied, es wird mein Leben nicht verändern.»

Ungeachtet Bannons Froh- und Hochmut, versuchen seine Anwälte bis zur letzten Minute, ihrem Mandanten den Gang in die Zelle zu ersparen. Am Dienstag legten sie beim Appellationsgericht in Washington D.C. Berufung gegen die Entscheidung von Bundesrichter Carl Nichols ein, der in der Vorwoche den Haftantritt angeordnet hatte. Bannon wurde zwar schon 2022 von einem Geschworenengericht schuldig gesprochen, die Vorladung des Kongresskomitees ignoriert zu haben, das den Capitol-Sturm vom 6. Januar 2021 untersuchte. Doch Richter Nichols schob die Strafe auf, bis Bannon Ende Mai in einem ersten Anlauf beim Berufungsgericht abprallte.

«Ich will den Zusammenbruch herbeiführen»

Bombastisch behauptet Bannon, die Anordnung des – notabene von Trump ernannten – Bundesrichters solle «die Maga-Bewegung ausschalten, die konservative Basis ausschalten, Präsident Trump ausschalten.» Bannon hält das Datum des Haftantritts nicht für zufällig, denn gut vier Monate später wird der US-Präsident gewählt. «Man will sicherstellen, dass einer der stärksten und aggressivsten Fürsprecher von Präsident Trump vom Spielfeld genommen wird», unterstellte er im Carlson-Interview.

Bannon hat sein Leben voll dem «Kampf um die Rettung der Republik» verschrieben. Nach beruflichen Etappen als Investmentbanker, Filmproduzent und Mitgründer der ultrakonservativen Newssite «Breitbart» fand er seine Bestimmung als Anführer der populistischen Revolte. Seit Trump ihn 2018 als Chefstratege entliess, treibt er mit seinem einflussreichen Podcast «War Room» die «Make America Great Again»-Bewegung, kurz Maga, voran.

In dreistündigen Sendungen mit Gästen und Monologen fordert Bannon jeden Tag «action, action, action». Jeder müsse seinen Teil beitragen und falls nötig dafür Opfer bringen, verlangt er. Die Gegner seien die Demokraten, die er als «neomarxistische revolutionäre Gruppierung» bezeichnet. Sie wollten «dieses Land fundamental verändern», und hinter ihr stehe «die Macht von Big Tech, das Geld der Wallstreet, Hollywood, die Universitäten, die Kultur und der politische Apparat».

Der katholisch erzogene Bannon sieht die Welt schwarzweiss, und er denkt radikal. 2013 verkündete er an einer Buchvernissage, er sei ein Leninist. Auf die Frage, was das bedeute, sagte Bannon: «Lenin wollte den Staat zerstören, und das ist auch mein Ziel. Ich will den Zusammenbruch herbeiführen und das heutige Establishment zerstören.»

Bannon wähnt sich in einem politischen Krieg

Mit martialischen Formulierungen trieb der Revolutionär von rechts die Aufwallung nach der von Trump-Anhängern bestrittenen Wahlniederlage von 2020 voran. Der 6. Januar 2021 sei «sogar wichtiger als Trumps Präsidentschaft», hämmerte er seiner Gefolgschaft ein. Am Tag des Capitol-Sturms sagte er in seinem Podcast: «Dies ist kein Tag für Fantasien. Dies ist ein Tag für Fokus, Fokus, Fokus. Dies ist der Angriffspunkt, den wir immer wollten, o.k.?»

Seine martialische Wortwahl macht Bannon angreifbar, auch wenn ihm bisher niemand nachweisen konnte, dass er einen konkreten Umsturz geplant habe. Von Demokraten und ihrer Gefolgschaft wird er schon lange dämonisiert. Nach Trumps Überraschungssieg porträtierte ihn die Satiresendung «Saturday Night Live» als Sensenmann mit Totenschädel und schwarzer Kutte.

Bannon gelte als gefährlich, weil er zu mobilisieren verstehe, schreibt die frühere Demokratin und heutige Maga-Anhängerin Sasha Stone auf «Substack». «Er bringt Menschen zusammen, um sie zum Mitmachen zu inspirieren, damit sie Wahlen gewinnen können, die heute mit jenem Geld gekauft werden, das die Demokraten einst verurteilten.»

Die Anfeindungen steckt Bannon voller Kampfeslust weg, weil er sich in einem politischen Krieg wähnt. Er glaubt auch, dass der Wahlkampf für Trump günstig verlaufe. Das Team des Ex-Präsidenten leiste gute Arbeit, sagt er; es brauche seine eigene Mitarbeit nicht. Die Pro-Trump-Basisbewegung könne gut vier Monate ohne ihn auskommen.

FBI-Agenten fürchten sich vor Wahlsieg von Trump

Eine ähnliche Zuversicht zeigen andere Maga-Führungsfiguren, die in die Fänge der Justiz gerieten. Trumps Ex-Berater Peter Navarro, der wie Bannon der Missachtung des Kongresses schuldig gesprochen wurde, hat seine viermonatige Strafe in einem Gefängnis in Miami fast abgesessen. Der Harvard-Ökonom fühlt sich jetzt stärker als zuvor und hofft, in einer allfälligen zweiten Trump-Regierung erneut mitzuwirken.

Bannon und Navarro sehen sich als Opfer eines einseitigen, von Demokraten betriebenen Politkriegs mit rechtlichen Mitteln, «lawfare» genannt. Sie verweisen darauf, dass «Missachtung des Kongresses» seit fast 40 Jahren nie strafrechtlich verfolgt wurde und als blosses Vergehen schon gar nicht zu Gefängnisstrafen führte.

Umgekehrte Fälle enden anders. Diese Woche beschuldigte das republikanisch dominierte US-Repräsentantenhaus Justizminister Merrick Garland der Kongressmissachtung, weil er Tonbandaufnahmen einer Einvernahme von Präsident Joe Biden nicht herausrücken möchte. Nach einer Erklärung vom Freitag denkt das Justizministerium nicht daran, eine Strafuntersuchung einzuleiten.

Die Maga-Anführer drängen Trump, im Fall eines Wahlsiegs den Spiess umzukehren und die Gegenseite zur Verantwortung zu ziehen. Steve Bannon freut sich schon jetzt darauf. Letztes Wochenende reagierte er auf ein CNN-Interview, worin der frühere FBI-Vizedirektor Andrew McCabe seine Angst vor einem Wahlsieg Trumps eingestand. Es sei «furchterregend», sagte der Russiagate-Chefermittler; Kolleginnen und Kollegen befürchteten, ins Gefängnis geworfen zu werden.

Zu Recht, kommentierte Bannon. «McCabe, du warst Vize in der amerikanischen Gestapo, und du wirst die Konsequenzen davon spüren», wetterte er. «Der Tag der Rechenschaft wird am Mittag des 20. Januar 2025 kommen.»

Bannon selbst ist rechtlich aber nicht aus dem Schneider. Am letzten Amtstag als Präsident begnadigte Trump seinen Ex-Berater zwar in Bezug auf die Anschuldigung, er habe Spendengelder für den Bau einer Grenzmauer veruntreut. Doch inzwischen hat der Bundesstaat New York diesen Vorwurf erneut erhoben. Und Bannon findet sich den gleichen Leuten gegenüber wie Trump: Als Ankläger amtet Alvin Bragg, der Richter heisst Juan Merchan.

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