Neuer Schlag für Steuerzahler: Mehr Vergütungen für Windräder wegen sinkender Strompreise
Finanzminister Christian Lindner (FDP) rechnet beim Ostdeutschen Wirtschaftsforum mit der deutschen Energiepolitik ab.
„Wir haben es verbockt“, sagt Finanzminister Christian Lindner (FDP), als er bei dem Ostdeutschen Wirtschaftsforum (OWF24) in Bad Saarow von der Energiepolitik spricht. Das ist noch keine Neuheit an sich: Was meint Lindner konkret? Diesmal stellt er Berechnungen des Wirtschaftsministers Robert Habeck (Grüne) in Sachen Klima- und Transformationsfond (KTF) infrage.
„Den hat mein Kollege Habeck für dieses Jahr mit zehn Milliarden Euro kalkuliert“, sagt Lindner und führt fort: „Es werden 19 Milliarden Euro sein.“ Wie begründet der Bundesfinanzminister die zusätzlich gebrauchten Mittel, die über den Vorstellungen von Habeck liegen sollen? Je günstiger der Strompreis, desto höher die Subvention, die der Verbraucher am Ende zahlt, so Lindner. Der Grund: hohe Einspeisevergütungen, die Betreibern älterer Windräder und Solaranlagen vom Staat garantiert werden.
Bei dem KTF handelt es sich um ein Sondervermögen der Bundesregierung zur Finanzierung der Energiewende und insbesondere neuer Heizungen. Noch vor kurzem berichtete die Berliner Zeitung über einen drohenden Fehlbetrag von rund zehn Milliarden Euro für das laufende Jahr. Diese Informationen wurden bisher allerdings nicht öffentlich von einem Regierungsmitglied bestätigt. Lindner begründet jetzt beim Forum, warum diese Lücke tatsächlich ausfallen werde – wenn nicht noch größer.
Zwar gebe es aufgrund der enormen Menge an Erzeugungskapazität erneuerbarer Energie auf Tagesbasis schon sehr oft negative Strompreise. In Wahrheit bedeute es aber Kosten für die Verbraucher. Schuld ist laut des Finanzministers die veraltete Energiepolitik, denn: Aufgrund der garantierten Einspeisevergütung bei Erneuerbaren wird das Geld nicht über den Markt, sondern aus dem Staatshaushalt gezahlt. Genauer gesagt, aus dem KTF – „und damit von Ihnen“, sagt Lindner zum Publikum des OWF24 und spricht damit die Verbraucher an.
Mit anderen Worten: Sinkt der Strompreis für den Großhandel, muss die Bundesregierung mehr Einspeisungsvergütungen an die Betreiber älterer Windräder und Solaranlagen bezahlen, welche diesen garantiert werden. Und am Ende bleiben diese Kosten auf dem Steuerzahler sitzen.
Strukturelle Probleme, wie eine veraltete Energiepolitik, tragen laut Lindner die Schuld an der wirtschaftlich schlechten Lage Deutschlands – nicht aber die aktuelle Regierungskoalition oder der russische Angriffskrieg auf die Ukraine. Dass es hierzulande Fehlentwicklungen gebe, hat der Minister selbst beim Internationalen Währungsfonds (IWF) in Washington vor Augen geführt bekommen.
Dort sei es ähnlich wie beim OWF24 um Wachstumspotenzial gegangen, erzählt Lindner. Doch als dann in einer großen Plenarveranstaltung, wo nahezu alle Finanzminister und Notenbankchefs versammelt waren, die Präsentation der Geschäftsführerin Kristalina Georgieva startete, tauchte plötzlich Deutschland auf. „Ich sitze dort mit 180 Finanzministern und sie spricht über Wirtschaftsschwäche und bebildert wird das mit einer Szene aus Berlin“, sagt Lindner.
Der französische Notenbankchef, Francois Villeroy de Galhau, hätte ihn darauf aufmerksam gemacht, dass in der Folie die Friedrichsstraße gezeigt werde. „Und er hatte recht“, sagt Lindner. „Wenn ich das nächste Mal dahin gehe, darf Deutschland nicht mehr das Symbolbild sein für globale Wachstumsschwäche, sondern für den Mut zu strukturellen Reformen.“
Stichwort Reform: Für einen Neuanfang in der Energiepolitik bereitet die Bundesregierung laut Lindner einen Kapazitätsmarkt vor. Damit sollen garantierte Einspeisevergütungen und damit exorbitante Renditen nicht mehr möglich sein. Vielmehr soll es ein marktübliches System nach Angebot und Nachfrage geben.
Dieses System solle nicht nur einseitig auf die Dekarbonisierung setzen, sondern stärker die Gedanken der Versorgungssicherheit und des Preises in Erinnerung rufen, so Lindner. „Zu lange haben wir nur eines der drei Ziele verfolgt, nämlich Klimaschutz.“ Die Bezahlbarkeit und die Sicherheit der Energieversorgung seien aber gleichrangige Ziele. „Deshalb müssen wir in diesem Jahr die Gesetzgebung verändern“, sagt der Finanzminister zum Schluss.
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