Nvidia weckt Goldgräberstimmung
KI
Nvidia weckt Goldgräberstimmung
Nvidia-Chef Jensen Huang zeigt 2018 auf der Technik-Messe CES den Prototypen eines Chips.
Der US-Chipdesigner übertrifft alle Erwartungen: Die Aktie steigt auf mehr als 1000 Dollar.
Das Unternehmen war vor zwei Jahren bestenfalls IT-Nerds bekannt. Jetzt bewegt es die Börsen weltweit: Nvidia. Der Chipdesigner hat Zahlen vorgelegt, die deutlich über den Erwartungen liegen. Das hievte in einer Welle, die einmal um die Welt ging, die Aktienkurse am Donnerstag nach oben, insbesondere natürlich für Firmen, die mit Informationstechnik zu tun haben und noch stärker bei denen, die sich mit künstlicher Intelligenz befassen. Die Nvidia-Aktie schoss am Donnerstag im frühen Handel an der US-Börse Nasdaq um rund neun Prozent auf mehr als 1000 Dollar in die Höhe.
Die Zuwächse, die Nvidia zuvor in seiner Zwischenbilanz vorlegt hatte, erinnern an die Goldgräber-Phase als Amazon, Google, Apple und Co. groß wurden: Im ersten Quartal erreichte der Umsatz rund 26 Milliarden Dollar. Das ist eine Verdreifachung im Vergleich zur Vorjahreszeit. Unterm Strich blieb ein Gewinn von fast 15 Milliarden Dollar übrig – sieben Mal mehr als Anfang 2023.
Wie das möglich ist? Der Wettlauf um die Vorherrschaft im Feld der künstlichen Intelligenz (KI) beschleunigt sich. In den Manageretagen befürchtet man, den KI-Zug zu verpassen, was schlimme Konsequenzen haben könnte: Die aktuelle Erzählung geht davon aus, dass sich nur ganz wenige Anbieter durchsetzen, diese dann aber sagenhafte Gewinne einfahren werden – so war es beim Aufstieg von Google, Amazon und den anderen Big Techs.
Und Nvidia-Chef Jensen Huang beflügelte bei der Präsentation der Zwischenergebnisse die Phantasien noch zusätzlich: Er rechnet für das laufende Quartal mit einer weiteren Steigerung des Umsatz auf dann 28 Milliarden Dollar. Das deutet darauf hin, dass die Hightech-Konzerne zunehmend sündhaft teure Halbleiter für ihre Rechenzentren bestellen, um KI-Systeme zu trainieren.
Der Renner ist derzeit der Chip mit der technischen Bezeichnung H200. Er wird seit kurzem erstmals bei Chat GPT-4o eingesetzt. Das ist die neueste Version des Sprachroboters, der vor anderthalb Jahren den KI-Boom auslöste, als erstmals eine Anwendung im Internet zugänglich gemacht wurde, die auf Fragen oder Befehle hin Texte in allgemeinverständlicher Sprache formuliert. Zwar hakt es hierbei nach wie vor. Der Roboter halluziniert noch oft genug und meldet teilweise blanken Unsinn.
Davon lässt sich die IT-Branche aber nicht irritieren. Zumal Jensen Huang schon den übernächsten Schritt beschreibt. Er sagte der Nachrichtenagentur Reuters, es gebe viele Informationen, die auf bewegten Bildern beruhen. „Das ist also das nächste große Ding“, so der Nvidia-Chef. Und er fügt hinzu: „Diese Systeme werden ziemlich groß werden.“ Das leuchtet ein: Denn mit Videos wachsen die Datenmengen im Vergleich mit geschriebenen Texten exponenziell.
Mit Bewegtbildern sind auch die Aufnahmen von Kameras gemeint, die in Autos installiert sind, um das autonome Fahren zu ermöglichen. Nvidia-Finanzchefin Colette Kress erläuterte, dass allein der E-Autobauer Tesla zum Training der Software für Roboterautos die Bestellung von Hochleistungschips auf 35 000 Exemplare erweitert habe. Kress deutete an, dass die Kfz-Industrie für Nvidia in diesem Jahr die wichtigste Branche für das Rechenzentrumsgeschäft werde. Das könnte nebenbei auch darauf hindeuten, dass die ins Stocken geratene Entwicklung des autonomen Fahrens neue Impulse bekommt.
Aber es gibt noch einen weiteren maßgeblichen Anwendungsbereich: Die künstliche Intelligenz wird nicht mehr nur mittels geschriebener Texte, sondern in gesprochener Sprache mit den Nutzer:innen interagieren. Das ist eine wichtige Neuerung der vom Start-up Open AI entwickelten Anwendung Chat GPT-4o. Und die wird dann auch in Autos eingesetzt. Beispielsweise im neuen Elektroauto EV3 von Kia kann man während der Fahrt mit der KI als digitalen Diener kommunizieren, der Ladestationen sucht, Fahrtrouten optimiert oder auch Blumen für die Frau bestellt.