Fendt Classic Club: Wo sind die „Nasenbären“ geblieben?
Großschlepper und Museums-Standortsuche
Fendt Classic Club: Wo sind die „Nasenbären“ geblieben?
Posieren vor dem „Nasenbär“: FCCI-Clubchef Sepp Nuscheler (v. li.), die Nasenbär-Fans und -Kenner Hans Braun und Martijn Bullée sowie Entwicklungsingenieur Hans Epple.
Einen Nasenbär, der aber keineswegs der Gattung der Kleinbären angehört, ein Haus, das es (noch) gar nicht gibt, dazu – mit einer traurigen Ausnahme – nur erfreuliche Nachrichten: Das alles wurde den rund 200 Teilnehmern serviert, die am Dienstag zur dritten Mitgliederversammlung des noch jungen Fendt Classic Clubs International (FCCI) ins Forum des Marktoberdorfer Traktorenbauers geströmt waren.
Marktoberdorf – Gut 20 Mitglieder waren aus den Niederlanden, aus Belgien und aus Südtirol ins Allgäu gekommen, darunter auch Markus mit Sohn Leon (11), Oskar und Philip, die sich in ihrem Heimatort Villnöss im Eisacktal ins Auto gesetzt hatten und in dreieinhalb Stunden nach Marktoberdorf gedüst waren. Die vier sind große Fendt-Fans und haben zu Hause natürlich Traktoren der Marke im Einsatz.
Apropos Mitglieder: Deren 530 zählt Stand heute nach Angaben des Vorsitzenden Sepp Nuscheler der Fendt Classic Club, der am 27. Oktober 2021 mit 55 Gründungsmitgliedern aus der Taufe gehoben worden war. „Von jung bis alt ist alles gleichmäßig verteilt“, vermeldete Nuscheler, allein beim Frauenanteil sei man unverändert „unterbelichtet“: Tatsächlich befinden sich nur 19 Damen unter den Mitgliedern, deren Zahl insgesamt wachse – laut Sepp Nuscheler „könnten wir in zwei, drei Jahren vierstellig werden“.
Während sich im Verlauf der Mitgliederversammlung weitere Fendt-Fans anmeldeten, musste sich der Verein von seinem ältesten Mitglied verabschieden: Senior Richard Woik aus Marktoberdorf ist im stolzen Alter von 92 Jahren verstorben.
Fendt-Museum: Zähe Standortsuche
„Schwieriger als gedacht“ gestaltet sich nach den Worten des Vereinschefs die Suche nach einem passenden Gebäude für das geplante Fendt-Museum. „Der Classic Club braucht ein Zuhause“, hatte Fendt-Chef Christoph Gröblinghoff bei der ersten Mitgliederversammlung vor zwei Jahren die Parole ausgegeben, wünschenswert sei ein Quartier „in fußläufiger Entfernung zum Stammwerk“ in der Johann-Georg-Fendt-Straße.
Zwei mögliche Standorte nahe des Werks habe man abgeklopft, so Nuscheler, die Eigentümer hätten aber die Grundstücke nicht verkaufen wollen. Zwischenzeitlich untersuche man aber weitere mögliche Standorte in Bahnhofsnähe, und zwar „gemeinsam mit der Stadt“. Das Ziel ist bekanntlich, spätestens zum 100. Geburtstag von Fendt im Jahr 2030 das Museum eröffnen zu können.
„Nasenbär“ mit 200 PS
Ganz sicher einen würdigen Platz in diesem Museum wird der Fendt Favorit 620 LS bekommen. Dieser Traktor war der erste Großschlepper der Marktoberdorfer, und weil er eine unverhältnismäßig lange Motorhaube hatte, bekam er schnell den Spitznamen „Nasenbär“ auf seine lange Schnauze gedrückt. Geschuldet war diese übrigens keineswegs einem überdimensionierten Motorblock, sondern dem Bestreben der Konstrukteure, möglichst eine 50:50-Achslastverteilung zu erreichen. Deshalb wanderte der Motor mit seinen rund 200 PS vor die Vorderachse.
Einer, der als Entwicklungsingenieur ab 1977 und damit bei der Stunde Null an dem Projekt Großschlepper mitgearbeitet hatte, ist Hans Epple. Er berichtete zusammen mit den Nasenbär-Fans, -Besitzern und -Restauratoren Martijn Bullée aus den Niederlanden und Hans Braun aus Kranzberg bei Freising den Mitgliedern aus erster Hand. „Die größte Herausforderung bei der Konstruktion des Nasenbären“, so Ingenieur Epple, „war der Faktor Zeit“. Schließlich sei verlangt worden, einen ersten Prototypen bereits bei der Frühjahrsmesse der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) im Jahr 1978 in München präsentieren zu können. Dies gelang, doch wurden vom Nasenbären bis zum Ende seiner Produktion im Jahr 1987 keine hundert Stück gebaut. Der Grund laut Epple: „Die Zeit war noch nicht reif für einen Traktor mit 200 PS, der Schlepper war für seine Zeit einfach zu groß.“
Für die heimischen Landwirte der damaligen Zeit sowieso: Ganze sieben Nasenbären wurden in Deutschland zu Preisen von mehr als 200.000 D-Mark verkauft, immerhin 25 gingen nach Italien und weitere 23 – man höre und staune – nach Saudi-Arabien. Martijn Bullée und Hans Braun haben es sich zur Aufgabe gemacht, den Verbleib möglichst aller Fendt-Nasenbären zu klären und möglichst viele davon zu restaurieren.
Gute Nachrichten hatte Clubchef Nuscheler noch in eigener Sache: Zum einen habe der Club unter www.fendt-classic.com ab sofort eine eigene Internetpräsenz, zum anderen starte am 18. Juli ein neues Format: Unter dem Titel „Fendt schreibt Geschichte“ gingen die ersten Folgen eines Podcasts online.