Entlassene Staatssekretärin: Der Aufschrei der Wissenschaftler war berechtigt
Bettina Stark-Watzinger (FDP), Bundesministerin für Bildung und Forschung, am Montag in Berlin
Für das Krisenmanagement der Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) spricht es nicht, dass sie sich nach tagelangem beharrlichen Schweigen am späten Sonntagabend von ihrer Staatssekretärin trennt und damit womöglich versucht, durch ein Bauernopfer ihren eigenen Verbleib im Amt zu retten. Hat sie wirklich nichts gewusst vom Prüfauftrag Sabine Dörings, über den die Öffentlichkeit durch E-Mails aus dem Ministerium erfuhr? Das ist schwer zu glauben. Eine ergebnisoffene Prüfung wäre gar nicht anstößig gewesen, problematisch wird sie allerdings, wenn es um irgendeine ministerielle Revanche in Gestalt des Entzugs von Fördermitteln aufgrund einer bestimmten Gesinnung ginge. Und das war aus Sicht der Ministerin der Fall.
Bemerkenswert ist, dass die Staatssekretärin selbst Professorin ist und dazu noch in der Politischen Philosophie und Ethik. Der Liberalismus gehört zu ihren Forschungsgebieten. Hat sie wirklich einen so weit reichenden Prüfauftrag telefonisch erteilt? Es wäre dringend nötig, dass das Bundesbildungsministerium darlegt, wer welchen Prüfauftrag erteilt hat, am besten auch, wie der interne Mailverkehr an die Öffentlichkeit gelangte.
Wäre der berechtigte Aufschrei von Wissenschaftlern angesichts einer massiven Verletzung der Wissenschaftsfreiheit auch so unüberhörbar ausgefallen, wenn man geprüft hätte, ob bestimmte Antragsteller auf ministerielles Fördergeld vermeintlich trans- oder queerfeindliche Positionen artikuliert hätten? Die Forschungsförderung durch Ressorts ist immer auch durch politisch-gesellschaftliche Zwecke motiviert.
Wenn das Umweltministerium Fördermillionen für effektivere Photovoltaikanlagen vergibt, müssen sich Forscher auf diesen politischen Zweck einlassen. Allerdings dürfte eine Hochschule oder eine Forschungsorganisation ihre Mittel nicht zweckgebunden vergeben. Ein Rechtfertigungsgrund für Döring ist das nicht, wohl aber ein Appell zu einer differenziert abwägenden Betrachtung.