Meloni auffällig ruhig, Streit um Costa – so verlief das Ringen um die hohen Posten

Europas Staats- und Regierungschefs wollten bei einem Gipfel in Brüssel die wichtigsten EU-Posten vergeben. Doch sie können sich nicht einigen. Ursula von der Leyen erhielt Unterstützung für eine zweite Amtszeit – eine andere Personalie sorgte für Ärger.

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Hohe Diplomatie: Ursula von der Leyen begrüßt Kroatiens Premier Andrej Plenkovic AFP/NICK GAMMON

Es scheint alles klar zu sein, als sich die 27 europäischen Staats- und Regierungschefs am Montagabend in Brüssel treffen. Bei einem Dinner im Europagebäude an der Rue de la Loi wollen sie die Frage klären, wer die EU künftig führen soll. Es gibt gebratenen Seelachs mit Artischocken. Drei Spitzenposten sind zu vergeben. Drei Namen werden gehandelt. Mit Überraschungen rechnet niemand.

Am Ende kommt es anders. Gegen Mitternacht tritt Charles Michel, der Präsident des Europäischen Rates, in das Foyer des Gebäudes. „Wir hatten ein gutes Gespräch“, sagt er. „Aber es gibt heute Abend noch keinen Beschluss“. Erst kommende Woche sei mit einer Entscheidung zu rechnen. Dann wollen sich die Spitzenpolitiker der EU erneut zum Gipfel in Brüssel treffen.

Immerhin auf eines können sie sich am Montag weitgehend verständigen: dass Ursula von der Leyen auch künftig die EU-Kommission führen soll. So erzählen es Diplomaten. Die Deutsche war bei der Europawahl als Spitzenkandidatin der christdemokratischen EVP angetreten, mit dem Slogan „Ursula 2024“. Nun, heißt es, stünden ihre Chancen auf eine zweite Amtszeit sehr gut.

Trotzdem kann sich die Deutsche noch nicht ganz sicher sein. Zumal eine Frau, auf deren Unterstützung sie hofft, am Montag im Sitzungssaal ungewöhnlich ruhig gewesen sein soll: die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni. Manche Insider deuten das als Zweifel an von der Leyen.

Doch Melonis Schweigen ist nicht der Grund für das Ausbleiben einer Einigung. Es liegt wohl an einer Forderung der EVP-Mitglieder im Raum. Die Partei ist nach der Europawahl die stärkste politische Kraft in Brüssel, mit Abstand. Und das will sie nun ausspielen. Das EVP-Lager erhebt plötzlich Anspruch auf das Amt des EU-Ratspräsidenten, wie Verhandlungsteilnehmer sagen. Die Christdemokraten hätten gefordert, es nicht wie üblich sofort für fünf Jahre zu vergeben, sondern nur für zweieinhalb.

Eigentlich soll den Posten der ehemalige portugiesische Premierminister António Costa bekommen, ein Sozialist. Es handelt sich um einen wichtigen Job, der Ratspräsident leitet die EU-Gipfel, er muss Kompromisse finden, wenn mitten in der Nacht mal wieder alles festgefahren scheint. In den vergangenen fünf Jahren war dafür Michel zuständig, ein Belgier. Costa ist ein über alle Parteigrenzen hinweg respektierter Politiker. Dennoch wollen die Konservativen ihn nur für eine begrenzte Zeit nominieren.

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Italiens Premier Giorgia Meloni spricht mit Simon Harris aus Irland AFP/NICK GAMMON

Die Sozialdemokraten, nach der Europawahl zweitstärkste Kraft, lehnen das ab. Sie möchten den Ratspräsidenten für die nächsten fünf Jahre stellen. Bei dem Gipfel finden sich die Staats- und Regierungschefs immer wieder in kleinen Gruppen zusammen, sprechen zu zweit, zu viert, zu sechst, doch einen Durchbruch erreichen sie nicht.

Das ist auch bei dem dritten Job so, um den es am Montag geht. Die estnische Ministerpräsidentin Kaja Kallas, eine Liberale, soll neue Chef-Diplomaten der EU werden. Bisher füllt diese Rolle der Spanier Josep Borrell aus. Kallas sorgte im März des vergangenen Jahres für Aufsehen. Sie trieb damals einen kühnen Plan voran: die Lieferung von einer Million Granaten an die Ukraine. Das Vorhaben scheiterte, aber die Frau hatte sich einen Namen als Hardlinerin gegenüber Russland gemacht. Doch ohne die beiden anderen Personalien kann auch Kallas nichts bei dem Gipfel versprochen werden.

Von der Leyen, Costa und Kallas also. Eine Konservative aus dem Westen, ein Linker aus dem Süden, eine Liberale, die glaubwürdig Europas Norden und Osten vertreten kann. Zwei Frauen, ein Mann. Der Plan scheint ausgeklügelt, er hätte für die nötige Balance in der EU gesorgt. Parteizugehörigkeit, Geografie und Geschlecht, alles ist berücksichtigt. Dieses Trio zu verändern – oder gar zu ersetzen – dürfte schwierig werden.

Ermittlungen gegen Sozialist António Costa

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass alle drei Kandidaten ein Manko haben. Gegen zwei wird ermittelt. Im Fall von der Leyens geht es um Textnachrichten. Anfang 2021, so der Verdacht, schrieb sie auf ihrem Handy dem Chef des amerikanischen Pharmagiganten Pfizer und bestellte eigenmächtig 1,8 Milliarden Impfdosen – womöglich für einen überzogenen Preis. Die Europäische Staatsanwaltschaft untersucht die Sache. Brisant ist, dass die SMS laut der EU-Kommission verschwunden sind.

Und gegen Costa laufen Ermittlungen in Portugal. Der Verdacht hier: Korruption. Bei der Vergabe von Abbaulizenzen für Lithium und der Produktion von Wasserstoff ging womöglich nicht alles mit rechten Dingen zu. Costa trat aufgrund dieser Vorwürfe im vergangenen November von seinem Amt als Ministerpräsident zurück.

„Ich erinnere mich an António Costa als einen guten Kollegen“, sagt nun der polnische Regierungschef Donald Tusk bei dem Gipfel in Brüssel. Er sei auf jeden Fall kompetent. „Aber wir müssen auch den rechtlichen Kontext klären“, fügt Tusk an. „Sie wissen schon, was ich meine.“

Neu ist so etwas nicht. Auch gegen den früheren Kommissionschef Jean-Claude Juncker wurde einst ermittelt. Die Vorwürfe drehten sich um Steuervorteile für Amazon, die so üppig waren, dass manche sie für illegale Staatshilfen hielten. Nun herrscht wieder der Verdacht, die Mächtigen in Brüssel könnten in dubiose Geschäfte verwickelt sein. Es wäre kein guter Start für fünf weitere Jahre Ursula.

Bei Kallas wiederum, der estnischen Ministerpräsidentin, haben manche Staats- und Regierungschefs politische Bedenken. Kallas könnte sich, meinen sie, als Außenbeauftragte der EU zu sehr auf den Krieg in der Ukraine fokussieren und andere Weltregionen vernachlässigen. Zum Beispiel die Länder Nordafrikas, die Brüssel helfen sollen, Migration nach Europa zu begrenzen.

Wie geht es nun weiter? Sollte von der Leyen bei dem Gipfel in der kommenden Woche als Kommissionspräsidentin nominiert werden, muss sie sich Mitte Juli einer Abstimmung im EU-Parlament stellen. Sie benötigt die Unterstützung von 361 der 720 Abgeordneten. Konservative, Sozialdemokraten und Liberale kommen auf fast 400 Sitze. Doch es dürfte Abweichler geben. Deshalb wird von der Leyen wohl auf die Grünen angewiesen sein – oder auf die Rechten.

Zu ihnen zählt die Fratelli d’Italia von Giorgia Meloni. Deshalb wirbt von der Leyen um die Unterstützung der Italienerin. Sie hält derzeit sogar, hört man aus der Kommission, einen offiziellen Bericht zurück, der Italien für die Einschränkung der Pressefreiheit kritisiert. Aus Sorge, sie könnte die Gunst Roms verlieren.

Eigentlich sollte der Bericht Anfang Juli erscheinen. Nun dürfte er erst nach der Abstimmung im EU-Parlament über von der Leyens zweite Amtszeit kommen. Offiziell will sich die Kommission nicht zu den Gründen für die spätere Veröffentlichung äußern. Spielen politische Erwägungen von der Leyens eine Rolle? In langen, gewundenen Antworten möchten Sprecher der Brüsseler Behörde das weder bestätigen noch dementieren.

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