«Kurse fielen aus, mein Geld erhielt ich aber nicht zurück»
Im März wurde bekannt, dass sich die Sprachschule Inlingua Bern und Thun nicht mehr so nennen darf. Seither fallen nicht nur Lehrkräfte, sondern auch Kurse aus. Eine Schülerin fordert ihr Geld zurück, doch der Schulleiter – kein Unbekannter – weigert sich.
«Ich habe die Schnauze voll», sagt Chiara O*. Die Bernerin besucht seit Januar einen Englischkurs, wirklich viel habe sie seither aber nicht gelernt. Denn schon nach zwei Monaten fielen regelmässig Kurse aus.
Angefangen hatte alles Ende Februar, als ihre Lehrerin über ausstehende Lohnzahlungen seitens der Sprachschule Inlingua klagte. Wenige Tage später berichtete auch «der Bund» über betroffene Lehrpersonen, die um ihre fälligen Löhne kämpften.
Inlingua Bern und Thun verliert Lizenz
Was damals keiner wusste: Nicht einmal eine Woche nach dem besagten Zeitungsbericht verkündet abermals «der Bund», dass die Salerno AG, Betreiberin der Sprachschule Inlingua Bern und Thun, ihre Lizenz der Inlingua International verloren hat, denn die Lizenzgebühren seien nicht bezahlt worden.
Lehrerinnen und Lehrer der Sprachschule klagten im Frühjahr über fehlende Lohnzahlungen. (Symbolbild)
Zum Verständnis: Inlingua International betreibt ein Franchisesystem. Lizenznehmerinnen und Lizenznehmer rund um den Globus können also gegen eine Gebühr Lehrmittel und Lerninhalte beziehen sowie den Namen «Inlingua» benutzen, wirtschaften rechtlich aber unabhängig von der Zentrale.
Auch die Sprachschule Inlingua Bern und Thun war eine solche Lizenznehmerin. Olivier Bakker übernahm die Lizenz 2021 als er die Salerno AG kaufte. Zuvor machte er sich als Mitgründer und Direktor des internationalen Kurzfilmfestivals Shnit einen Namen.
Wie die «Berner Zeitung» im Januar 2020 jedoch berichtete, scheiterte auch dieses Projekt von Bakker. Der Grund: Die Geldgeberinnen Stadt und Kanton Bern strichen wegen verspäteter und unvollständiger Fördereingabe ihre Subventionen.
Bernerin erhält keine Informationen
Doch zurück zum Fall von Chiara O. Sie wurde über den Lizenzverlust der Sprachschule seinerzeit nicht informiert. Stattdessen erfuhr sie erst Tage später, dass der Kurs fortan von der Sprachschule «Haus der Sprache» durchgeführt wird. Schulleiter ist Olivier Bakker – der ehemalige Geschäftsführer von Inlingua Bern und Thun.
Chiara O. wollte deswegen aber keine voreiligen Schlüsse ziehen und begab sich nach den Frühlingsferien wie gewohnt ins Klassenzimmer. Als nach 20 Minuten jedoch weder Mitstudierende noch die Lehrerin auftauchten, wurde sie stutzig und kontaktierte ihre Lehrerin – vergebens.
Wegen «anhaltender Krankheit» konnte eine Sprachlehrerin ihren Englischkurs nicht weiterführen. (Symbolbild)
Erst als Chiara zehn Minuten später in einer erneuten Nachricht mitteilt, dass sie nicht länger warten würde und nach Hause gehe, antwortet ihre Lehrerin, dass sie bis zum 31. Mai krankgeschrieben sei. «Auch darüber hat mich die Schule im Vorfeld nicht informiert», klagt die Bernerin und fragt sich, weshalb keine Ersatzlehrperson gestellt wurde.
Auf Anfrage von 20 Minuten erklärt Schulleiter Olivier Bakker: «Innerhalb der Periode des ersten Arztzeugnisses [sic!] war es nicht möglich, den Kurs zu den gesetzten Zeiten / Tagen mit einer Ersatzlehrkraft zu bestücken.» Als die Lehrerin wegen ihrer «anhaltenden Krankheit» ein weiteres Arztzeugnis eingereicht habe, habe man den Kursteilnehmenden schliesslich eine Lösung vorgeschlagen.
Dem widerspricht Chiara allerdings. Denn wie in vorherigen Fällen wurde die Bernerin auch Mitte Mai, als endlich ein Ersatz für die krankgeschriebene Lehrerin gefunden wurde, nicht über den Ersatzkurs informiert. Erst durch ihre Mitstudierenden habe sie erfahren, dass der Kurs per sofort wieder stattfinde – und zwar donnerstags und freitags, statt mittwochs und freitags.
Schule ignoriert eingeschriebenen Brief
«Ich bin glücklicherweise flexibel und kann trotz der veränderten Kurstage weiterhin teilnehmen», sagt Chiara. Gleichwohl erachtet sie es als eine Frechheit, dass sie im Vorfeld nicht gefragt und einfach vor vollendete Tatsachen gestellt wurde. «Hätte ich das Sprachdiplom deswegen nämlich nicht erwerben können, wäre das fatal für meine Weiterbildung gewesen.»
Schulleiter Olivier Bakker versichert gegenüber 20 Minuten jedoch: «Falls Kursteilnehmende mit der Lösung nicht einverstanden sind, ist es jederzeit möglich, sich bei der Leitung zu melden. Wir sind immer bestrebt, die beste Lösung für Kursteilnehmende zu suchen und vorzuschlagen.»
Weil zahlreiche Kurstage ausgefallen waren, werden diese nun an die Kursperiode angehängt. Eine Rückerstattung gibt es nicht. (Symbolbild)
Da Chiara O. erst verspätet von dem Ersatzkurs erfahren hatte, forderte sie bereits Tage zuvor in einem eingeschriebenen Brief eine vollständige Rückerstattung des gezahlten Kursbetrags von 1800 Franken. «Es waren einfach schon so viele Kurse ausgefallen, da hatte ich keine Hoffnung mehr, dass sich da in naher Zukunft etwas ändern wird, geschweige denn, dass ich das Diplom überhaupt absolvieren kann», erklärt die Bernerin.
Verschickt hatte sie den Brief am 6. Mai 2024, eine Antwort beziehungsweise eine Rückerstattung hat sie bis heute jedoch nicht erhalten. Wie Olivier Bakker auf Anfrage von 20 Minuten erklärt, «werden die ausgefallenen [sic!] Kursveranstaltungen dem Kursteilnehmenden nie verrechnet, sondern an der Kursperiode angehängt.»
Zudem garantiert er, die Schule habe immer und werde auch weiterhin Sprachunterricht in hoher Qualität durchführen. «Das Erreichen eines Zertifikats hängt von vielen Faktoren ab und wird in der Regel mithilfe der Sprachlehrkraft erreicht. Das werde auch in der Klasse von Chiara O. «voraussichtlich nicht anders sein», so Bakker.
*Name der Redaktion bekannt.