Star Wars Episode I: Mit Herz
Nostalgie
Star Wars Episode I: Mit Herz
Zum besten Star Wars Film auch der beste Jedi aller Zeiten: Meister Qui-Gon Jinn (Liam Neeson).
Zu Star Wars-Filmen gibt es mehr Meinungen als Sterne, doch für Baha Kirlidokme ist klar: „Episode Eins“ ist und bleibt die Nummer Eins. Eine Liebeserklärung.
Star Wars-Fans sind das schlimmste, was Star Wars passieren konnte. Manche von ihnen zumindest. Sie heulen rum, wenn die Filme nicht exakt ihren imaginären Skripten entsprechen. Sie vermuten eine woke Verschwörung, wenn die Charaktere Mace Windu und Lando Calrissian seit der Konzernübernahme durch Disney nicht mehr die einzigen Schwarzen Menschen in der Galaxis der Filme sind. Und sie fühlen sich in ihrer Männlichkeit angegriffen, wenn weibliche Figuren mehr tun, als sich im Sklavenbikini zu räkeln.
Nein, momentan ist es wirklich nicht leicht, Star Wars-Fan zu sein. Die US-dominierten identitätspolitischen Kulturkämpfe sind inzwischen auch in der „weit, weit entfernten Galaxis“ eingezogen. Das führt sogar dazu, dass rechte Fans sogenannte Review-Bombings orchestrieren: Sie verabreden sich, die neue Star Wars-Serie „The Acolyte“ in Foren mit den schlechtmöglichsten Bewertungen zu bestrafen. Dabei geht es gar nicht mal darum, dass die Serie, die bisher ganz okay ist, viele Skriptschwächen aufweist. Nein, das Problem ist für diese Menschen, dass es zu wenige weiße Männer gibt und einmal sogar das Pronomen „They“ verwendet wird. Dieses frustrierende Phänomen lässt einen die alten Zeiten zurücksehnen, als sich Fans die Köpfe noch über Inhalte eingeschlagen haben.
Das beste Beispiel hierfür ist der 1999 erschienene Film „Star Wars Episode I: Die dunkle Bedrohung“. Der erste Teil der Prequel-Reihe, die von Old-School-Fans eher gemischt aufgenommen wurde, galt lange als schlechtester Star Wars-Film. Völlig zu unrecht natürlich, denn er ist der absolut Beste.
Das Podrennen war unterhaltsam und wer was anderes behauptet, lügt.
Was dieser Film vor allem hat, ist etwas, was dem durch und durch monopolisierten Hollywood heutzutage fehlt: Herz, so kitschig sich das auch liest. Unter dem Studiogiganten Disney wird die Kinobranche immerzu von denselben uninspirierten Franchises, Remakes oder Spin-Offs dominiert. Die dunkle Bedrohung galt 1999 als unkonventionell, ist heute aber beliebter denn je.
Was viele der rechten Fans heute vergessen: Star Wars war schon immer politisch. Das steckt schon im Namen - Krieg der Sterne. Der Erfinder George Lucas hat in zahlreichen Interviews betont, dass die Rebellen in der Originalreihe an das Vorbild der Vietcong angelehnt sind und das Galaktische Imperium nicht nur Nazideutschland, sondern auch die imperialistische USA repräsentiert. In „Episode I“ ging Lucas noch einen Schritt zurück und stellte die Frage, woran die Republik überhaupt scheiterte, um letztendlich dem Imperium zu weichen. Also eigentlich, woran die Weimarer Republik scheiterte. Denn es lag nicht einfach nur an einer fehlenden Fünfprozenthürde. Die Institutionen waren erkrankt an Korruption.
Der Film birgt noch mehr historische Anspielungen und beginnt etwa mit einer Blockade der Handelsföderation über dem Planeten Naboo. Ein Wirtschaftskonglomerat, mit so viel Kapital, bewaffneten Schiffen und Macht, dass es mal eben ganze Völker unterdrücken kann? Die British East India Company lässt grüßen. Auch wird die Frage nach den Grenzen der Diplomatie gestellt, die die internationale Politik noch heute beschäftigt. Müssen die Naboo zusehen, wie sie vernichtet und besetzt werden, während der Galaktische Senat eine Untersuchung einleitet? Oder ist die Zeit für bewaffneten Widerstand gekommen?
FR-Autor Baha Kirlidokme gehört zur intelligenten Minderheit, die „Die Dunkle Bedrohung“ zu schätzen weiß.
Mit dem Orden der Jedi sieht es ähnlich aus. 22 Jahre nach dem ersten Star Wars-Film „Eine neue Hoffnung“, beantwortet „Die Dunkle Bedrohung“ endlich die Fragen, wer die Jedi waren und woran sie gescheitert sind. Der Jedi-Orden dient der Republik, soll den Frieden waren und das Gleichgewicht der Macht. Doch schnell wird klar: Er ist genauso erkrankt, wie die Republik selbst. Die Jedi sind über Generationen konservativ geworden, dogmatisch, arrogant und ignorant. Wenn dann ein Jedimeister wie Qui-Gon Jinn daher kommt, Strukturen hinterfragt, Probleme aufdeckt, wird er als linker Spinner hingestellt. Auch das dürfte manchen bekannt vorkommen.
Dennoch, so wenig subtil das alles ist, so wenige Menschen haben es damals verstanden. Während die endlosen Debatten im Galaktischen Senat zu den stärksten Szenen des Films gehören, zeigen sie doch die Probleme bürgerlicher Demokratien, langweilen sie bis heute viele Fans. Da ist man natürlich geneigt, sich mit ihnen zu vergleichen und im Zweifelsfall überlegen zu fühlen. Am Ende sollten sich Star Wars-Fans entspannen. „Episode I“ hat Jahre gebraucht, bis er verstanden wurde. Vielleicht sind die heutigen Filme und Serien ihrer Zeit einfach noch voraus. An den besten Star Wars-Film allerzeiten, werden sie aber nicht herankommen.