Nach Verbannung aus katholischer Kirche gelingt mit neuer Hochzeit die Versöhnung
Olching
Nach Verbannung aus katholischer Kirche gelingt mit neuer Hochzeit die Versöhnung
Ein Ehepaar kommt aus einer Kirche und hat sein Gelöbnis erneuert.
Die Kirche befindet sich in einer Krise. Aber dass es noch sehr treue Anhänger gibt, beweist ein Beispiel aus Olching. Ein Paar wollte nach 60 Jahren seinen Ehebund unbedingt vor einem katholischen Priester erneuern – obwohl der Ehemann damals verbannt wurde.
Glücklich strahlend kommen Uschi und Werner Weinand aus der Kirche am Nöscherplatz. Sie im weißen Hosenanzug, mit einem Strauß Blumen in der Hand, er im schwarzen Sakko. Familie und Freunde haben sich zu einem Spalier aufgestellt und halten Ballons in die Höhe. In Pastellfarben, dem Anlass würdig. Es ist das Bild einer ganz normalen Hochzeit – aber es ist weitaus mehr. „Es bedeutet uns so viel“, sagt der Bräutigam gerührt.
Denn die Weinands gaben sich bereits vor 60 Jahren das Ja-Wort, damals in einem Standesamt in Köln. Sie feierten kürzlich ihre Diamantene Hochzeit in ihrer liebgewonnenen Wahlheimat Olching. Zu diesem Anlass wollten sie ihr Ehegelöbnis erneuern – und sich mit einem Gottesdienst endgültig mit der katholischen Kirche aussöhnen. Diese hatte den Bräutigam 1964 verbannt, weil er sich als Katholik im erzkonservativen Rheinland mit seiner evangelischen Frau in deren Kirche trauen ließ.
Seine Angetraute erklärt auch, warum es so kam: „Ich wollte nicht katholisch heiraten, weil ich mich sonst hätte verpflichten müssen, dass unsere Kinder katholisch erzogen werden. Das konnte ich nicht.“ Das war damals so, heute ist die Klausel etwas entschärft.
Der Bräutigam wuchs streng katholisch auf
Für Werner Weinand war es dennoch ein Schock. Er wuchs streng katholisch auf. Er war Ministrant, der Vater 50 Jahre im Kirchenchor. „Mein Mann kam aus einem kleinen Dorf. Es war eine ziemliche Katastrophe, dass er exkommuniziert wurde“, erinnert sich Uschi Weinand, die aus dem Osten Deutschlands stammt. Für sie sei das eine Belastung gewesen, all die Jahre, dass er das ihretwegen auf sich nahm.
Deshalb lag der 82-Jährigen die Versöhnung ebenfalls sehr am Herzen. Sie hatte bereits Ende der 1970er-Jahre alle Hebel in Bewegung gesetzt, dass ihr Ehemann wieder in die Kirche aufgenommen wurde, als dies möglich war. „Schon allein wegen seiner Eltern.“
Auch für Olchings Pfarrer Josef Steindlmüller war der Gottesdienst etwas Besonderes. „Das war schon sehr bewegend“, sagt er. Vor allem, weil er bei dem Paar diese große Dankbarkeit gespürt habe, dass sie sich gefunden haben. Und dass sie so eine lange Zeit gemeinsam miteinander verbringen durften und immer noch dürfen. „Das ist alles andere als selbstverständlich.“ In Zeiten, in denen die Kirche in einer Krise steckt und die Zahl der kirchlichen Trauungen immens zurückgeht, freut sich Steindlmüller außerdem über dieses starke Bekenntnis.
Das Ehepaar Weinand sitzt auf der Couch im Wohnzimmer mit dem Bild der Familie im Hintergrund.
Dass er diesen Schritt gehen wollte, beschloss Werner Weinand schon vor einigen Jahren nach einer schweren Krankheit. Er lag im Brucker Krankenhaus. „Meine Frau hat mir damals das Leben gerettet, weil sie so schnell reagiert hat“, sagt der 84-Jährige. Für ihn sei es eine starke Motivation gewesen, die Diamantene Hochzeit zu erleben. Und in der katholischen Kirche einen Dankgottesdienst zu feiern. „Auch wenn ich mittlerweile beide Konfessionen vereint habe. Das ist meiner Meinung nach der einzige Weg.“
Damals war Ökumene noch ein Fremdwort
Das wäre vor 60 Jahren noch undenkbar gewesen, Ökumene war ein Fremdwort. Das zeigt die Geschichte der ㈠Weinands, die sie am Tag vor der großen Feier zu Hause in ihrem Wohnzimmer bei Kaffee und Keksen erzählen. Tochter Nadja und Schwiegersohn Guido Amendt, den man von der Olchinger Braumanufaktur kennt, sind ebenfalls da. Typisch für die Generation wird es nicht sehr gefühlsduselig, eher Prinzip Lebenslauf.
Es war eine ziemliche Katastrophe, dass er exkommuniziert wurde.
Uschi Weinand
Kennengelernt hat sich das Jubel-Paar im Kaufhof. Er machte dort als Einzelhandelskaufmann eine steile Karriere, war mit 23 Jahren jüngster Abteilungsleiter, was er mit großem Stolz berichtet. Sie arbeitete auch dort und entdeckte ihn, als er nach seiner Beförderung strahlend aus dem Personalbüro kam. „Der ist aber nett“, dachte sie sich. Sie wollte unbedingt herausfinden, in welcher Abteilung er arbeitete. Es gelang ihr und so kam eines zum anderen. Mehr Details gibt es nicht. „Ich habe bis heute nicht herausgefunden, wie sie eigentlich zusammenkamen“, ruft Tochter Nadja lachend herein.
In Olching fühlen sie sich wohl
Alte Aufnahme von dem Ehepaar Weinand bei der kirchlichen Trauung
Als Werner Weinand mit 24 Jahren 1964 noch zum Militärdienst eingezogen wurde, obwohl er beruflich bereits so erfolgreich war, war er stinksauer. Da kommt heute noch mit voller Inbrunst der Satz heraus: „Dann heirate ich jetzt, dann müssen sie für meine Frau aufkommen.“ Das hat er geschafft. Die erste Wohnung in Hagen war finanziert. Es kamen zwei Kinder zur Welt, Nadja und Frank. Irgendwann wechselte der Rheinländer in die Kaufhof-Filiale an den Marienplatz nach München. Die Familie zog 1975 in das Haus in Olching.
Sie fühlten sich von Beginn an sehr wohl. Ein Kegelclub wurde gegründet, der Freundeskreis ist groß. Es kamen vier gesunde Enkel auf die Welt. „Die Familie ist uns sehr wichtig“, sagt Werner Weinand. Über der Couch im Wohnzimmer ist ein großes Foto zu sehen, auf dem fast alle bei einer Feier im Golfclub abgebildet sind. Alle sind füreinander da. „Das ist wichtig, weil wir schon einmal Hilfe brauchen, mit dem Internet oder so.“
Und was ist der Geheimtipp einer langen glücklichen Beziehung? Vertrauen und Ehrlichkeit. Dann kann man voller Überzeugung wie die beiden nach 60 Jahren sagen: „Wir würden es jederzeit wieder tun.“