Deutscher Strommarkt „nicht effizient“? Netzbetreiber reagieren auf Schwedens Absage
Bundeskanzler Olaf Scholz (l.) und der schwedische Premierminister Ulf Kristersson bei einer Pressekonferenz im März 2024
Klimafreundlichen Strom austauschen und erneuerbare Energie effektiver speichern: Das war das Ziel der Hansa PowerBridge, einer geplanten Stromverbindung zwischen Deutschland und Schweden über die Ostsee. Doch dann erteilte die schwedische Regierung dem Projekt eine Absage. Der deutsche Strommarkt sei nicht effizient genug, um die Stromnetze der beiden Länder stärker zu verbinden, hieß es in der Erklärung. Die Strompreise in Schweden könnten steigen und die Netze instabiler werden, so die Befürchtung.
Wie sind die Reaktionen in Deutschland? Das Bundeswirtschaftsministerium bedauert die Entscheidung der schwedischen Regierung, sagt ein Sprecher auf Anfrage. Allerdings sei das Projekt auch nur eines von vielen, die grenzüberschreitenden Stromaustausch in Europa ermöglichen und verbessern sollen. „Selbstverständlich bleiben wir auf dem Feld der europäischen Energieversorgung weiter eng im Gespräch mit der schwedischen Regierung“, so der Sprecher.
Auch der deutsche Netzbetreiber 50Hertz, der das Projekt eigentlich zusammen mit dem schwedischen Netzbetreiber Svenska kraftnät umsetzen sollte, spricht in einer Mitteilung von Bedauern. Weiter heißt es: „Auf deutscher Seite wurden alle Voraussetzungen erfüllt, dieses grenzüberschreitende Projekt planerisch und technisch umzusetzen.“
Aus der Sicht der Schweden hat die stärkere Verbindung mit dem deutschen Strommarkt zu viele Risiken, wie unter anderem die Nachrichtenagentur Reuters berichtet. Der Hauptkritikpunkt: Deutschland hat nur eine einzige Strompreiszone, der Preis wird an der Börse im ganzen Land also einheitlich gehandelt. Schweden hat insgesamt vier Strompreiszonen, in denen sich die Strompreise unterscheiden.
„Der deutsche Strommarkt funktioniert nicht auf eine Weise, die den Marktteilnehmern korrekte Preissignale liefert, vor allem, weil Deutschland im Gegensatz zu Schweden nicht entsprechend den erheblichen Engpässen in Stromgebiete aufgeteilt ist“, erklärte die schwedische Regierung laut Reuters. Und die schwedische Energieministerin sagte, man könnte Südschweden, das ein großes Defizit in der Stromproduktion habe, „nicht mit Deutschland verbinden, wo der Strommarkt heute nicht effizient funktioniert“.
Ist der deutsche Strommarkt wirklich ineffizient? „Das wollen und können wir nicht kommentieren“, sagt ein Sprecher von 50Hertz. Ob es ein Problem sei, dass es in Deutschland nur eine Strompreiszone gibt – darüber würden sich auch Experten streiten. Seit der letzten Wahl konzentriere sich die schwedische Regierung eher auf die Stärkung des heimischen Strommarktes, die Absage kam also nicht komplett überraschend. „Es stand immer wieder im Raum. Dass es jetzt so abrupt kommt, damit hatten wir auch nicht gerechnet“, so der Sprecher.
Von der Bundesnetzagentur heißt es auf Anfrage: „Dass mit dem Wegfall des Projektes der Druck auf die deutsche Strompreiszone erhöht würde, erschließt sich der Bundesnetzagentur nicht.“ Zwar habe die damit einhergehende geminderte Handelskapazität grundsätzlich Auswirkungen auf den Markt. Da die Hansa PowerBridge aber nur „eine von mehreren Ausbaumaßnahmen“ sei, sei durch den Wegfall des Projektes keine signifikante Auswirkung auf die Energiewende zu erwarten.
Und wie sieht jetzt die Zukunft aus? „Momentan gehen wir davon aus, dass das Projekt nicht fortgesetzt wird“, sagt der Sprecher von 50Hertz. Die Zusammenarbeit von 50Hertz und Svenska kraftnät werde zunächst geordnet beendet. In Zukunft könne sich die Einschätzung in Schweden aber ändern – dann wäre es natürlich möglich, dass das Projekt wieder aufgetaut wird.
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