Waffenkauf: Pistorius: Kein Geld? Kein Problem!
Boris Pistorius (SPD), Bundesminister der Verteidigung zu Gast im Bundestag. Foto: Kay Nietfeld/dpadata-portal-copyright=
Verteidigungsminister Boris Pistorius bringt dutzende Milliarden-Euro-Aufträge für neue Waffen auf den Weg. Ohne vollen Geldbeutel. Damit schafft er für manche schwer zu ertragende Tatsachen. Ein Kommentar.
Boris Pistorius ändert seine Taktik, um der Bundeswehr neue Ausrüstung zu besorgen. Hatte der Verteidigungsminister gerade noch öffentlich mit Finanzminister Christian Lindner um die Schuldenbremse gestritten, schafft sein Haus jetzt Tatsachen. In den vergangenen Tagen und Wochen hat der Bendlerblock dutzende Bestellwünsche beim Bundestag eingereicht, um Waffen zu bestellen. Für zig Milliarden Euro.
Die Krux: Die Finanzierung dieser Waffen bleibt – Stand heute – völlig ungeklärt. Für die Einkäufe ist weder der laufende Haushalt noch das 100-Milliarden-Sondervermögen der Bundeswehr vorgesehen. Man könnte auch sagen: Minister Pistorius geht auf Einkaufstour mit leerem Geldbeutel – und schafft damit für manche schwer zu ertragende Tatsachen.
Zwei Fregatten im Wert von knapp drei Milliarden Euro, 105 zusätzliche Leopard-2-Kampfpanzer für ebenfalls knapp drei Milliarden Euro, Artilleriemunition im Wert von 15 Milliarden Euro. Auch neue Patriot-Systeme und offenbar zusätzliche Tarnkappenbomber. Haushälter im Bundestag sprachen gegenüber der WirtschaftsWoche von Ausgaben in Höhe von rund 28 Milliarden Euro. Ungedeckt.
Stattdessen heißt es in Vorlagen für den Bundestag: Die Kosten würden „zeit- und bedarfsgerecht berücksichtigt“ oder es gebe bislang eben „keine Haushaltsvorsorge“ für ein Projekt. Das Verteidigungsministerium sichert lediglich zu, die nötigen Mittel im Rahmen des Bundeshaushalts 2025 bereitzustellen.
Dabei geht die Schuldenbremse durchaus weiter, auch für Pistorius. Eine Tatsache, die übrigens ebenso für den Kanzler gilt. Letzterer stellt sich zwar in der öffentlichen Debatte betont hinter Christian Lindner – die neue Einkaufsstrategie seines Verteidigungsministers hat laut WiWo-Informationen ihren Ursprung aber im Kanzleramt. „Jetzt bestellen, bitte erst ab 2028 bezahlen, hieß unsere Order“, sagt ein Ministerialer. Eine gewisse Scheinheiligkeit wird sich Olaf Scholz also vorwerfen lassen müssen, wenn es um das Thema Finanzen und Verteidigung geht.
Dabei gibt es durchaus Argumente, sowohl für als auch gegen die ungedeckten Käufe: Befürworter finden, dass die Anschaffungen von Panzern und Munition angesichts der russischen Aufrüstung nicht länger auf einen irgendwann geklärten Haushalt warten kann. Das nötige Gerät steht nicht fertig zum Kauf auf dem Hof: Ein Leopard 2 etwa braucht mindestens zwei Jahre Produktionszeit. Auch fordert die Industrie durchaus seit langem Verträge, um überhaupt ihre Bänder anwerfen zu können. Gleichzeitig ist die internationale Konkurrenz um gewisse Produkte groß. Wer nicht bestellt, muss länger in der Schlange stehen und mit teureren Preisen rechnen.
Wer dagegen argumentiert, sieht das Ministerium im schwer kontrollierbaren Kaufrausch. Wird das Geld für die ungedeckten Verträge in Zukunft nicht fließen, müssen diese wohl teuer nachverhandelt werden oder platzen gleich ganz. Auch bleibt die tatsächliche Finanzierungsfrage für die Verteidigung trotz des Pistorius-Kniffs weiter ungeklärt: Sie einfach in die Zukunft zu verlagern oder gar einer Nachfolgeregierung als Erbe aufzubürden, sehen manche als Ausdruck politischer Verantwortungslosigkeit an.
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