Treu und teuer: Berlins Beamte werden noch besser bezahlt
Finanzsenator Stefan Evers (CDU)
Berlin will seine Beamten besser bezahlen. Dafür ist vorgesehen, die Besoldung an den Tarifabschluss anzupassen und den Abstand zum Niveau im Bund zu verringern. Das teilte Finanzsenator Stefan Evers (CDU) am Mittwoch mit. Gleichzeitig soll das Pensionseintrittsalter auf 67 Jahre angehoben werden. Hintergrund ist der Personalmangel bei der Verwaltung. Schon jetzt sind rund 7000 Stellen unbesetzt.
Zur Einordnung: Das Land Berlin beschäftigt 134.000 Mitarbeiter. Besonders teuer ist dabei vor allem eine Gruppe: Beamte und Pensionäre. Nicht zuletzt die Wiedereinführung der Verbeamtung von Lehrern im Februar 2023 hat diesen Effekt noch verstärkt. Bekanntlich war Berlin das letzte Bundesland, das neue Lehrer nicht verbeamtete. Doch immer mehr Lehramtsanwärter flohen aus Berlin, weil ihnen überall anders ein Beamtenverhältnis sicher war. Schließlich wurde der Druck zu groß – Berlin sollte bei der Lehrkräfteversorgung nicht noch weiter ins Minus rutschen.
Inzwischen arbeiten im öffentlichen Dienst des Landes Berlin 76.000 Tarifbeschäftigte, also Arbeiter und Angestellte. Dazu kommen etwa 58.000 weitgehend steuerbefreite Beamte. Nicht zu vergessen die 64.500 Pensionäre, darunter auch Witwen und Witwer. Das bedeutet: Es gibt mehr Pensionsempfänger als aktiv arbeitende Beamte. Und diese Schere wird durch die bevorstehende massenhafte Pensionierung eher noch weiter aufgehen.
Die Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte wachsen. So gibt das Land Berlin laut Haushaltsplan 2024 bereits 12,3 Milliarden Euro für sein gesamtes Personal aus, für 2025 sind 12,9 Milliarden Euro vorgesehen.
Am Donnerstag wird im Berliner Nachtragshaushalt 2024/2025 im Abgeordnetenhaus debattiert. Er sieht für 2024 in Einnahmen und Ausgaben auf 40,6 Milliarden Euro vor. Dem stehen Verpflichtungsermächtigungen von 53,7 Milliarden Euro gegenüber. Für 2025 ist ein Etat von 40,5 Milliarden Euro vorgesehen, die Verpflichtungsermächtigungen wurden auf 45,6 Milliarden Euro reduziert. Das heißt: Die Schulden werden steigen.
Nun ist das Land Berlin durch seine Hauptstadtfunktion in einer besonderen Lage. In der Stadt sitzen die potenziellen Arbeitgeber für Verwaltungspersonal quasi Tür an Tür. Dabei gilt dann oft: Ober sticht Unter, Bundesebene sticht Landesebene. Und dann ist da noch die Ebene darunter. So gibt es wohl keinen Bezirksbürgermeister, der nicht darüber klagt, seine Stellen nicht besetzt zu bekommen. Wie auch? Auf Bezirksebene wird vergleichsweise noch schlechter bezahlt. Das ist besonders unangenehm, wenn publikumsintensive Bereiche nicht mehr ausreichend besetzt werden können.
Das Dumme ist: Es wird eher schwieriger. Gleich zwei Herausforderungen türmen sich auf. Da ist auf der einen Seite der durch die multiplen Krisen der vergangenen vier Jahre – Wirtschaftshilfen bei Corona, Unterbringung und Versorgung Zehntausender ukrainischer Flüchtlinge, Absicherung möglicher Energiekrisen – ins Rutschen geratene Berliner Haushalt.
Auf der anderen Seite steht die pure Demografie, die Tatsache also, dass die geburtenstarken Jahrgänge – gemeint sind alle, die vor Ende der 60er-Jahre geboren wurden – nach und nach aus dem Arbeitsleben ausscheiden. Die Berliner Verwaltung ist davon nach Angaben der Finanzverwaltung besonders betroffen. So gehen bis 2030 rund 40.000 Verwaltungsmitarbeiter in den Ruhestand, laut einer Hochrechnung verlassen im selben Zeitraum etwa 26.000 Beschäftigte aus anderen Gründen die Berliner Verwaltung.
Natürlich können und sollen nicht alle frei werdenden Stellen neu besetzt werden, aber der Druck, das Land Berlin als attraktiven Arbeitgeber dastehen zu lassen, bei dem überhaupt noch jemand arbeiten will, ist beträchtlich. Oder, wie es die Finanzverwaltung formuliert: „Es geht um nichts weniger als die Handlungs- und Zukunftsfähigkeit der Stadt.“ Die Lösung nennt Evers’ Verwaltung den „Berliner Dreisprung“.
Sprung 1: Das Tarifergebnis des öffentlichen Dienstes soll 1:1 auf Berlins Beamte übertragen werden. Die Beamten erhalten zum 1. November dieses Jahres einen Sockelbetrag von 200 Euro. Dazu kommt zum 1. Februar nächsten Jahres 5,5 Prozent oder mindestens 340 Euro mehr Gehalt.
Dagegen sind andere Anpassungen sprichwörtliche Peanuts. So will der schwarz-rote Senat besonders belasteten Polizisten und Feuerwehrleuten mehr bezahlen. 3,7 Millionen Euro werden für den „Dienst zu ungünstigen Zeiten“ veranschlagt. Eher großzügig verhält sich Berlin bei der Regelung der Wochenarbeitszeit der Beamten: Die Hauptstädter müssen 40 Stunden pro Woche arbeiten, die Bundesbeamten 41 Stunden.
Sprung 2 ist die geplante Anpassung an das sogenannte Bundesgrundniveau. 107 Millionen Euro werden dafür fällig. Das sei gut angelegtes Geld, heißt es von der Finanzverwaltung. Dennoch werde es unterschiedliche Bezüge geben, weil beim Bund oftmals attraktive Zulagen gewährt werden.
Sprung 3 ist die Anpassung des Pensionseintrittsalters auf 67 Jahre. Diese soll ab 2026 und dem Geburtsjahr 1961 in acht Stufen erfolgen. Für Senator Evers ist dieser Schritt überfällig. Berlin sei das letzte Bundesland, das diesen Schritt geht, das sei nichts anderes als „Gleichbehandlung und Gerechtigkeit“. Bestimmte Privilegien kann aber auch er nicht abräumen. So sollen etwa Personen im Vollzugsdienst bei Polizei und Justiz weiter früher in Pension gehen dürfen.
Aus dem Gesamtbild ergibt sich also eine Herkulesaufgabe für die Berliner Politik. Der Finanzsenator lässt keinen Zweifel daran, dass diese Aufgabe jetzt angepackt werden muss: „Wir sind die buchstäbliche letzte politische Generation, die überhaupt noch reagieren kann.“