Währungsfonds warnt Österreich, Immokredit-Vergaberegeln aufzuweichen
Die Lockerung der Regeln für die Vergabe von Wohnimmobilienkrediten an Private könnte gemäß Währungsfonds kontraproduktiv sein.
Immer wieder sorgen die Regeln für die Vergabe von Immobilienkrediten an Private für böses Blut und Aufregung, ganz besonders bei Bankern und in der Politik. Viele rufen nach der Aufhebung der sogenannten KIM-Verordnung der Finanzmarktaufsichtsbehörde FMA, in der die Vorgaben festgeschrieben sind, und argumentieren das mit der sinkenden Kreditnachfrage, vor allem Junge könnten sich kein Eigenheim mehr leisten. Die vom Finanzmarktstabilitätsgremium (FMSG) empfohlene Verordnung wurde im August 2022 eingeführt, 2023 und heuer gelockert, das Ausnahmekontingent der Banken wird ab Juli vereinheitlicht. Zur Erinnerung: Die Regeln schreiben einen Eigenmittelanteil von mindestens 20 Prozent vor, die Laufzeit darf maximal 35 Jahre und die Rückzahlungsrate maximal 40 Prozent des verfügbaren Nettohaushaltseinkommens betragen.
FMA und Nationalbank (OeNB) plädieren für die Beibehaltung der Regeln – und haben nun Rückendeckung vom Internationalen Währungsfonds (IWF) bekommen. Der kam Mitte Mai im "Länderbericht Österreich" zu seinen heurigen Artikel-IV-Konsultationen zum Schluss, dass die "vorsichtigen Beschränkungen für Wohnimmobilienkredite zu begrüßen sind und auch beibehalten werden sollten". In diesen Konsultationen prüft der IWF, ob seine Mitglieder ihre Pflichten wie etwa die Förderung des Wirtschaftswachstums oder der Preis- und Finanzmarktstabilität erfüllen.
IWF sieht deutliche Verbesserung der Kreditqualität
Konkret schreiben die IWF-Mitarbeiter, die von 15. Februar bis 1. März in Österreich unterwegs waren, dass sich die Qualität der Hypothekendarlehen seit Einführung der Beschränkungen "deutlich verbessert" habe. Insbesondere sei der Anteil neuer Kredite mit Beleihungsquoten von mehr als 90 Prozent von 59 auf 17 Prozent (im zweiten Quartal 2023) gesunken.
Die Maßnahmen müssen gemäß Aufforderung des IWF an die Behörden – trotz des zinsbedingten Abschwungs auf den Immobilienmärkten – beibehalten werden, die aufsichtsrechtlichen Grenzen seien "als dauerhafte, strukturelle Maßnahme erforderlich". Umso mehr als die durch die KIM-Verordnung gesteckten Grenzen im internationalen Vergleich angesichts der Ausnahmen "nicht besonders eng gesetzt" seien. Vor Versuchen, die Regeln aufzuweichen oder abzuschaffen, warnt der IWF: Versuche, die Erschwinglichkeit von Wohnraum durch eine Lockerung der Kreditstandards zu verbessern, könnten "kontraproduktiv", weil preiserhöhend wirken. Die Empfehlung, die sie Österreich dazu ins Stammbuch schreiben: Um Wohnraum erschwinglicher zu machen, sollte das Wohnungsangebot ausgeweitet werden, und zwar durch "Lockerung von Hemmnissen und regulatorischen Beschränkungen für Neubauten".
Variable Zinsen erhöhen das Risiko
Die Immobilienpreise sind laut IWF seit ihrem Höchststand gegen Ende 2002 um rund vier (real um elf) Prozent gefallen – aber gemäß Ansicht der IWF-Mitarbeiter um 30 Prozent überbewertet. Auch bei den Gewerbeimmobilien gebe es "Gegenwind", auch hier sieht der Währungsfonds Handlungsbedarf. Im Lauf der Jahre sei der Anteil der Gewerbeimmobilien-Kredite der Banken gemessen an ihrem gesamten Kredit-Engagement auf 20 Prozent gestiegen. Das und das Faktum, dass rund 45 Prozent der Hypothekarkredite variabel verzinst sind, erhöhe das Rückzahlungsrisiko für Kunden wie Institute.
Ganz explizit fordert der IWF die Behörden auf, die Risiken von Gewerbeimmobilien "sorgfältig" zu überwachen und bestehende Lücken bei den aufsichtsrechtlich relevanten Daten "zügig" zu schließen. Was damit gemeint ist: Die Behörden müssten Daten zu Preisen, Mieteinnahmen und Schuldendienstdeckungsgraden von Gewerbeimmobilien zum einen erheben und zum anderen veröffentlichen. Und sie sollen Banken dazu "ermutigen", bei ihren Gewerbeimmobilien-Krediten "besonders proaktiv" bei der Bildung von Rückstellungen und bei der (vorsichtigen, Anm.) Bewertung der Sicherheiten zu agieren.
Aufseher wollen Druck zur Abschwächung widerstehen
Was die sogenannten Häuslbauer-Kredite und die Einhaltung der KIM-Verordnung betrifft, sind die zuständigen Behörden ohnedies auf einer Wellenlänge mit dem Währungsfonds: FMA und OeNB hätten betont, wie wichtig es sei, dem Druck zur Abschwächung dieser Maßnahmen zu widerstehen, weil sie die Kreditqualität verbesserten, ohne das Kreditwachstum wesentlich zu behindern, heißt es im IWF-Länderbericht. (Renate Graber, 14.6.2024)