Gehalt: Mehr Geld für hunderttausende Chemie-Beschäftigte

gehalt: mehr geld für hunderttausende chemie-beschäftigte

Die Chemiebranche (hier eine Anlage in Leuna) rang viele Wochen um höhere Gehälter.

Trotz hoher Inflation einigt sich die zweitgrößte Industriebranche ohne Streiks. Die Gewerkschaft setzt nicht nur fast sieben Prozent mehr Lohn durch, sondern auch einen zusätzlichen freien Tag für ihre Mitglieder – ein tarifpolitisches Novum.

Mehr Geld für hunderttausende Chemie-Beschäftigte

Die Beschäftigten in der Chemie- und Pharmaindustrie bekommen mehr Geld. Nach zähen Verhandlungen einigten sich die Chemiegewerkschaft IG BCE und die Arbeitgeber auf Lohnerhöhungen von insgesamt 6,85 Prozent, der Tarifvertrag soll 20 Monate laufen. Darüber hinaus sollen Gewerkschaftsmitglieder einen zusätzlichen freien Tag erhalten und damit einen Vorteil gegenüber anderen Arbeitnehmern genießen – eine Forderung, die der IG BCE besonders wichtig war und die ein Novum in der deutschen Tariflandschaft ist.

Mit der Einigung sind Streiks in der zweitgrößten Industriebranche abgewendet. Zuletzt waren Arbeitskämpfe befürchtet worden, da sich die Gespräche zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften in mehreren Runden schwierig gestaltet hatten. Ende Juni wäre die Friedenspflicht in der Chemiebranche abgelaufen.

„Beide Verhandlungsseiten haben sich nichts geschenkt“, sagte IG-BCE-Chef Michael Vassiliadis nach der Einigung. „Aber am Ende steht ein Ergebnis, mit dem die Chemie-Sozialpartner die Talfahrt bei den Reallöhnen stoppen und die Tarifbindung stärken.“ Mit der Vorteilsregelung für Gewerkschaftsmitglieder bewiesen Arbeitgeber und Gewerkschafter außerdem ihre „tarifpolitische Innovationskraft“.

Die Präsidentin der Chemie-Arbeitgeber, Katja Scharpwinkel, sprach von einem „hart erarbeiteten Kompromiss“. Bei den Verhandlungen sei es darum gegangen, „Unternehmen und Beschäftigten Sicherheit und Perspektiven zu geben“. Die Chemiebranche befindet sich im Umbruch und leidet unter der aktuellen wirtschaftlichen Krise. Dem trägt auch der Tarifabschluss Rechnung: Die vereinbarte Lohnerhöhung soll in zwei Stufen erfolgen, ab September soll es 2 Prozent mehr Geld geben, ab 1. April weitere 4,85 Prozent. Die zweite Erhöhung ist allerdings „flexibilisiert“, wie die Arbeitgeber mitteilen: Wenn Unternehmen in einer schwierigen wirtschaftlichen Lage sind, dürfen sie die Erhöhung um bis zu drei Monate verschieben.

Die Lohnrunde in der Chemieindustrie war diesmal ungewohnt kämpferisch. Gewerkschaften und Arbeitgeber gelten hier als besonders kompromissbereit. Während in anderen Branchen oft gestreikt wird, einigen sie sich meist vor dem Arbeitskampf. Der letzte größere Streik liegt ein halbes Jahrhundert zurück. Diesmal allerdings kündigte die IG BCE frühzeitig das Abkommen, das erstmal eine Schlichtung durch unabhängige Vermittler vorsah. Verhandlungsführer Oliver Heinrich erklärte markig: „Die Arbeitgeber sollten eigentlich wissen: Arbeitskämpfe zählen zu unserem Werkzeugkasten.“

Die Beschäftigten übten großen Druck aus

Die Beschäftigten übten großen Druck aus, die Teuerungswelle der vergangenen Jahre auszugleichen. Nach Abzug der Inflation seien die Löhne im Land auf das Niveau von 2016 gefallen, argumentiert die IG BCE. Die ursprüngliche Forderung von sieben Prozent mehr für ein Jahr bringe die Gehälter deshalb nur auf das reale Niveau von vor der Krise.

Die Arbeitgeber hielten dagegen, dass sowohl ein Teil der Lohnerhöhung wie der Inflationsprämie aus dem Abschluss 2022 erst Anfang dieses Jahres an die Beschäftigten geflossen sind. Bei deutlich sinkender Inflation seien sie damit bereits gut gegen die Teuerung geschützt. Die Beschäftigten stünden insgesamt gut da: Die Gehälter seien seit 2010 um 48 Prozent gestiegen, die Verbraucherpreise dagegen nur um 37 Prozent.

Außerdem sei die Lohnforderung der Gewerkschaft von sieben Prozent für ein Jahr wegen der wirtschaftlichen Lage total übertrieben. Die Industrie produziere gut zehn Prozent weniger als vor dem russischen Überfall auf die Ukraine, der die Energiepreise und damit die Fertigung in Deutschland massiv verteuerte. Zeitweise sei die Produktion sogar um knapp 20 Prozent eingebrochen, manche Anlagen sind stillgelegt. Die Arbeitgeber warnten davor, dass die Firmen bei einem zu hohen Gehaltsabschluss Produktion ins Ausland verlagern würden. Die Gewerkschaft konterte, dass sich die wirtschaftliche Lage bereits deutlich verbessert habe. Den Pharmaherstellern beispielsweise gehe es blendend. Die Unternehmen müssten bei der Bezahlung für Mitarbeiter attraktiv bleiben, weil andere Branchen aufgeholt hätten.

Zum zweiten Knackpunkt in den Verhandlungen neben dem Gehalt entwickelte sich der Vorstoß der IG BCE, Gewerkschaftsmitgliedern einen Vorteil zu verschaffen. Traditionell kommt eine Lohnerhöhung allen Beschäftigten zugute, deren Betrieb nach Tarifvertrag bezahlt – egal ob ein Arbeitnehmer der Gewerkschaft angehört oder nicht. Mitglieder allerdings engagieren sich durch Aktionen bis hin zu Streiks für den Lohnabschluss. Und sie bezahlen einen Beitrag, bei der IG BCE sind es ein Prozent des Gehalts, also mehrere hundert Euro pro Jahr. Das ist gerade in Zeiten der Teuerung eine Menge Geld.

Manche Gewerkschafter sehen die Nicht-Mitglieder unter den Arbeitnehmern als Trittbrettfahrer. Und fürchten, es könnten sich noch mehr Beschäftigte von der Gewerkschaft verabschieden, um sich den Mitgliedsbeitrag zu sparen – was am Ende auch die Kampfkraft der Arbeitnehmerorganisation schwächt. Ein Sondervorteil für Mitglieder soll Anreize geben, in die Gewerkschaft einzutreten oder in ihr zu bleiben. Die Arbeitgeber sträubten sich zunächst grundsätzlich gegen solche Sondervorteile, weil dies in ihren Augen die Belegschaft zu spalten droht. Dann wurden verschiedene Modelle diskutiert, etwa ein Zuschuss zu Gesundheitsleistungen, die die Krankenkasse nicht bezahlt. Mit dem zusätzlichen freien Tag für Gewerkschaftsmitglieder haben die Tarifparteien nun eine andere Lösung gefunden.

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