Umfragen vor Parlamentswahl: Frankreichs Rechtspopulisten winkt absolute Mehrheit
Präsident Macron ruft nach der deutlichen Niederlage seines Bündnisses bei der Europawahl Neuwahlen in Frankreich aus. Seine Partei dürfte im Parlament künftig nichts mehr zu sagen haben, den Rechtspopulisten um Le Pen winkt sogar die absolute Mehrheit - das würde auch die Zusammenarbeit mit Deutschland beeinträchtigen.
Hat in Frankreich bald der Rassemblement National das Sagen?
Die französischen Rechtspopulisten könnten einer Umfrage zufolge bei der bevorstehenden Neuwahl des Parlaments die absolute Mehrheit erreichen. Nach der Erhebung könnten sie in der Nationalversammlung auf 250 bis 300 Abgeordnete kommen - die absolute Mehrheit liegt bei 289 Sitzen. Das ergab eine Umfrage des Instituts Odoxa im Auftrag des Magazins "Le Nouvel Obs".
Der Befragung zufolge würde der Rassemblement National (RN) von Marine Le Pen am 30. Juni im ersten Wahlgang 33 Prozent der Wählerstimmen erhalten und liegt damit vor dem links-grünen Wahlbündnis mit 28 Prozent, das unter dem Namen Neue Volksfront antritt. Das liberale Lager von Präsident Emmanuel Macron kommt demnach auf 19 Prozent der Wahlabsichten.
"Viele Franzosen finden Macron überheblich und belehrend"
Schlechte Karten für das Präsidentenlager
Auf Parlamentssitze heruntergerechnet, gäbe das dem RN die Mehrheit im Parlament. 160 bis 210 Abgeordnete entfielen demnach auf die Linke, 70 bis 120 Parlamentarier hätte das Präsidentenlager und 10 bis 50 Abgeordnete wären es für die Konservativen von den Republikanern und die weitere Rechte. Die Umfrage sieht eine Wahlbeteiligung von 64 Prozent.
Eine weitere Erhebung von Ifop Fiducial für den Sender LCI, die Zeitung "Le Figaro" und Sud Radio sieht den RN bei 35 Prozent. Für die linke Neue Volksfront wollen demnach 29 Prozent, für das Präsidentenlager 21,5 Prozent stimmen.
Der täglich erhobenen Umfrage zufolge käme der RN damit auf 200 bis 240 Sitze, die Neue Volksfront auf 180 bis 210 Sitze, das Präsidentenlager auf 110 bis 180 Sitze und die konservativen Republikaner und andere rechte Parteien auf 40 bis 60 Sitze. Diese Ergebnisse seien aber angesichts der verschiedenen Möglichkeiten bei der Stichwahl im zweiten Wahlgang am 7. Juli "mit Vorsicht" zu deuten, hieß es.
Massenproteste in Frankreich gegen Rechtsextremisten
Präsident Emmanuel Macron hatte nach der deutlichen Niederlage seines Bündnisses bei der Europawahl Neuwahlen ausgerufen. Die Wahl findet in zwei Runden am 30. Juni und am 7. Juli statt.
Was, wenn RN gewinnt?
Sollte die rechtspopulistische Partei Rassemblement National (RN) von Marine Le Pen als Sieger aus der Parlamentswahl hervorgehen, würde dies die Zusammenarbeit mit Deutschland vermutlich beeinträchtigen. RN-Parteichef Jordan Bardella und seine Vorgängerin Le Pen hätten immer schon "mit Deutschlandfeindlichkeit Politik gemacht", sagt Ross. Beide verbreiteten die Darstellung, Deutschland dominiere in Brüssel und arbeite gegen französische Interessen. "Es besteht die Gefahr, dass alte Rivalitäten und Klischees wiederbelebt werden", warnt Ross.
Die potenziellen Konfliktpunkte lassen sich auch am Wahlprogramm der Rechtspopulisten ablesen: Der RN will aus dem EU-Strommarkt aussteigen und den Migrationspakt aufkündigen. Ein Wahlsieg des RN "würde vieles zum Einsturz bringen", ist sich Ross sicher. Zudem zeichneten sich Konflikte mit dem EU-Recht ab, etwa bei der vom RN angestrebten "nationalen Bevorzugung", die bei der Vergabe von Aufträgen oder der Einstellung von Beschäftigten gelten soll.
Im Wahlprogramm stand bis vor Kurzem auch noch, dass die deutsch-französischen Rüstungsprojekte wie der Kampfjet und der Kampfpanzer aufgegeben werden sollten. Doch hier ist Bardella nun zurückgerudert. Internationale Verpflichtungen Frankreichs wolle er einhalten, versicherte er am Mittwoch.
AfD für RN zu rechts
An Beziehungen zu Deutschland - oder anderen EU-Partnern - zeigte sich der RN bislang nicht sonderlich interessiert. Der Fokus liegt allein auf der nationalen Politik. Selbst im Europawahlkampf spielten EU-Themen nur eine untergeordnete Rolle.
Mit der einstigen Schwesterpartei AfD in Deutschland ist der Bruch vollzogen, der RN hat ihr die Zusammenarbeit im EU-Parlament aufgekündigt, weil den französischen Rechtspopulisten die deutschen EU-Abgeordneten zu rechtsextrem sind. Und als AfD-Chefin Alice Weidel kürzlich eine Parallele zwischen der besetzten Krim-Halbinsel und dem französischen Übersee-Département Mayotte zog, verbat sich Le Pen entschieden jede Einmischung.
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