Analyse von Ulrich Reitz - Eine Ministerin knickt vor links-woken Professoren ein - die Botschaft ist fatal
Bettina Stark-Watzinger (FDP), Bundesministerin für Bildung und Forschung. Michael Kappeler/dpa
Der Rauswurf einer liberalen Staatssekretärin wird zur Posse. Der Fall der Ministerin Stark-Watzinger wirft ein bezeichnendes Licht auf die Freiheit der Wissenschaft in Deutschland. Einst machte sie Deutschland stark. Nun ist sie bedroht.
Es ist weit mehr als eine Uni-Posse. Es ist auch weit mehr als eine bloße Personalie, selbst wenn es sich um einen spektakulären Rauswurf innerhalb der Ampelregierung handelt.
Es geht darum, was man sagen darf, konkret über den Staat der Juden, darum auch, welche Meinungen der Staat nicht nur toleriert, sondern auch durch Zuwendungen belohnt. Es geht um die Freiheit der Wissenschaft, also um etwas, was Deutschland einmal groß gemacht hat.
Der Fall Stark-Watzingerin Kürze: Eine liberale Wissenschaftsministerin wirft ihre liberale Staatssekretärin, eine Philosophie-Professorin für Rationales Denken, heraus. Sabine Döring hatte prüfen wollen, ob man jenen ihrer Ex-Kollegen an den Universitäten die Forschungsgelder kürzen kann, die Partei ergriffen hatten für Pro-Palästinenser-Studenten. Die mit den altbekannten antisemitischen Parolen – „from the river to the sea“ etc. – um sich geworfen hatten.
Stark-Watzinger und Döring: Die politische Botschaft dieses Vorgangs ist fatal
Die politische Botschaft dieses Vorgangs ist fatal, gerade in diesen Zeiten. Sie lautet: Wer nur prüft, ob und wie man als Staat gegen Antisemitismus an Universitätenoder tolerierendes Verhalten seitens des Wissenschaftspersonals vorgehen kann, der riskiert seinen Rauswurf. Noch einmal: Es ging um eine Prüfung, nicht um eine Entscheidung. Es stand nie zur Debatte, Professoren, die offenkundig nicht nur israelkritische, sondern auch antisemitische Studenten in Schutz nahmen, staatliche Fördergelder zu streichen.
Man darf es als Politik, die über die ordnungsgemäße Verwendung von Steuergeld zu entscheiden hat, nicht einmal genau wissen wollen. Will man es wissen, riskiert man für das Fragen allein seine Politik-Karriere.
Was für eine Debatten-Asymmetrie: Es ist in Deutschland möglich, mit russischem Geld eine Stiftung zu gründen, deren Hauptabsicht offenkundig die Umgehung von Sanktionen gegen Russland ist, ohne seinen Job als Ministerpräsidentin eines Bundeslandes zu verlieren. Manuela Schwesig – SPD – ist immer noch im Amt.
Es ist auch möglich, als Umweltministerin Autofahrer mit zig Millionen Euro für Klima-Schein-Projekte zur CO2-Reduzierung abzuziehen, ohne herauszufliegen.
Eine drastische Täter-Opfer-Umkehr an deutschen Unis
Man sollte ergo diesen Rauswurf der Staatssekretärin Döring im Namen der Wissenschaftsfreiheit in den Kontext dessen setzen, was unter dem Ampel-Regiment als herauswerfenswürdig gilt und was eben nicht. Der Fall ist, dies gar nicht so nebenbei, eine vertane Chance, nämlich:
Sich mit der Wissenschaftlichkeit einer Disziplin auseinanderzusetzen, die das Nahostproblem in seiner ganzen Komplexität auf einen Faktor reduziert: angeblichen israelischen Völkermord an den Palästinensern zurückzuführen auf Kolonialismus. Was schon drastisch unwissenschaftlich ist:
Einen „Genozid“ kann man den Israelis nicht nachweisen, weil es ihn nicht gibt. Auch der Krieg in Gaza ist kein Genozid, es ist genau umgekehrt: Israel führt Krieg gegen die Hamas, eine Terror-Organisation, deren herausragendes Ziel der Völkermord ist, der an den Juden. So steht es seit Ende der 80er-Jahre schon unverändert in der Charta der Hamas, die veranstaltet, was der Iran will: die Vernichtung Israels.
Wogegen da an deutschen Unis demonstriert wird, ist eine drastische Täter-Opfer-Umkehr, bar von jeder politischen und auch historischen Kenntnis. „Palästina“ – in dieses Gebiet flohen nach 1948 Araber, die vor ihren Regierungen bei den Israelis Schutz vor Verfolgung suchten. Einen palästinensischen Staat hat es nie gegeben – und nie hat eine der palästinensischen Organisationen je eine „Zweistaatenlösung“ akzeptiert und damit das Existenzrecht Israels anerkannt.
Man muss sich fragen, was Studenten unter der Überschrift Postcolonial Studies so alles beigebracht wird
Die Dozenten, die einen Brief zugunsten der Pali-Studenten schrieben, haben kein antisemitisches Schreiben verfasst. Es steht auch nichts darin, was strafwürdig wäre. Es steht nur nicht darin, dass die Hamas mit dem Massaker am 7. Oktober begann, ihren Plan umzusetzen, das Volk der Juden auszulöschen. So wie es schon die Nazis versuchten.
Zuletzt wies die deutsche Literatur-Nobelpreisträgerin Herta Müller in einem aufwühlenden Essay auf die Parallelität von Hamas und Hitlers NS-Schergen hin – eine Parallelität der Ideologie wie eine Parallelität der grausamen und menschenverachtenden Tat.
Angesichts dessen kann man sich schon fragen, was Studenten an den Universitäten unter der Überschrift Postcolonial Studies so alles beigebracht wird. Oder wie es FOCUS-Kolumnist Jan Fleischhauer formuliert: „Die Wissenschaftsfreiheit wird immer ins Feld geführt, wenn man die Politisierung der Hochschulen verteidigen will“.
Eine Ministerin, eingeknickt vor einem „peuso-akademischen Mob“
Was Dozenten zugunsten der randalierenden Studenten veröffentlichten, war auch nicht ausschließlich ein Plädoyer für die Wissenschaftsfreiheit. „Wir fordern die Berliner Universitätsleitungen auf, von Polizeieinsätzen gegen ihre eigenen Studierenden ebenso wie von weiterer strafrechtlicher Verfolgung abzusehen.“ Was hier gefordert wurde, läuft auf die Schaffung eines rechtsfreien Raums für antisemitische Randalierer heraus.
Die Wissenschaftsministerin Stark-Watzinger, die wie der konservative Professor Arnd Diringer sagt, vor einem „peuso-akademischen Mob“ eingeknickt ist, sagt über das Geldausgeben für Universitäten dies: „Wissenschaftsförderung erfolgt nach wissenschaftlichen Kriterien, nicht nach politischer Weltanschauung“. Das ist mehr als naiv.
Dazu ein Beispiel: 2022 hat die Deutsche Forschungsgesellschaft (DFG) Forschungsorientierte Gleichstellungs- und Diversitätsstandards bekannt gegeben. Bei der Vergabe von Forschungsgeldern sei darauf zu achten, inwieweit die Unis diese Standards einhielten, nämlich: Gleichstellung und Diversität „durchgängig und sichtbar auf allen Ebenen“ zu verfolgen, also auch „bei der Personalauswahl und Entscheidungen über Ressourcen“. Identitätspolitik ist aber nichts anderes als eine Weltanschauung, allein darum ist Stark-Watzingers Hinweis ein idealistischer, nicht eingelöster Anspruch.
Der renommierte Berliner Migrationsforscher Ruud Koopmans, einem breiteren Publikum aus vielen Talkshows bekannt, wirft einen unerschrockenen Blick auf fragwürdige Praktiken bei der Vergabe von Fördergeldern. Fördergelder zu streichen wegen unliebsamer Meinungen wäre ein Verstoß gegen die Wissenschaftsfreiheit, sagt er. Darin ist sich die Wissens-Community auch einig. Aber, so der Uni-Insider weiter: „Fördergelder zu vergeben auf Grund von gefälligen Meinungen und persönlichen Kontakten, passiert häufig und ist ebenfalls ein Verstoß gegen die Wissenschaftsfreiheit“.
Es profitieren die Falschen - das ist der Skandal
Bislang wird in Deutschland eine Debatte über die sogenannten „Agendawissenschaften“ nicht geführt. Sie werden so genannt, weil hier Wissenschaft mit Aktivismus vermischt wird. Wer sich mit Gender-Studies oder Postcolonial Studies beschäftigt, hat den Vorteil, das Ergebnis in der Regel schon zu kennen: die Benachteiligung als strukturell eingestufter Opfer-Gruppen durch alte, weiße Männer. Dass dies altersdiskriminierend und gleichfalls „rassistisch“ ist, spielt dabei keine Rolle.
Vor ein paar Tagen hat sich Ahmad Mansour bei der Wissenschaftsministerin Stark-Watzinger noch so bedankt: „Das Wissenschaftsministerium hat erwägt, zu prüfen, ob Akademiker, die sich mit Antisemiten solidarisieren und/oder offen antisemitische Äußerungen getätigt haben, staatlicher Förderung würdig sind. Wo ist der Skandal.“
Nun ist die Ministerin eingeknickt, es profitieren die Falschen. Das ist der Skandal.