FDP-Generalsekretär will Bürgergeld für neue ukrainische Flüchtlinge stoppen
Brandenburgs Innenminister hatte vorgelegt – nun spricht sich auch Bijan Djir-Sarai dafür aus, neuen Geflüchteten aus der Ukraine das Bürgergeld zu verweigern. Der FDP-Politiker verwies auf den Arbeitskräftemangel.
FDP-Generalsekretär will Bürgergeld für neue ukrainische Flüchtlinge stoppen
FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai fordert geringere staatliche Leistungen für Ukrainer, die vor dem russischen Angriffskrieg nach Deutschland flüchten. »Neu ankommende Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine sollten künftig kein Bürgergeld mehr bekommen, sondern unter das Asylbewerberleistungsgesetz fallen«, sagte der FDP-Generalsekretär der »Bild«-Zeitung. Ähnliche Forderungen waren bereits wiederholt aus der Union gekommen, aber auch aus der FDP-Bundestagsfraktion.
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Zuletzt hatte Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) die Zahlung von Bürgergeld an ukrainische Flüchtlinge infrage gestellt und argumentiert, das Bürgergeld sei zum »Bremsschuh für die Arbeitsaufnahme« geworden.
Ähnlich äußerte sich nun Djir-Sarai: »Wir haben überall Arbeitskräftemangel – etwa in der Gastronomie, auf dem Bau oder in der Pflege. Wir sollten nicht länger mit dem Geld der Steuerzahler Arbeitslosigkeit finanzieren, sondern müssen dafür sorgen, dass die Menschen in Arbeit kommen.«
Der arbeitsmarktpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Martin Rosemann, hielt in der »Bild«-Zeitung dagegen: »Die Behauptung, das Bürgergeld verhindere die Arbeitsaufnahme von Ukrainern, ist falsch.« Erst durch das Bürgergeld und die Arbeit der Jobcenter hätten ukrainische Flüchtlinge Zugang zu arbeitsmarktpolitischer Unterstützung.
Tatsächlich geht bislang nur knapp ein Fünftel der ukrainischen Geflüchteten im erwerbsfähigen Alter in Deutschland einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach – in anderen europäischen Ländern ist die Quote teilweise deutlich höher.
Arbeitsmarktexperten bezweifeln allerdings einen Zusammenhang zwischen Bürgergeld und Arbeitsquote. Ihnen zufolge gebe es andere Gründe für die geringe Beschäftigungsquote ukrainischer Geflüchteter: Etwa 70 Prozent der arbeitslosen Ukrainerinnen und Ukrainer besuchten etwa noch Sprachkurse oder machten eine Ausbildung. Außerdem seien etwa 80 Prozent der Geflüchteten Frauen, da die meisten Männer wegen der Wehrpflicht in der Ukraine bleiben müssten. Sie kümmerten sich häufig um Kinder oder ältere Angehörige oder Bekannte. Hinzu käme bei vielen die psychische Belastung durch den Krieg.
Kriegsflüchtlinge aus dem von Russland angegriffenen Land können in Deutschland seit Juni 2022 Leistungen der Grundsicherung (damals noch Hartz IV, heute Bürgergeld) erhalten – anstelle der geringeren Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Darauf hatten sich damals Bund und Länder verständigt.
SPD-Minister will »Job-Turbo« zünden
Begründet wurde die Änderung unter anderem damit, dass Flüchtlinge aus der Ukraine direkt Anspruch auf einen Aufenthaltstitel haben und keine Entscheidung wie bei Asylbewerbern abwarten müssten. Geflüchtete Ukrainer dürfen hierzulande auch arbeiten. Anspruch auf Bürgergeld haben sie wie üblich nur, wenn sie über kein oder nur ein geringes Einkommen verfügen.
Im vergangenen Herbst hatte die Bundesregierung einen »Job-Turbo« angekündigt, um Geflüchteten mit Bleibeperspektive eine schnellere Vermittlung in Arbeit zu ermöglichen. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hatte angekündigt, etwa 400.000 Geflüchtete direkt aus ihren Sprachkursen in Jobs zu vermitteln, darunter rund 200.000 aus der Ukraine. Nach Zahlen von April wurden seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs etwa 160.000 geflüchtete Ukrainerinnen und Ukrainer in Arbeit gebracht.