KKR übernimmt Wacken
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KKR übernimmt Wacken
Metalfans beim Festival in Wacken im vergangenen Jahr.
Der US-Investor beteuert, am Metalfestival nichts ändern zu wollen
Mangelndes Interesse an Musik kann man Philipp Freise jedenfalls nicht vorwerfen: Der 50-Jährige zählt zu den Unterstützern der Bayreuther Festspiele, besucht gelegentlich Opern und eigentlich wollte er Orchestermusiker werden, wie er unlängst dem Manager Magazin erzählte. Es kam anders, Freise ist mittlerweile Europachef des US-Finanzinvestors Kohlberg Kravis Roberts & Co (KKR). Doch auch dort dürfte er künftig wieder mehr mit Musik zu tun haben: Zum von Freise gemanagten Portfolio gehört nun unter anderem das Wacken-Festival im gleichnamigen Ort in Schleswig-Holstein.
Hintergrund ist ein Deal, der am Wochenende bekannt wurde: KKR übernimmt von der Beteiligungsgesellschaft Providence Capital deren Anteile an Superstruct Entertainment. Der Festival-Ausrichter mit Sitz im Vereinigten Königreich wurde 2017 unter anderem von früheren Musikmanagern gegründet. Ob harter Techno beim Defqon 1 in den Niederlanden, Rockmusik beim Sziget in Ungarn oder eben Metal in Wacken: Zu Superstruct gehören mittlerweile etwa 80 meist europäische Musikfestivals, darunter einige der ganz Großen.
Zum Kaufpreis schweigen die Beteiligten, laut „Financial Times“ lässt sich KKR die Übernahme 1,3 Milliarden Euro kosten. Es ist kein ganz kleiner Deal für KKR, der Investor verwaltet jüngsten Angaben zufolge insgesamt knapp 30 Milliarden Euro in Europa, Tendenz steigend. Die Amerikaner sind unter anderem am Springer-Verlag, am Rüstungskonzern Hensoldt und an der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) beteiligt. International gilt KKR zudem als Investor, der auch vor fossilen Geschäftsmodellen nicht zurückschreckt, wie Klimaschutzorganisationen schon mehrfach kritisierten.
Und doch ist der Einstieg ins Festivalgeschäft aus Sicht von Freise nur folgerichtig. Nicht wegen seiner Begeisterung für Musik, sondern weil es sich um einen Wachstumsmarkt handelt: Der pandemiebedingte Einbruch liegt hinter der Branche, die Nachfrage wachse und werde voraussichtlich weiter wachsen, zeigte sich KKR im Statement zur Übernahme überzeugt. Gar eine Verlagerung des Konsumverhaltens weg vom Kauf von Konsumgütern hin zu – freilich kostenpflichtigen - Erlebnissen will der Finanzinvestor identifiziert haben.
Auf den Trend setzt man in Wacken schon länger: Das 1997 gestartete Metalfestival ist eines der größten seiner Art, dem kultigen Treff der meist langhaarigen Metaller sind seitdem mehrere Dokus gewidmet worden. Die Gründer, Thomas Jensen und Holger Hübner, sind aber auch findige Geschäftsleute, denen eine starke Marke gehört: Das Wacken-Erlebnis beschränkt sich längst nicht mehr auf Norddeutschland, stattdessen bietet Hübners und Jensens Firma unter anderem Kreuzfahrten für Metal-Fans und weltweit stattfindende Wettbewerbe für Metalbands an.
Wie sich der Einstieg von KKR auf das Wacken-Festival auswirkt, lässt sich indes kaum beantworten. Nach Angaben des Österreichischen Kartellamts hatte Superstruct einst 55 Prozent von Hübners und Jensens Gesellschaft übernommen, KKR könnte künftig also die Mehrheit im Unternehmen haben. Fragen dazu beantworteten Jensen und Hübner am Dienstag nicht. Die Übernahme habe aktuell keine Folgen für das bevorstehende Festival, teilten die Wacken-Macher am Montag lediglich mit.
Zumindest gelobte KKR, die „kreative und kulturelle DNA“ von Superstruct wahren zu wollen. Nach RND-Informationen sind keine höheren Preise für die - oft ohnehin schon weit mehr als 300 Euro teuren - Festivals angedacht. Stattdessen soll Superstruct ausdrücklich wachsen, was auf weitere Übernahmen in der bislang eher fragmentierten Festivallandschaft in Deutschland und Europa hindeutet. Anlässlich des Kaufs von Superstruct betonte KKR-Europachef Freise zudem mögliche Synergien mit anderen Beteiligungen, etwa mit der auf Musik spezialisierten Bertelsmanntochter BMG und Pro Sieben-Sat1.
Ob all das reicht, um den Kaufpreis wieder reinzuspielen, muss sich noch zeigen. Superstruct erwirtschaftete der Nachrichtenagentur Reuters zufolge zuletzt immerhin einen operativen Gewinn in Höhe von 100 Millionen Pfund (Ebitda). Gut vorstellbar ist, dass KKR Superstruct nun weiterentwickelt, womöglich mit weiteren Akquisitionen – auf dass das Unternehmen irgendwann entweder in Gänze oder in Einzelteile zerlegt mit Gewinn verkauft werden kann. Auch Wacken käme dann wohl erneut unter den Hammer. Schlussendlich ist aus Freise eben kein Musiker, sondern ein Finanzmanager geworden.