Fußball-EM 2024: Frankreichs Marcus Thuram stellt sich gegen »Rassemblement National«
Politische Statements von Fußballern: Deutsche Spieler haben damit in der Vergangenheit schon schlechte Erfahrungen gemacht. Im Nationalteam Frankreichs, wo in zwei Wochen gewählt wird, beziehen nun zwei Stellung gegen Rechts.
Fußball-EM 2024: Frankreichs Marcus Thuram stellt sich gegen »Rassemblement National«
Der Wahlsieg des rechtspopulistischen Rassemblement National (RN) in Frankreich bei der Europawahl treibt vor dem EM-Auftakt auch die Nationalspieler um. »Wir müssen dafür kämpfen, dass der RN nicht durchkommt«, sagte Stürmer Marcus Thuram am Samstag auf der Pressekonferenz des Mitfavoriten in Paderborn.
Thuram ist der erste Nationalspieler, der explizit Position gegen den Rassemblement National bezog. »Ich denke, die Lage ist sehr traurig, sehr ernst«, sagte er, »wir müssen allen sagen, dass sie wählen gehen und jeden Tag dafür kämpfen müssen, dass der RN nicht durchkommt.« Die Mannschaft habe nach einem Testspiel gegen Kanada von den Wahlergebnissen erfahren und »ein wenig geschockt« reagiert, sagte Thuram.
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Die Rechtspopulisten um Marine Le Pen sind in Frankreich im Aufwind. Nach ihrem klaren Sieg bei der Europawahl hatte Präsident Emmanuel Macron die Nationalversammlung überraschend aufgelöst und vorgezogene Neuwahlen angekündigt. Die Parlamentswahl soll am 30. Juni und 7. Juli stattfinden.
»Die Alarmglocken schrillen«
Tags zuvor hatte bereits Ousmane Dembélé seine Landsleute zum Gang an die Wahlurne aufgerufen. »Wir müssen die Leute dazu bewegen, zur Wahl zu gehen«, sagte der frühere Dortmunder. »Ich denke, dass in Bezug auf die Situation in Frankreich die Alarmglocken schrillen.«
Die EM beginnt für Thuram und Co. am Montag (21.00 Uhr, TV: ARD und MagentaTV, Liveticker: SPIEGEL.de) gegen Österreich in Düsseldorf. Thuram spielte vier Jahre bei Borussia Mönchengladbach und steht seit 2023 bei Inter Mailand unter Vertrag.
Sein Vater Lilian Thuram lief einst selbst 142 Mal für die französische Nationalmannschaft auf. Nach seinem Karriereende widmete sich der ehemalige Mittelfeldspieler und Weltmeister von 1998 der antirassistischen Bildungsarbeit. Vor rund zwei veröffentlichte er ein Buch mit dem Titel »Das weiße Denken«, in dem er Rassismus thematisiert.
Auch deutsches Team debattierte
Im Vorfeld der EM sorgte eine WDR-Umfrage für die Doku »Einigkeit und Recht und Vielfalt« für Aufregung beim deutschen Team. Eines der Ergebnisse: 21 Prozent der Deutschen finden, es sollten wieder mehr weiße Spieler für die Nationalmannschaft auflaufen. Nationalspieler Joshua Kimmich übte heftige Kritik, sowohl an den Ergebnissen als auch an der Umfrage an sich. (Lesen Sie hier, was der Autor der Doku zur Kritik sagt).
Bundestrainer Julian Nagelsmann sagte: »Ich hoffe, nie wieder von so einer Scheißumfrage zu lesen«.
Auch der immer wieder rassistisch angefeindete Kapitän İlkay Gündoğan bezog im Gespräch mit dem SPIEGEL Stellung. Im Interview sagte er: »Wir sehen vielleicht anders aus, aber wir sind auch deutsch.«
Der DFB machte aber auch negative Erfahrungen mit politischen Statements. Bei der WM 2022 in Katar setzte die deutsche Nationalmannschaft vor dem Auftaktspiel gegen Japan eine Botschaft, die Spieler hielten sich die Münder zu. Die Geste war ein Protest in Richtung Fifa, die Kapitän Manuel Neuer verboten hatte, mit der »One-Love«-Kapitänsbinde, die für Vielfalt und Toleranz steht, aufzulaufen. Der heutige DFB-Sportdirektor Rudi Völler übte später Kritik an der Geste. Bei der EM verzichtet das Team bislang auf politische Botschaften.