Gericht kippt Demo-Verbot – Islamisten gehen in Hannover auf die Straße
Am Samstag sind rund 1000 Personen dem Aufruf einer islamistischen Gruppe zu einer Demonstration in Hannover gefolgt. Die Sicherheitsbehörden hatten die Kundgebung im Vorfeld verboten, doch die Islamisten, die den Westen ablehnen, wehrten sich vor Gericht – mit Erfolg.
Die Teilnehmer der Demonstration am Samstag in Hannover dpa/Moritz Frankenberg
Wieder eine islamistische Demonstration in Deutschland: Mehr als 1000 Menschen sind am Samstag in Hannover auf die Straße gegangen. Offiziell lautete das Motto der Kundgebung „Leiden der Palästinenser. Aktuelle Lage in Gaza (Rafah)“, tatsächlich verbreiteten die Teilnehmer antiisraelische, antiwestliche und islamistische Parolen.
Mit Slogans wie „Stoppt den Genozid“ wurde Israel ein Völkermord an den Palästinensern vorgeworfen. Dass die Hamas und der Iran, Schutzmacht radikaler Islamisten, Israel und Juden auslöschen wollen, blieb unerwähnt.
Angemeldet wurde die Kundgebung von einer Privatperson. Zur Demonstration aufgerufen hatte aber die islamistische Gruppe „Generation Islam“. Sie gehört wie „Muslim Interaktiv“, die zur Kalifats-Demonstration in Hamburg mobilisiert hatte, zum Umfeld der islamistischen Hizb ut-Tahrir-Bewegung, die seit 2003 mit einem Betätigungsverbot belegt ist.
Polizei untersagte Begriff „Kalifat“
Laut Medienberichten hatte die Polizei in Hannover den Demonstranten die Verwendung des Begriffs „Kalifat“ untersagt. Die Teilnehmer machten aber dennoch klar, was ihr Ziel ist: eine Vereinigung aller Muslime und eine Bekehrung der „Ungläubigen“.
Auf einer Bühne prangte ein Banner mit dem Schriftzug „Zeitenwende im Nahen Osten“, andere Teilnehmer hielten Plakate mit „Nieder mit der kolonialen Ordnung“ und „Nie wieder Nationalismus“ hoch – ganz im Sinne der Hizb ut-Tahrir, die Nationalstaaten und Demokratie ablehnt und von einem muslimischen Kalifat träumt.
Den Begriff „Kalifat“ durften die Teilnehmer nicht verwenden. Sie machten daher gegen Nationalstaaten Stimmung – auch gegen mehrheitlich muslimische Länder wie Ägypten dpa/Moritz Frankenberg
„Generation Islam“ veröffentlichte auf Instagram Videos von der Veranstaltung. Zu sehen auch ein Mann mit muslimischer Kopfbedeckung, der fordert: „Haltet euch an meine Sunnah und an die der rechtgeleiteten Kalifen.“ Ein anderer bat muslimische Länder um Beistand – die hervorgehobenen Staaten auf seiner Weltkarte umfassten neben Indien (mehrheitlich hinduistisch) auch Spanien, das von 711 bis 1492 unter muslimischer Herrschaft stand.
Polizisten am Rande der Demonstration am Steintorplatz dpa/Moritz Frankenberg
Mehrere Teilnehmer schwenkten Fahnen mit der Schahada, dem muslimischen Glaubensbekenntnis, bei der Kundgebung. Auch damit glich das Auftreten vieler dem jener Demonstration im April in Hamburg, bei der die Errichtung eines Kalifats gefordert worden war.
Der Staatsschutz hatte im Vorfeld befürchtet, dass es auf der Demonstration zu Straftaten und Verstößen gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung kommen könnte. Es sei „mit hoher Wahrscheinlichkeit mit einem unfriedlichen Verlauf der Versammlung“ zu rechnen, hieß es in der Begründung für die Absage.
Doch die Islamisten wehrten sich gegen das Verbot vor Gericht – und erhielten Recht. Das Verwaltungsgericht Hannover hob das Verbot am Samstag kurzfristig auf. Kurz vor Veranstaltungsende sprach ein Polizeisprecher davon, dass „bislang“ alles friedlich verlaufen sei.
Die Gruppe „Omas gegen Rechts“ rief zu einer Gegendemonstration auf. „Wir wollen an diesem Ort die Präsenz demokratischer Zivilgesellschaft sichtbar und radikal-islamistische Proteste unmöglich machen“, hieß es.