Unwetter im Maggiatal: Tessiner Berge sind seit Jahrhunderten eine Gefahrenzone

unwetter im maggiatal: tessiner berge sind seit jahrhunderten eine gefahrenzone

Blick auf die Maggia: Nach den starken Regenfällen und Stürmen ist der Fluss teilweise über die Ufer getreten. Pablo Gianiazzi / Ti-Press / Keystone

Wetterstationen und Behörden hatten eine Warnung herausgegeben, etliche Stunden bevor sich am Samstagabend die Gewitter über dem Maggiatal und der Leventina entluden. Doch für mindestens drei Personen war die Warnung vergebens: Rettungskräfte der Rega fanden am Sonntag in einem Seitental des Maggiatals, dem Bavonatal, die Leichen zweier Deutschschweizer Touristinnen. Später bargen sie eine dritte Tote. Die Frauen wurden wohl von einem Erdrutsch erfasst. Und noch immer wird im Val Lavizzara, einem der beiden Täler, die sich schliesslich zum Maggiatal vereinen, nach einer vermissten Person gesucht.

Zudem schwoll der Fluss Maggia innert weniger Stunden massiv an: Statt der üblichen 25 Kubikmeter Wasser führte er 2000 Kubikmeter und zerstörte in der Gemeinde Cevio die für den Ort wichtige Visletto-Brücke.

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Die Visletto-Strassenbrücke wurde vom Wasser zerstört. Michael Buholzer / Keystone

Mit den Unwettern vom Samstagabend setzen sich die wetterbedingten Unglücksfälle in den Schweizer Südalpen fort. Wie im Misox, wo vor wenigen Tagen drei Personen ums Leben kamen, sorgte im Bavonatal ein Erdrutsch für ein Unglück. Überraschend ist daran der kurze zeitliche Abstand: Wie das Misox ist das Maggiatal bei den Einheimischen eine bekannte Gefahrenzone.

Nicht der erste Erdrutsch im Bavonatal

Wenn im Maggiatal innert kürzester Zeit sehr viel Regen niedergeht, schwellen die zahlreichen Bäche und Flüsse gefährlich schnell an, und die steilen Hänge werden rutschig. Zudem ist die Gefahr von starken Gewittern auf der Alpensüdseite besonders gross. Mehrere Monate hat es im Tessin immer wieder intensiv geregnet. Es fallen enorme Wassermassen, nachdem praktisch ein Jahr lang zu wenig Regen den Grundwasserspiegel stark hat absinken lassen.

Die Böden sind inzwischen übersättigt. Sie können das zusätzliche Wasser immer schlechter aufnehmen. Ausserdem schwindet aufgrund der Klimaerwärmung der Permafrost in den höheren Berglagen, so dass noch mehr Wasser die Hänge belastet. Die Hänge geraten ins Rutschen, wie nun im Bavonatal und vor einer Woche im Misox geschehen.

Ein Kenner der Region sagt, es habe im Bavonatal schon einmal einen Erdrutsch gegeben. Der Mann will anonym bleiben. Im August 1992 habe ein Murgang bei Faedo eine Frau und ihren Sohn in den Tod gerissen und den Weiler selber in zwei Hälften geteilt, sagt er. Später habe man mit dem Material des Erdrutsches einen Schutzhügel errichtet, um weitere Unglücksfälle zu vermeiden. Und, sagt er: Nach einem Gewitter im Jahr 1987 sei der Fluss Bavona über die Ufer getreten und habe die einzige Strasse durchs Seitental stark beschädigt. Zudem habe sich ein Murgang ereignet, der zum Glück keine Leben gefordert habe.

«Im Volksmund heisst es, man solle das Bavonatal verlassen, wenn es stark regnet», sagt der Mann.

Bei den Rettungskräften, der Polizei und dem Zivilschutz heisst es, Erdrutsche seien fast nie vorhersehbar. Die Flutwellen in der Maggia, die aufgrund heftiger Gewitter entstehen können, sind berechenbarer: Plötzliche intensive Regenfälle überfüllen die verschiedenen Stauseen in den Bergen des Maggiatals. Um einen Dammbruch zu vermeiden, müssen die Betreiber kurzfristig Wasser in die Bäche ablassen, die in die Maggia führen.

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Auch Super-Puma-Helikopter der Schweizer Armee sind im Tessin im Einsatz. Samuel Golay / Keystone

Der plötzliche Ablass von Wasser kann Flutwellen auslösen, die in der Vergangenheit schon einige Todesopfer forderten. Es traf meist badende Touristen, die vom Wasser überrascht wurden. Unter ihnen war auch eine Familie aus dem Norden, die im Tessin in den Ferien war.

Dreihundert Todesopfer in zweihundert Jahren

Der Kanton Tessin schreibt auf seiner Website, dass das Tessin von allen Naturgefahren betroffen sei, die in den Alpen vorkommen könnten. In den letzten zweihundert Jahren seien im Tessin fast 300 Personen in Folge von Unwettern gestorben. Zudem habe es Sachschäden von insgesamt 1,8 Milliarden Franken gegeben. In den letzten dreissig Jahren hat der Kanton laut eigenen Angaben mehr als 600 Millionen Franken in Schutzvorrichtungen investiert.

Die Naturkatastrophen der letzten 130 Jahre haben im Kanton Tessin Spuren hinterlassen.

Eine Schlammlawine machte 1898 den oberen Teil des Leventina-Dorfes Airolo dem Erdboden gleich und riss drei Menschen in den Tod. Bis heute bekannt ist der Erdrutsch von Biasca im Jahr 1513, der zur Aufstauung eines Sees führte. Zwei Jahre später entleerte sich der See plötzlich, zerstörte Biasca und richtete in Bellinzona sowie in der Magadinoebene riesige Schäden an. Mehrere Bewohner verloren ihr Leben.

Die Stadt Locarno erlebte im August 1978 schwerwiegende Überschwemmungen. Die Maggia trat nach extrem heftigen Regenfällen über die Ufer, überschwemmte Quartiere, richtete schwere Sachschäden an und forderte sieben Todesopfer. In der Ortschaft Campo Vallemaggia gab es 1950 einen massiven Erdrutsch. Ein Teil des Maggiatal-Dorfes Someo wurde 1924 durch einen Erdrutsch zerstört, zehn Menschen kamen dabei ums Leben.

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