Hessen stellt die Waldwirtschaft um
Umwelt
Hessen stellt die Waldwirtschaft um
Der Staatsforst kommt jetzt ohne FSC-Zertifikat aus.
Die strengen Regeln der FSC-Zertifizierung gelten nicht mehr. Die Grüne warnen vor einem „Kahlschlag“.
In Hessens Staatswäldern wird es in absehbarer Zeit keine externe Überprüfung der Umwelt-standards geben. Wie der Landesbetrieb Hessenforst mitteilt, ist die Zertifizierung nach dem Standard des Forest Stewardship Council Deutschland (FSC) bis zum März 2028 ausgesetzt. Die Zeit werde zur Evaluierung genutzt. Vorausgegangen war ein entsprechender Beschluss der Mehrheit des Landtags gegen die Grünen und den Widerstand der Umweltverbände. Die Umsetzung folgte binnen weniger Wochen. Das Moratorium soll „flexibleres Handeln bei der Klimaanpassung des Staatswaldes“ ermöglichen“, heißt es in der Verlautbarung des Landesbetriebs.
„Mehr Chemie, schwere Maschinen“
Die Grünen warnten am Freitag vor einem „Kahlschlag bei Naturschutzstandards“. Die Landesregierung habe es auffällig eilig damit, ihren „riskanten Kurs“ umzusetzen, sagte Hans-Jürgen Müller, Forstexperte der Fraktion. „Ab sofort müssen die Hessinnen und Hessen in ihrem Wald mit mehr Chemie, Holzeinschlag und schweren Maschinen sowie weniger heimischen Artenvielfalt rechnen“, lautet die Prognose des Grünen-Politikers.
Imageschaden
Zugleich füge die Regierung dem Hessenforst einen hohen Imageschaden zu. Der Betrieb werde zum unzuverlässigen Geschäftspartner, der plötzlich nicht mehr das vereinbarte zertifizierte Holz liefern kann. „CDU und SPD verlieren durch dieses Hauruckverfahren weiter an Glaubwürdigkeit.“ Im Wahlprogramm der SPD ist zu lesen, FSC müsse der Mindeststandard sein. Nach Aussagen von Landesbetriebsleiter Michael Gerst ist die Aufregung unberechtigt. „Bei der verantwortungsvollen, nachhaltigen und naturnahen Waldbewirtschaftung werden keine Abstriche gemacht.“ Es sei sogar das Gegenteil der Fall. „Der Betrieb legt weiterhin Wert auf hohe ökologische Standards bei der Waldbewirtschaftung und beim integrierten Waldnaturschutz.“
Die Zertifizierung nach dem Standard des Programme for the Endorsement of Forest Certification (PEFC) bleibe bestehen. Die reiche aus. Es habe sich gezeigt, dass die FSC-Zertifizierung darüber hinaus keine positiven Effekte auf die Holzvermarktung habe. Nach Angaben der Umweltverbände war Hessens FSC-Zeit zu kurz, um die Folgen beurteilen zu können. Auch gibt es nun keine externen Prüfungen mehr. Denn bei PEFC kontrollieren sich die Betriebe zur Zertifizierung selbst.
Hoher bürokratischer Aufwand
Dafür bleibt nach Aussagen Gersts nun mehr Zeit, sich um den klimageschädigten Forst zu kümmern. Der „starre Waldstandard und der hohe bürokratische Aufwand“ unter FSC hätten viel Ressourcen gebunden. Die würden nun sinnvoller eingesetzt. „Unsere wichtigste Aufgabe ist es, die uns anvertrauten Wälder auf den Klimawandel vorzubereiten.“ Zugleich betont er, dass Hessenforst weiterhin auf transparente Kommunikation und Zusammenarbeit mit Umweltverbänden und Interessengruppen setze. Nichtsdestotrotz sei der Parlamentsbeschluss richtig und zu befürworten: „In der Landesbetriebsleitung von Hessenforst ist man fest davon überzeugt, dass das Moratorium und das Ruhen der FSC-Zertifizierung wichtige Schritte sind, um die langfristige Gesundheit und durch eine multifunktionale Bewirtschaftung gleichzeitig den ökologischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Ansprüchen an den Wald gerecht zu werden.“